Das Vermaechtnis
bitte gib ihr auch Wasser und Tee. Sie hat lange nichts gegessen und getrunken. Dann möchte ich mit dir kurz über das bevorstehende Akitu - Fest sprechen. Wir haben soeben die schönsten Musikinstrumente bekommen, die du dir vorstellen kannst, nun fehlt nur noch gutes Essen, das für alle reicht.“
„Komm, Ro-Sur-Ana , setze dich hier zu mir. Hier kannst du in Ruhe zu Kräften kommen. Ich habe einen Teller mit nahrhaftem Gerstenbrei und Ziegenkäse für dich. Und hier frischen Minztee. Wenn du magst, kannst du Honig über den Brei geben. Gleich nach Einbruch der Nacht essen wir wieder alle zusammen. Wenn du dann noch Hunger hast, darfst du heute ein zweites Mal essen.“
Mit vollem Mund nickt Ro-Sur-Ana nur, ihre Augen glänzen.
„Wir beide können uns so lange auf die Holzbank hier setzen; ich muss die Brote im Blick behalten.“
Sie setzen sich.
„In einem Monat ist es wieder soweit. Ich bitte dich, Hanash-Kera, größte Köchin im Tempel, für die entsprechende Anzahl an Opfertieren, Stieren und Fischen zu sorgen, die nach der Opferung zum Verzehr freigegeben werden. Sprich bitte mit unseren Fischern, dass zu den Fischen auch eine stattliche Anzahl Krebse, Mollusken und Schildkröten benötigt werden. Mit unseren Schafhirten am Stadtrand sprich, dass sie ausreichend Schafe und Lämmer liefern. Ich glaube, die meisten ziehen auch bald zur Sommerzeit in die Berge. Ich hoffe, auch die Jagd wird erfolgreich, damit wir Hirsch und Gazelle ebenfalls anbieten können.
Und erinnere noch einmal die Bauern. Wir benötigen große Mengen Bohnen, Erbsen, Linsen, Kichererbsen, Graupen für die Suppen, dann Zwiebeln und Knoblauch zum Würzen.
Getreide wie Einkorn, Eimer und Gerste für Brot haben wir in unseren Vorratslagern noch genug. Die nächste Ernte steht schon bald wieder bevor. Die zweimalige Ernte im Jahr ist segensreich für unsere Bevölkerung. Alle können mit ihrer Arbeit mehr als genug entlohnt werden. Auch genug Wolle für ihre Kleidung haben wir dieses Jahr.
Denke auch an ausreichend Obst – Trauben und saftige Feigen, Datteln und auch Birnen. Es ist schön, dass diese Frucht so gut in unserem bewässerten Garten gedeiht. Und Granatäpfel brauchen wir, besonders zur Opferung.
Im Lagerhaus für die Getränke habe ich schon einen ausreichenden Vorrat an Amphoren mit Most, Wein und Bier gezählt. Frische Eier und Käse werden wir bis zum Fest auch genügend auf Vorrat haben.
Gänse, Hühner und Enten liebt das Volk, sie sollen sie reichlich bei uns vorfinden. Alles wird wie immer bereits bereitstehen, wenn die Prozession mit den Opfertieren und den Amphoren mit Gerstenbier als Trankopfer eintrifft. Vier große Feuerstellen werden wir auf dem Tempelvorplatz errichten, damit das Fleisch gebraten werden kann. Es wird ein schönes Fest! Nach all dem, was in der letzten Zeit hier geschehen ist, ist es mit dem Beginn des neuen Jahres, mit dem Akitu-Fest, für alle und auch für uns ein Neuanfang!“
„Sei gewiss, edle Encheduanna-Kyr , wir werden es mit allen Helfern wie immer gut organisieren und nach der Heiligen Hochzeit wird die Göttin der Fruchtbarkeit ihren Segen für ein neues Jahr mit guter Ernte bringen. Ich kümmere mich und gebe alles weiter, was du mir aufgetragen hast.“
„Ich danke dir, Hanash-Kera größte Köchin im Tempel, was würde ich ohne dich tun! Du hast so eine wunderbare innere Ruhe trotz der vielen Aufgaben und Verantwortung, die auf dir lasten. Ich danke dir.“ Encheduanna-Kyr schaut zu Ro-Sur-Ana , die sie mit einem zufriedenen Lächeln ansieht und das Gespräch der beiden Frauen beobachtet. Dabei bemerkt Encheduanna-Kyr eine Schnittwunde an ihrem Arm.
„Es sieht aus wie ein Kratzer einer kleinen wilden Katzenpfote… Eine Priesterin wird dir die Wunde gleich mit ausgekochtem Thymian reinigen, dass sie sich nicht entzünden kann.“
Encheduanna-Kyr gibt einer Priesterin, die gerade vorbeikommt, den Auftrag, sich um Ro-Sur-Ana zu kümmern und ihr nach der Wundversorgung die Schlafräume zu zeigen. Sie nimmt das junge Mädchen mit und beide verschwinden hinter der nächsten Ecke des Säulengangs.
Encheduanna-Kyr schaut ihr nach und meint: „Sie ist eine geborene Entu - Priesterin , jedoch nicht als Tochter eines Herrschers geboren, sodass sie dieses Amt nie tragen werden kann. Das ist sehr schade. Hoffentlich findet sie eine Aufgabe, die sie voll und ganz erfüllt. Ich werde tun, was ich kann. Sie soll bei Zeiten die Priester begleiten, die jeweils für die
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