Das Vermaechtnis
Bewässerungsanlagen und für die Stadtplanung zuständig sind. Das könnte ihr gefallen. In diese Bereiche könnte sie gut hineinwachsen. Auch wenn sie ein Mädchen ist, denke ich doch, dass sie gut mit den Priestern zusammenarbeiten kann.
Ein Glück, ich muss gerade daran denken, dass sie die geheime Kammer mit unseren heiligen Tontafeln nicht gefunden haben. Allein die vielen Aufzeichnungen über die verschiedenen Rezepturen, die der Heilung dienen mit all dem Wissen über die Kräuter… Das lässt sich nur schwer ersetzen. Geschirr, Töpfe und Kleidung sind kein Problem. Der Schmutz überall ist kein Problem und bald wird man nichts mehr von dem Zwischenfall sehen, liebe Hanash-Kera.
Nun will ich aber Sa-La-Na holen, den Geschichtenerzähler; er wartet im Garten auf mich. Heute werde ich mit ihm das Essen zu mir nehmen, denn er ist ein alter Bekannter. Wir haben uns noch viel zu erzählen.“
„Das mach ich gern für dich, ich bereite euch zwei Teller drei Räume weiter vor, ihr könnt gleich dorthin kommen.“
In der Zeit ihres Gesprächs hatte sie viele Fladenbrote gebacken, die sie nun in einem Regal in der Küche übereinander stapelt.
Hanash-Kera ist eine sehr kräftige Frau mit schwarzen, glatten, sehr langen Haaren, die sie stets zu Zöpfen geflochten hat, dazu eine auffallend weiße Haut. Sie ist eine temperamentvolle Frau mit äußerst flinken Händen. In der Küche ist sie in ihrem Element, sie möchte nirgendwo anders sein. Gerade hier im Tempel hat sie meist eine große Auswahl an Essensvorräten und kann alle aufs Beste versorgen und verwöhnen.
Verwöhnen tut sie am meisten Encheduanna-Kyr . Sie sorgt sich sehr um die Entu-Priesterin – tut alles, was sie als Köchin Gutes für sie tun kann. Noch mehr als zuvor, seit sie damals die Schändung mit hatte ansehen müssen, nachdem sie selbst geschändet wurde, sie halbtot dalag und nicht imstande war, etwas für die heilige Frau tun zu können. Nie würde sie das vergessen!
Encheduanna-Kyr im Gegenzug lädt sie immer wieder zu Heilbehandlungen ein oder setzt sich einfach zu ihr in die Küche mit ihrer kleinen Harfe… So verarbeiten die beiden Frauen ihr gemeinsames Leid, ohne darüber zu reden sind sie einfach füreinander da. Auch früher schon fühlten die beiden eine tiefe Freundschaft. Diese Verbundenheit ist nun noch stärker.
Manches Mal muss Encheduanna-Kyr Hanash-Kera daran erinnern, sich auch einmal um sich selbst zu kümmern, da sie sich selbst oft zu vergessen scheint vor lauter Essensplanungen und Verwöhngedanken. Doch das wehrt sie stets mit einem Lächeln ab und beteuert, wie glücklich sie mit ihrer Aufgabe sei.
Encheduanna-Kyr geht in den Garten und zusammen mit Sa-La-Na geht sie in den vorbereiteten Raum. Dort essen die beiden unerfüllt Liebenden in aller Ruhe. Sa-La-Na erzählt ihr von all seinen Erlebnissen seines Lebens als Geschichtenerzähler.
Bevor er damals aus der Stadt gegangen war, vor etwa neun Jahren, war er im Dienst von Encheduanna-Kyrs Vater und lenkte dort die Regierungsgeschäfte in Akkad, während Rosuran-Sargon auf dem Schlachtfeld war. Sie lernten sich damals auf einem Akitu-Fest kennen, denn er vertrat ihren Vater, der als König die Rolle des Dumuzi bei der rituellen Heiligen Hochzeit wie schon seit Jahren übernahm. Ihr Vater war dankbar, dass er in Sa-La-Na einen vertrauenswürdigen Vertreter gefunden hatte, denn Rosuran-Sargon hielt nicht viel von den Festen. Ihm fehlte jegliche Geduld für derartig langwierige Prozeduren. Es zog ihn stets nach draußen. Beim zweiten Fest war es geschehen, sie verliebten sich, was sie nicht durften, was unter Todesstrafe verboten war. Sie ließen es sich nach außen nicht anmerken. Niemand wusste davon. Beide litten unter dieser aussichtslosen Situation. Als Encheduanna-Kyr ihm sagte, dass sie ein Kind in sich trug, mussten sie sich trennen. Ein weiteres Zusammensein wäre für beide unerträglich gewesen. Irgendwann hätte irgendjemand es mitbekommen. Das wäre ihrer aller Tod gewesen.
Also ging er, er ging aus dem Dienst des Königs, er ging auf die Straße, ging weg. So wurde er zum Geschichtenerzähler. Er hatte immer Kinder um sich und machte sie glücklich mit seinen Erzählungen. Da er sein Kind und seine geliebte Priesterin niemals haben durfte, wollte er auch keine andere Frau neben sich. So sollte es für ihn sein. Er hielt sich fern von Ur, sehr fern.
Als er aber von Encheduanna-Kyrs Exil hörte, machte er sich sofort auf die lange Reise nach Ur , um
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