Das Vermaechtnis der Drachenreiter
Scheide an seinem Gürtel. Er kletterte auf Saphiras Rücken und flog mit ihr aus Tronjheim hinaus. Es war jetzt hell genug in Farthen Dûr, um die Kraterwände - in jeder Richtung fünf Meilen entfernt - zu erkennen. Während sie zum Eingang des Stadtbergs hinabkreisten, erzählte Eragon Saphira von seinem Besuch bei Angela.
Sobald sie vor den Toren von Tronjheim gelandet waren, kam Orik herbeigerannt. »Mein König, Hrothgar, wünscht, euch beide zu sehen. Steig schnell ab. Wir müssen uns beeilen.«
Eragon eilte dem Zwerg hinterher. Saphira hielt mühelos mit ihnen Schritt. Die neugierigen Blicke der Leute im Innern des Stadtbergs ignorierend, fragte Eragon: »Wo treffen wir Hrothgar?«
Ohne anzuhalten, antwortete Orik: »Im Thronsaal unter der Stadt. Es ist eine Privataudienz, zum Zeichen des Otho - des Vertrauens. Du brauchst keine besondere Anrede zu benutzen, aber sprich respektvoll mit ihm. Hrothgar wird schnell wütend, aber er ist weise und hat eine gute Menschenkenntnis, also denk nach, bevor du etwas sagst.«
Als sie die mittlere Kammer erreicht hatten, steuerte Orik die gegenüberliegende Halle mit den beiden abwärts führenden Treppen zwischen den Marmorsäulen an. Sie nahmen die rechte Treppe, die eine sanfte Kurve nach innen beschrieb, bis sie in die Richtung wies, aus der sie gekommen waren. Die andere Treppe vereinte sich mit der ihren zu einer Kaskade schwach beleuchteter Stufen, die nach hundert Schritten an zwei Türflügeln aus Granit endeten. Eine siebenzackige Krone war in die Türen eingemeißelt.
Sieben Zwerge hielten auf jeder Seite des Portals Wache. Sie waren mit schweren Queräxten bewaffnet und trugen juwelenbesetzte Gürtel. Als Orik, Eragon und Saphira näher kamen, schlug einer der Zwerge mit dem Griff seiner Axt gegen die Tür. Ein tiefes Dröhnen hallte die Treppe hinauf. Gleich darauf öffneten sich die Türflügel nach innen.
Vor ihnen lag eine dunkle Halle, einen guten Pfeilschuss lang. Es war eine natürliche Höhle. An den Wänden befanden sich zahlreiche Stalagmiten und Stalaktiten, jeder einzelne breiter als ein Mensch. Spärlich über den gesamten Raum verteilte Laternen verströmten trübes Licht. Der braune Boden war ebenmäßig und glatt poliert. Am hinteren Ende der Höhle sah man einen schwarzen Thron, auf dem eine reglose Gestalt saß.
Orik verneigte sich. »Der König erwartet dich.« Eragon legte Saphira die Hand auf den Rücken und machte sich mit ihr auf den Weg. Hinter ihnen schlossen sich die Türen, sodass sie mit dem König im Thronsaal allein blieben.
Ihre Schritte hallten durch die Höhle, während sie auf den Thron zugingen. In Nischen zwischen den Tropfsteinsäulen standen hohe Statuen. Jede Skulptur zeigte einen gekrönten König auf einem Thron. Ihre Augen starrten blicklos ins Leere, die zerfurchten Gesichter zeigten kühne Entschlossenheit. Unterhalb der Füße war in Runen der Name des jeweiligen Herrschers eingemeißelt.
Eragon und Saphira schritten zwischen den beiden Reihen längst verstorbener Monarchen hindurch. Sie kamen an mehr als vierzig Standbildern vorbei, dahinter harrten dunkle, leere Alkoven der Nachbildungen zukünftiger Könige. Zu guter Letzt blieben sie vor Hrothgar stehen.
Der Zwergenkönig saß selbst wie ein Standbild auf einem erhöhten Sitz aus schwarzem Marmor. Der Thronsessel bestand aus einem einzigen Block, hatte keine schmückenden Verzierungen und war mit gnadenloser Präzision aus dem Fels geschnitten. Der Stein strahlte ein Gefühl von Stärke aus, die von den alten Zeiten kündete, als die Zwerge noch ohne Einmischung seitens der Menschen oder Elfen allein in Alagaësia geherrscht hatten. Anstelle einer Krone trug Hrothgar einen goldenen, mit Rubinen und Diamanten besetzten Helm auf dem Haupt. Sein mürrisches, zerfurchtes Gesicht war Zeugnis für die oft bitteren Erfahrungen seiner langen Regentschaft. Unter buschigen Augenbrauen funkelten tief liegende, durchdringend blickende Augen. Ein Kettenhemd wölbte sich über seinem mächtigen Brustkasten, und auf seinem Schoß lag ein schwerer Streithammer, den das Symbol von Oriks Clan zierte.
Eragon verneigte sich unbeholfen und kniete nieder. Saphira blieb stehen. Der König regte sich, als erwache er soeben aus tiefem Schlaf, und polterte: »Erhebe dich, Drachenreiter, du brauchst vor mir nicht niederzuknien.«
Eragon richtete sich auf und begegnete Hrothgars unergründlichem Blick. Der König musterte ihn eingehend und sagte schließlich mit rauer Stimme:
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