Das Vermaechtnis der Drachenreiter
gerade lang genug war, um die Flasche über die Schulter zu hängen. In das Metall war ein silbernes Zeichen eingraviert, in dem Eragon die Insignien der Ra’zac erkannte.
Aufgeregt hob er das Fläschchen auf und öffnete den Verschluss. Ein süßlicher Geruch stieg ihm in die Nase - derselbe, der ihm aufgefallen war, als er Garrow in den Trümmern seines Hauses entdeckt hatte. Er neigte das Fläschchen, und ein Tropfen einer klaren, glänzenden Flüssigkeit fiel auf seinen Finger, der augenblicklich anfing zu brennen, als stünde er in Flammen. Eragon schrie auf und wischte sich die Hand am Boden ab. Kurz darauf ließ der Schmerz nach und wurde zu einem dumpfen Pochen. Ein Stück Haut war verätzt.
Er eilte zu Brom zurück. »Sieh mal, was ich gefunden habe.« Brom nahm das Fläschchen und betrachtete es eingehend, dann schüttete er etwas Flüssigkeit in die Verschlusskappe. Eragon wollte ihn warnen: »Pass auf, sie wird deine …«
»Haut verbrennen, ich weiß«, sagte Brom. »Und wahrscheinlich hast du sie dir über die ganze Hand geschüttet. Nur über den Finger? Na ja, wenigstens warst du schlau genug, sie nicht zu trinken. Sonst wäre nur eine Pfütze von dir übrig geblieben.«
»Was ist das für ein Zeug?«, fragte Eragon.
»Öl aus den Blüten der Seithr-Pflanze, die auf einer kleinen Insel im eisigen Nordmeer wächst. In seinem ursprünglichen Zustand verwendet man das Öl, um Perlen darin einzulegen - es härtet sie und verleiht ihnen einen strahlenden Glanz. Aber wenn man über dem Öl bestimmte Worte spricht und ein Blutopfer darbringt, nimmt es die Eigenschaft an, Fleisch zu zerfressen. Das allein macht es noch nicht zu etwas Besonderem - es gibt viele Säuren, die Sehnen und Knochen auflösen können -, aber im Gegensatz zu anderen Substanzen lässt das Seithr-Öl alles andere unbeschädigt. Man kann alles darin eintauchen, und wenn man es wieder herauszieht, ist es völlig intakt, es sei denn, es war einst Teil eines Tiers oder eines Menschen. Das macht es zur bevorzugten Waffe bei Folterungen und Anschlägen. Man kann es in Holzgefäßen aufbewahren, eine Pfeilspitze damit einreiben oder es auf ein Bettlaken schütten, sodass die nächste Person, die sich darauf legt, tödliche Verbrennungen erleidet. Es gibt unzählige Möglichkeiten, es zu nutzen, und Verletzungen, die durch dieses Öl verursacht werden, heilen extrem langsam. Es ist sehr selten und teuer, besonders in dieser veränderten Form.«
Eragon erinnerte sich an die entsetzlichen Verbrennungen an Garrows Körper. Sie haben dieses Öl über ihn geschüttet, wurde ihm nun mit Grausen klar. »Ich frage mich, warum die Ra’zac es zurückließen, wenn es so wertvoll ist.«
»Sie müssen es verloren haben, als sie fortflogen.«
»Aber warum sind sie nicht zurückgekommen und haben es geholt? Es wird den König bestimmt nicht erfreuen, dass sie es verloren haben.«
»Nein, ganz sicher nicht«, sagte Brom, »aber er wäre noch erzürnter, wenn sie ihren Bericht über dich verspätet abliefern würden. Falls die Ra’zac inzwischen bei ihm eingetroffen sind, kannst du davon ausgehen, dass der König nun deinen Namen kennt. Das bedeutet, dass wir noch viel vorsichtiger sein müssen, wenn wir uns in den Dörfern und Städten blicken lassen. Vermutlich wird der König bald Boten aussenden, die im ganzen Reich verkünden, dass du vom Imperium gesucht wirst.«
Eragon hielt inne, um nachzudenken. »Dieses Öl - wie selten ist es?«
»So selten wie Diamanten in einem Schweinetrog«, sagte Brom. »Genau genommen wird das gewöhnliche Öl hauptsächlich von Juwelieren verwendet, aber nur von denen, die es sich leisten können. «
»Also gibt es Leute, die damit handeln?«
»Ja, den einen oder anderen gewiss.«
»Gut«, sagte Eragon. »Und in den Städten entlang der Küste gibt es doch sicher Einfuhrlisten über die gelieferten Güter, nicht wahr?«
Broms Augen leuchteten auf. »Natürlich. Wenn wir an diese Listen gelangen könnten, würden sie uns verraten, wer das Öl in den Süden verschifft hat und wohin es von dort aus gebracht wurde.«
»Und die Einträge über die Käufe des Imperiums werden uns verraten, wo die Ra’zac leben!«, schlussfolgerte Eragon. »Ich weiß nicht, wie viele Leute sich dieses Öl leisten können, aber es sollte nicht schwer sein, diejenigen herauszufinden, die nicht im Dienste des Königs stehen.«
»Hervorragend!«, rief Brom lächelnd aus. »Ich wünschte, ich wäre vor Jahren selbst darauf gekommen;
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