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Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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zeigte, veränderte sich die Gestalt der Hexe. Für kurze Augenblicke erschien eine atemberaubende Schönheit mit langem blondem Haar, die sich aber sogleich wieder in die unansehnliche Bandraoi zurückverwandelte. Das ging einige Male hin und her, doch zu guter Letzt blieb Josies Wahrnehmung fest am Anblick der scheußlichen Hexe haften. – Arthur hingegen schien ganz von dem Zauberbild der schönen jungen Frau gefangen zu sein. Josie stellte entsetzt fest, dass Arthur ebenso weggetreten wirkte wie beim Tanz mit den Sidhoir.
    Die Hexe lächelte das sardonische Lächeln eines Kindes, das gleich einen Käfer zertreten wird. Ihr Zeigefinger krümmte sich zu einer lockenden Geste. »Nun, hübscher Knabe, folge mir! Welch unerwartetes Pläsier! Ein wahrer Schatz wohnt dir hier drinnen …« Sie klopfte Arthur, der sie mit verklärtem Blick anglotzte, an die Brust. »Dein Herzchen will ich wohl gewinnen.«
    Josie stellten sich die Haare auf. Was wollte die Bandraoi von Arthur? Hatte sie ihn mit einem Liebeszauber gebannt? Aber wozu? Arthur durfte auf gar keinen Fall mitgehen! Aber wie sollte sie das verhindern? Die Drachenfibel konnte sie in ihrer momentanen Zwangslage nicht unbemerkt erreichen. Außerdem bezweifelte sie, dass sich ihre magischen Kräfte nach dem Einsatz gegen die Werwölfe bereits regeneriert hatten. Alles in ihr rebellierte, als sie machtlos zusehen musste, wie Arthur die ausgestreckte Hand der Hexe ergriff und hinter ihr hertappte wie ein Hundebaby.
    Nun meldeten sich die Rotmützen wieder, die befürchten mussten, dass die Hexe sie an den Haken baumeln lassen würde. Während der eine laut vor sich hinheulte, rief der andere jammervoll: »Ge-Gebieterin, lasst uns nicht leiden! Wi-wir bitten Euch, uns loszuschneiden!«
    Die Hexe sah sich ungehalten um. »Hängt ihr noch immer da herum? Habt ihr nichts Besseres zu tun?«
    Mit einem teuflischen Grinsen schnippte sie mit den Fingern, worauf die zwei wie überreife Birnen herunterplumpsten. Tweedledee auf den harten Steinboden, Tweedledum in ein Fass mit gepökeltem Fisch. Ohne die zwei noch eines Blickes zu würdigen, zog die Bandraoi Arthur hinter sich aus der Tür.
    Kaum war sie außer Sichtweite, kletterte Tweedledum aus dem Fass. Seine durchtriebenen kleinen Augen funkelten, als er auf ein Wandbrett zusteuerte.
    »Die Gelegenheit ist gut«, flüsterte er Tweedledee zu. »Die Alte hat ihr Gaudium. Die Gläser sind gefüllt mit Blut – nur Schweineblut –, doch sei es drum. Es gilt, die Mützen frisch zu tränken, die Hexe wird uns keines schenken und meine Kräfte schwinden schon. Wir nehmen uns nur unsren Lohn!«
    Josie wagte kaum zu atmen. Was immer die Rotmützen auch vorhatten, es war ihnen verboten. Was, wenn sie vorher die Tür zumachten und sie entdeckten? Aber daran dachten die beiden im Eifer des Gefechts gar nicht, die Schlauesten schienen sie nicht zu sein. In hektischer Eile holten sie eines der Einweckgläser vom Regal und öffneten es. Dann nahmen sie ihre Mützen ab, worauf zwei speckig glänzende Kahlschädel zum Vorschein kamen, und tauchten ihre Kopfbedeckungen in das scharlachrote Nass. Sie wanden die triefenden Mützen aus und setzten sie dann wohlig stöhnend wieder auf. Aus ihren Schnäbeln fuhren unerwartet lange grüne Zungen, mit denen sie das herabfließende Blut gierig aufleckten.
    »Welch glückliche Gelegenheit – das Blut tut gut, es wurde Zeit«, stöhnte Tweedledee erleichtert. Doch nur einen Augenblick später jagte jäh ein Schreck über seine Miene. »Da-das Glas – es ist so gut wie leer …«
    »Nun, das ist wirklich gar nicht schwer«, erwiderte Tweedledum, der der Pfiffigere zu sein schien. Er schöpfte aus einem benachbarten Fass eine undefinierbare Flüssigkeit, verdünnte den Rest des Bluts damit und stellte das Glas zurück. Nur wer ganz genau hinsah, konnte jetzt noch einen Unterschied zu den Konserven daneben ausmachen. Zum Abschluss der ekelerregenden Aktion begannen sie nun, sich gegenseitig mit ihren Chamäleonzungen dort sauber zu lecken, wo sie selbst nicht hinkamen. Josie würgte.
    Sie waren gerade fertig, als die entfernte, aber unüberhörbar wütende Stimme der Hexe sie aufschreckte.
    »Was treibt ihr faulen Vagabunden?«, hallte es hohl durch die ungemütliche Kammer. »Voran! Bringt rasch die Hühner her! Nachdem die Schrätlein sind verschwunden, bleibt uns nur das Geflügel mehr.«
    Nun kam Leben in die zwei. Sie wuchteten schwungvoll den Korb mit den toten Hühnern hoch und

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