Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
Vom Netzwerk:
verloren haben. Selbst wenn er nur schlafen würde, wäre es sehr schwierig, ihn zu finden. Aber ich bin mir nicht sicher …“, er verstummte. Wenn er auf irgendeine Reaktion von Larenia gehofft hatte, so wartete er vergebens. Sie nickte nur kurz und wortlos, dann wandte sie sich ab und trat in die Mitte des Raumes. Eine Weile stand sie bewegungslos da, tief in Gedanken versunken, bevor sie sich wieder zu Arthenius umdrehte. Im gleichen Moment flammte bläuliches Licht zwischen ihnen auf und formte sich zu einer leuchtenden Kugel, kaum groß genug, um den Raum zu erhellen. Einen Augenblick lang sah sie ihn kritisch und ohne sichtbare Gefühlsregung an.
    „Wir werden in dieser Nacht hierbleiben“, sagte sie schließlich. Ein Befehl, kein Vorschlag, dennoch stimmte Arthenius mit einem angedeuteten Nicken zu, bevor er den Kopf wieder gegen das feuchte Holz hinter ihm lehnte.
    ‚Hier‘ war Skayé, die Stadt der Waldläufer, nur hatten diese den Ort scheinbar endgültig verlassen. Arthenius und Larenia waren am späten Nachmittag nach einer Wanderung von zehn Tagen hier angekommen. Da der Regen immer heftiger wurde, hatten sie in einem der leer stehenden Häuser Schutz vor der Nässe gesucht und seitdem hatte Arthenius versucht, herauszufinden, was mit Laurent und seinem Heer geschehen war.
    Obwohl er nie auf die Idee gekommen wäre, Larenia darum zu bitten, war Arthenius dankbar für diese Pause. Seitdem sie Anaiedoro verlassen hatten, hatte er nicht mehr geschlafen und die Suche nach Sibelius und den anderen hatte ihn zusätzlich Kraft gekostet. Jetzt fühlte er sich unendlich müde und dennoch schlief er nicht. Mit geschlossenen Augen saß er da und dämmerte vor sich hin. Am Rande seines Bewusstseins registrierte er, dass Larenia ihren Platz in der Mitte des Raumes verließ und sich neben ihn setzte. Er hätte gern gewusst, was sie in diesem Augenblick dachte, doch nach mehr als dreihundert Jahren hatte sie es schließlich gelernt, ihre Gedanken selbst ihm gegenüber abzuschirmen. Im nächsten Moment entglitt ihm diese Überlegung. Das geschah in letzter Zeit stets, wenn er sich zu intensiv mit Larenia und ihren Plänen beschäftigte. Er wusste, dass sie ihm etwas verschwieg, etwas von großer Wichtigkeit, sonst würde sie nicht so viel Energie aufwenden, um es weiterhin geheim zu halten. Sobald sie Askana erreichten, würde er sich ernsthaft damit beschäftigen müssen, doch jetzt fehlte ihm einfach die Kraft dazu …
    Tiefe Stille breitete sich in dem kleinen Raum aus. Selbst das Heulen des Windes und das Prasseln des Regens wirkten fern und unwirklich. Arthenius hätte nicht sagen können, wie lange er so dasaß und auf Larenias langsamen, gleichmäßigen Herzschlag lauschte. Eine Ewigkeit schien vergangen zu sein, aber in Wirklichkeit war es noch nicht einmal Mitternacht, als er die Augen aufschlug und den Kopf in Larenias Richtung drehte.
    Sie saß so nah neben ihm, dass er nur die Hand ausstrecken müsste, um sie zu berühren, und starrte mit diesem sonderbar leeren, in weite Ferne gerichteten Blick ins Nichts.
    Es war das erste Mal seit Langem, dass er die Gelegenheit hatte, sie genauer anzusehen. In dem bläulichen Licht, das den Raum noch immer erfüllte, wirkte ihr Gesicht sehr blass, beinahe grau, eingefallen und völlig übermüdet. Unter ihren schönen Augen lagen tiefe Schatten und über ihre linke Wange zog sich ein hässlicher Kratzer vom Haaransatz bis zum Mundwinkel. Das getrocknete Blut hob sich dunkel und überdeutlich von ihrer hellen Haut ab. Wahrscheinlich hätte sie erbärmlich ausgesehen in ihrer zerrissenen Kleidung, wäre da nicht die unglaubliche Aura absoluter Macht gewesen, die sie noch immer einhüllte und die stärker war denn je. Früher war es nur eine Andeutung dessen gewesen, wozu sie fähig war, jetzt aber überließ sie sich vollkommen ihrer Gabe, sie versuchte nicht einmal mehr, ihre Fähigkeiten zu kontrollieren.
    Und trotzdem. Ihre Nähe wirkte berauschend und irgendwo unter der eisigen Fassade war noch immer etwas von dem alten Zauber, faszinierend, betörend und unfassbar zugleich.
    Als hätte sie seine Gedanken gelesen, drehte sie sich in diesem Moment zu ihm um und sah ihm in die Augen. In diesem Blick mischten sich niederdrückende Müdigkeit mit abgrundtiefer Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Dann blinzelte sie und ihr Gesicht nahm wieder den inzwischen gewohnten harten, leeren, nahezu leblos wirkenden Ausdruck an. Aber sie wandte den Blick nicht ab und etwas

Weitere Kostenlose Bücher