Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
Vom Netzwerk:
Racheschwüre ebnen konnte.
     

Septima
     
     
    „Navalia ist gefallen? Das kann unmöglich dein Ernst sein!“, Pierre ließ Schwert und Dolch fallen und drehte sich mit ungläubigem Gesichtsausdruck zu François um. Er unterrichtete gerade eine Gruppe Soldaten im Umgang mit Waffen, als François an ihm vorbeistürmen wollte auf der Suche nach Larenia.
    „Wie kann die Stadt gefallen sein, wenn es nicht einmal Berichte über einen Angriff gab?“
    „Nicht immer sind Kämpfe notwendig, das solltest du inzwischen wissen, Pierre“, François sah sich suchend und ungeduldig um, „in diesem Fall hat der Meister der Schiffbauer einfach kapituliert. Also, wo ist Larenia?“
    Pierre zuckte mit den Schultern und hob seine Waffen auf: „Was weiß ich. Ich habe sie heute noch nicht gesehen“, bei diesen Worten steckte er Schwert und Dolch zurück in ihre Scheiden, „woher weißt du das alles? Und wie konnte der Gildenmeister einfach kapitulieren? So verzweifelt ist unsere Lage schließlich nicht.“
    François verdrehte demonstrativ die Augen. Dann schlängelte er sich durch die Reihen der trainierenden Soldaten und ging auf den Palast zu. Nach kurzem Zögern folgte ihm Pierre. Sie hatten bereits das kühle und schattige Innere des Schlosses erreicht, als François schließlich antwortete: „Wie du weißt, war ich bis gestern in Navalia. Ich habe einen Großteil des Gespräches zwischen dem Gildemeister und den Brochoniern gehört. Larenia hatte so etwas schon lange befürchtet. Darum hat sie mich auch dorthin geschickt.“
    „Aber –“, keuchte Pierre, der beinahe rennen musste, um mit François Schritt halten zu können, „wenn sie es wusste, warum hat sie dann nichts dagegen unternommen?“
    „Wie würde es dir gefallen, wenn ich jede deiner Handlungen kontrollieren würde?“
    Pierre erstarrte mitten im Schritt und auch François fuhr erschrocken herum. Hinter ihnen war lautlos und unerwartet wie gewöhnlich Larenia erschienen.
    „Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung und seine eigenen Fehler. Und wenn der Gildemeister meint, die Kapitulation sei für seine Stadt die beste Lösung, kann ich ihn nicht zwingen zu kämpfen“, sie bemerkte Pierres kritischen Blick und fügte in schärferem Tonfall hinzu, „ich werde es nicht tun, selbst wenn ich die Gelegenheit dazu hätte. Was würde mich noch von den Brochoniern unterscheiden, wenn ich jeden, der anders denkt, manipulieren und beeinflussen würde?“
    Einen Herzschlag lang hielt Pierre ihrem Blick stand, dann gab er es auf. Es war sinnlos, mit Larenia über Grundsätze diskutieren zu wollen. Stattdessen bemerkte er nur: „Wir haben damit unseren einzigen Vorteil verloren, das ist dir doch hoffentlich klar. Ohne die Schiffe aus Navalia wird die Versorgung und Kommunikation schwierig werden, besonders in Aquanien.“
    Sie reagierte nicht auf Pierres Worte. Alles, was er gesagt hatte, war richtig und sie war sich des Problems bewusst. Allerdings war es jetzt nicht zu ändern. Sie wandte sich an François: „Und sie haben wirklich kapituliert?“
    „Ja. Ich habe einen Großteil des Gespräches gehört, aber als der Gildemeister sagte, er wolle kapitulieren, haben sie einen Druiden geholt. Deshalb bin ich gegangen. Doch ich bin mir sicher, dass er die Stadt bedingungslos übergeben hat.“
    „Ich hatte gehofft, sie würden lediglich einen Nichtangriffspakt aushandeln“, eine Weile blickte sie an François vorbei ins Leere, dann schüttelte sie nachdenklich den Kopf. Die Anwesenheit der beiden anderen hatte sie völlig vergessen, „aber Treue war nie eine Stärke des Gildemeisters. Nun, es lässt sich nicht mehr ungeschehen machen.“
    Ohne auf die verwunderten, erwartungsvollen Blicke Pierres oder die abwartende Haltung François’ zu achten, wandte sie sich ab und ging, tief in Gedanken versunken.
     
    Am achten Tag des Monats Septima, des siebenten Monats, ritt Patricia durch das Stadttor Navalias. Obwohl sie ihr Gesicht im Schatten der Kapuze ihres dunklen Mantels verbarg, hielten die Wachen sie nicht auf. Tatsächlich schienen sie mit ihrem Kommen gerechnet zu haben. Ohne Zögern schlug sie den Weg zum Haus des Gildemeisters ein. Dieses palastähnliche Gebäude stand im Zentrum der Stadt. Zwar war der Meister der Schiffbauer kein Adliger, doch umso mehr Wert legte er auf seine Erscheinung in der Öffentlichkeit. Tatsächlich verdankte er es nur der Tradition und seinen hervorragenden Leistungen als Schiffbaumeister, dass er den Posten des

Weitere Kostenlose Bücher