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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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den Preis dafür zu zahlen?“
    Endlich ließ er Patricia los und stieß sie von sich. Sie torkelte ein paar Schritte zurück, bevor sie ihr Gleichgewicht wiederfand.
    „Doch Ihr habt Glück, meine Königin“, der Druide zog seinen Dolch und trat ganz nah an sie heran. Beinahe zärtlich fuhr er mit der scharfen Klinge über ihre Wange, „der Tod durch meine Hand wäre eine zu große Gnade für eine Verräterin. Bis heute haben wir Euch abgeschirmt. Oder glaubt Ihr, ohne unsere Hilfe wärt Ihr und Euer Verrat auch nur einen Tag lang unentdeckt geblieben?“, er genoss Patricias Panik, ihre Todesangst, „jetzt jedoch überlassen wir Euch der Barmherzigkeit der Kandari. Die Elfen haben kein Verständnis für Verrat.“
    Er trat zurück und lachte.
    „Viel Glück, meine Königin .“
     
    Die Brochonier verschwanden schnell und nahezu lautlos. Die Begegnung erschien Patricia beinahe wie ein Albtraum, der genauso schnell verging, wie er begonnen hatte. Erschöpft sank sie auf die Knie herab. Eine Weile saß sie inmitten des Straßenstaubs, gebeugt von Schrecken und Verzweiflung, erschüttert in ihrer Selbstsicherheit durch die Drohung des Brochoniers.
    Aber dann begann sie zu lachen, ein leises, perlendes Geräusch, das von den Wänden der leer stehenden Häuser tausendfach verstärkt zurückgeworfen wurde. Die Brochonier hielten sie also für schwach? Aber ihre scheinbare Schwäche hatte ihr das Leben gerettet. Sie war Patricia von Firanien, Königin von Anoria, Herrscherin über ein großes Volk. Was sollte ihr schon geschehen? Niemand würde ihren Verrat auch nur erahnen, weil keiner einen zweiten Gedanken an ihr Tun verschwendete. Sie alle, Julien, ihre ehrenwerte Verwandtschaft, die Gilde der Zauberer, hatten sie unterschätzt. Wer sollte sie zur Rechenschaft ziehen? Julien, dieser Narr, der in jedem nur das Gute sah? Oder Larenia mit ihren edlen Motiven? Sie hatte sie alle getäuscht. Nicht einmal Julius, ihr Sohn und lange Zeit ihre Hoffnung auf Selbstverwirklichung, hatte ihr Spiel durchschaut. Und was warfen sie ihr vor? Dass sie ihr Volk vom Einfluss der Kandari befreit hatte? Dankbar sollten sie ihr sein, diese Dummköpfe, diese verblendeten Idealisten. Sie war die Großkönigin von Anoria und keinem Menschen zur Rechenschaft verpflichtet. Und sie war besser als all die anderen, die nur Gewalt und Krieg kannten. Brochonier und Kandari waren letztendlich nur Bauernopfer in ihrer Intrige gewesen.
    Sie lachte, bis ihr die Tränen über die Wangen liefen. Dann drehte sie sich, noch immer auf den Knien, um. Langsam sah sie die lange, verlassene Straße entlang. Doch plötzlich blieb ihr Blick an einer strahlend weißen Gestalt hängen, die gemessenen Schrittes auf sie zuging. Patricia erstarrte mitten in der Bewegung, als sie in Larenias Gesicht blickte. Das war nicht mehr die kleine, zerbrechlich wirkende Gildeherrin, die sie stets verabscheut hatte. Groß und eindrucksvoll, eingehüllt in eine unglaubliche Aura der Macht und in gleißend bläuliches Licht näherte sie sich Patricia, die noch immer am Boden kauerte. Auf einmal hatte die Königin Angst, mehr Angst, als sie jemals in Gegenwart des brochonischen Druiden mit all seiner Grausamkeit verspürt hatte. Alles Menschliche, Mitleid, Erbarmen, aber auch Hass und Verachtung, schien von Larenia abgefallen zu sein. Patricia fühlte den Blick dieser blauen, alles sehenden Augen auf sich ruhen und begann zu zittern. Da war nichts, kein Gefühl, nur noch eine eisige Kälte jenseits jeder Emotion. Kriechend wich die Königin zurück, bis sie mit dem Rücken gegen eine Hauswand stieß.
    „Was … was willst du von mir? Du hast mir nichts vorzuwerfen. Du hast mein Leben zerstört, mir alles genommen … Ich habe mein Volk befreit …“, Patricias Gestammel verklang. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ihre Stimme, die inzwischen hoch und hysterisch klang, folgte nicht länger ihrem Willen. Alles, was sie wollte, war so schnell wie möglich rennen, weglaufen, so weit sie nur konnte. Aber sie konnte sich nicht vom Blick dieser dunkelblauen Augen losreißen. Larenia schien bis auf den Grund ihrer Seele blicken zu können und Patricia hatte der Willensstärke der Gildeherrin nichts entgegenzusetzen.
    Und dann sah sie …
    … in die Augen eines vielleicht fünfzehnjährigen Jungen, den die Wachen mit Gewalt von seiner schluchzenden Mutter wegzerrten. Sie fühlte die Verzweiflung der weinenden Frau, die unerträgliche Furcht des Jungen …
    Sie spürte

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