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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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sprechen.“
    Patricia hatte jede Hoffnung auf Gnade aufgegeben, wahrscheinlich hätte sie den Tod dem Schicksal, dass ihr Larenia angedacht hatte, vorgezogen. Aber Julien konnte sie nicht verurteilen. Auch er trug einen Teil der Schuld. Er hatte sie gezwungen, ihn zu heiraten, und in all den Jahren hatte er sie nicht einmal nach ihren Wünschen gefragt. Patricia war für ihn nicht mehr als ein Mittel zum Zweck gewesen. Wie konnte er sie dafür verdammen, dass sie sich ein anderes Leben wünschte?
    „Ich, Julien, Hochkönig von Anoria, verurteile Euch zu lebenslanger Gefangenschaft. Ihr seid nicht länger Königin von Anoria. Mit dem heutigen Tag verliert Ihr all Eure Titel und Privilegien“, mit einer Handbewegung befahl er den Wachen, Patricia abzuführen. Dann sank er zurück auf seinen Thron, als hätten ihn diese Worte seine gesamte Kraft gekostet. Nun hatte er wirklich alles verloren.

    Am Abend des gleichen Tages saß Arthenius in seinem Zimmer in Magiara inmitten von Papierstapeln. Landkarten türmten sich kniehoch auf, in einer anderen Ecke lagen haufenweise Namenslisten mit möglichen Verbündeten und Angriffszielen. Manche Seiten waren mit Pierres unverkennbarer Schrift bedeckt, bei der jeder Buchstabe in eine andere Richtung zeigte. Es hatte sie fast zwei Tage gekostet, all seine Notizen zu entziffern. Seitdem grübelte Arthenius zusammen mit Philipe, Philipus und François über den nächsten Schritt der Brochonier. Da ihre Feinde Terranien erobert hatten und auch Ariana kein Hindernis mehr darstellte, blieben nur Firanien und Aquanien übrig. Das einzige nennenswerte Ziel an Aquaniens Küste, das für die Brochonier von taktischer Bedeutung gewesen wäre, war Arida. Aber noch waren sie nicht bereit, die geballte Macht der Gilde der Zauberer erneut herauszufordern. In Firanien war die Lage weniger einfach. Die zahlreichen Hafenstädte waren gut befestigt und kaum mit einem einzigen Angriff zu erobern. Allerdings war die Lebensmittelzufuhr schlecht organisiert und einer längeren Belagerung konnten sie nicht standhalten. Wahrscheinlich würden die Brochonier versuchen, auch den Landweg nach Aquanien über Firanien zu erobern, aber wo sie damit anfangen wollten, konnte Arthenius nicht vorhersehen. Pierre hätte es vielleicht erahnen können.
    Doch das war nicht das einzige Problem, vor das sie Pierres Gefangenschaft stellte. Niemand, nicht einmal Larenia, konnte mit Gewissheit sagen, wie viel er wusste und was die Brochonier alles durch ihn erfahren würden. Und als wäre es nicht so schon schlimm genug, hatte sie die Königin der Anorianer verraten.
    Seufzend lehnte sich Arthenius zurück und schloss die Augen. So viele Probleme. Und dazu noch die Ungewissheit, ob Laurent und die Kandari bereit waren, ihnen zu helfen. Das Geräusch einer zufallenden Tür riss ihn aus seinen Gedanken. Verwundert fragte er sich, wer um diese Zeit noch unterwegs war. Immerhin war es bereits nach Mitternacht. Er öffnete die Augen und blickte direkt in Larenias Gesicht. Arthenius bemerkte ihren sonderbaren Blick, ihren verstörten Gesichtsausdruck und stellte keine Fragen. Nur ein einziges Mal zuvor hatte er sie so gesehen, während ihrer ersten Tage in Hamada. Wortlos setzte sie sich neben ihn, den Blick fest auf sein Gesicht geheftet. Dann kuschelte sie sich in seine Arme. Überrascht, aber ohne etwas zu sagen, legte er den Arm um ihre schmale Schulter und sah sie fragend an. Sie wandte den Blick ab und schloss schließlich die Augen.
    „Eine einzige Nacht lang möchte ich die Verantwortung ablegen und all das hier vergessen. Ich kann nicht mehr …“, sie flüsterte so leise, dass er sie kaum verstand. Aber das musste er auch nicht. In diesem Augenblick nahm er jeden ihrer Gedanken deutlich wahr.
    Er streckte seine langen Beine aus und strich zärtlich über ihr weißes Haar. Wie gut er sie verstand. Selbst hier, in Magiara, hatte er Juliens Schmerz und das Entsetzen der Bevölkerung von Arida über Patricias Verrat wahrgenommen. Für Larenia bedeutete es eine weitere Verantwortung, eine neue Last, denn sie würde sich nicht einfach abwenden und dieses Problem den Menschen überlassen. Stattdessen würde sie, wie so oft, die Schuld zuerst bei sich selbst suchen.
    Diese Art des Verrats, das wusste Arthenius, gehörte zu den Dingen, die Larenia nicht verstand. Sie hatte alles riskiert, um das Leben und Wohlergehen anderer zu schützen. Egoismus, Selbstsucht und Gier konnte sie einfach nicht nachvollziehen. Es

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