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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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widersprach all ihren Prinzipien, ihrer ganzen Persönlichkeit. Natürlich war auch Larenia keine Verkörperung des Guten. Sie konnte kalt, erbarmungslos und grausam sein, wenn es darauf ankam. Aber egal was sie tat, sie erlebte allzu deutlich die Konsequenzen ihres Handelns. Und dann war es nur das Bewusstsein, dass sie das einzig Mögliche getan hatte, um ihr Volk zu schützen, das sie vor dem Wahnsinn bewahrte. Verrat jedoch konnte sie weder verstehen noch tolerieren und gerade deshalb erschütterte ein solches Verhalten ihren Glauben an die Menschen.
    Arthenius sah auf sie herab und seufzte. Sie wirkte blass und erschöpft. Wenn sie nicht bald die Erwartungen, die sie an sich selber stellte, etwas verringerte, würde sie nicht mehr lange durchhalten.
    „Larenia?“, sie reagierte nicht. Sie war eingeschlafen.
    Lächelnd betrachtete er ihr Gesicht. Sie sah noch genauso aus wie bei ihrer ersten Begegnung, etwas schmaler vielleicht und ihr Haar war damals goldblond und nicht weiß gewesen. Aber noch immer konnte sie mit einem einzigen Blick das Beste in jedem Einzelnen wecken. Sie hatte Merla dazu gebracht, endlich zu handeln. Philipus hatte sie aus seiner Resignation gerissen und Felicius hatte den Mut gefunden, seine Ideale auszuleben. Sie gab den meisten, Kandari und Menschen, Hoffnung, das Gefühl, dass es einen Weg gab, seine Träume zu verwirklichen, und dass es nicht vergeblich war, für seine Ideale zu kämpfen. Das war Larenias Zauber, der Grund, warum ihr so viele bedingungslos folgten.
    Und darum vergaßen so viele, dass auch sie nicht allmächtig war. Sie sahen nicht, wie sehr sie unter den unmöglichen Erwartungen litt. Vielleicht war er der Einzige, der die Grenzen ihrer Macht und Leistungsfähigkeit wirklich kannte.
    Langsam verging die Nacht. Vollkommen bewegungslos, um Larenia nicht zu wecken, saß Arthenius da und lauschte dem leisen Rauschen der Wellen. Bald würde die Sonne aufgehen, die Wirklichkeit würde sie wieder einholen. Diese Nacht war nicht mehr als ein schwindender Traum, der in kurzer Zeit ausgeträumt war.
     
    Im ersten grauen Morgenlicht riss Felicius die Tür auf und trampelte lautstark ins Zimmer, wobei er mehrere Stapel Papier umriss.
    „Arthenius, hast du –? Oh!“, er unterbrach sich, als sein Blick an Larenia hängen blieb.
    „Schrei nicht so, sonst weckst du sie noch auf“, behutsam richtete sich Arthenius etwas auf, „was ist denn los?“
    „Nicht so wichtig“, offensichtlich erstaunt blickte Felicius zwischen ihnen hin und her. Dann schob er einen Stapel Landkarten zur Seite und setzte sich auf einen Stuhl ihnen gegenüber. Nach einer langen Pause sagte er leise und sehr ernst: „Arthenius, ich habe es dir schon einmal gesagt: Diese Liebe wird eines Tages dein Verhängnis sein.“
    „Was erwartest du von mir? Dass ich alles vergesse?“
    „Das könntest du ebenso wenig wie sie. Und ich könnte es nicht ertragen, einen von euch zu verlieren. Du würdest alles tun, um sie zu beschützen. Nein, widersprich mir nicht. Ich habe es vom ersten Augenblick an gewusst. Du würdest mit Freude dein Leben geben, um das ihre zu retten“, diese Erkenntnis hatte Felicius einst erschreckt. Er konnte die bedingungslose Liebe, die sein Bruder für Larenia empfand, nicht verstehen. „Und sie“, er sah in Larenias schmales Gesicht, „wie weit wäre sie ohne dich gekommen? Ich glaube, du bist der Einzige, für den sie alles aufgeben würde“, er seufzte, „es wird kein gutes Ende nehmen, weder für Larenia noch für dich.“
    „Aber was soll ich tun? Larenia kann nicht anders handeln …“
    „Und du kannst sie nicht unglücklich sehen, ich weiß. Alles, worum ich dich bitte, ist, vorsichtig zu sein. Immerhin bist du mein Bruder und ich habe immer auf dich aufgepasst, seit dem Tag deiner Geburt.“
    Lächelnd sah Arthenius ihn an: „Das weiß ich. Vielleicht wirst du mich eines Tages verstehen können.“
    Lachend schüttelte Felicius den Kopf: „Das hoffe ich nicht. Es reicht, wenn sich einer von uns zum Narren macht. Doch ich werde weiter versuchen, mich zwischen dich und dein Schicksal zu stellen.“
    „Glaubst du daran, an Schicksal?“
    „Nein“, Felicius stand auf und legte die Karten zurück an ihren Platz, „denn wenn es ein höheres Wesen gäbe, wie könnte es zulassen, dass manche so viel opfern, so viel Leid ertragen müssen und andere mit den schlimmsten Verbrechen ungestraft davonkommen?“
     

Julius erzählt:
     
     
    Ich kehrte am Abend des

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