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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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Julius’ Entsetzen, als er hinter Larenia durch das Feuer rannte, das Arida in der furchtbaren Nacht des ersten Angriffs einhüllte. Sie empfand seine Todesangst, als die Flammen hinter ihm zusammenschlugen und sie einschlossen. Sie fühlte die sengende Hitze auf ihrer Haut, als sein Mantel Feuer fing.
    Und dann sah sie durch die Augen der Gildeherrin auf die brennende Stadt herab. Sie nahm den Todeskampf der brochonischen Druiden wahr, das langsame Verlöschen ihres Lebens und das schwarze, alles verschlingende Nichts, das zurückblieb.
    Sie fühlte den Tod jedes Einzelnen, der in diesem Krieg gestorben war. Das tausendfache Entsetzen, Angst, Verzweiflung, Schmerz und schließlich Resignation, wenn man das Ende vor sich sieht und der Tod beinahe eine Erleichterung zu sein scheint. Sie starb mit den Soldaten in Arida, mit den Unschuldigen in Dalane, die dem Angriff der Brochonier nicht entgehen konnten. Sie litt mit ihnen Todesqualen.
    Sie spürte Juliens Verzweiflung bei der Nachricht von Navalias Kapitulation. Das Erlöschen seines Kampfgeistes, als er sah, wie sein Lebenswerk um ihn herum zerfiel. Und sie erlebte Julius’ Schuldgefühle und Selbstvorwürfe, als er Pierre in Komar mit einer unüberwindbaren Übermacht an Feinden zurückließ …
    „Nein“, flüsterte Patricia und in ihren Augen schimmerte der Wahnsinn, „nein, das habe ich nicht getan. Das war nicht mein Werk …“
    Aber sie wusste es besser.
    „So habt Ihr Eurem Volk gedient, Königin von Anoria“, klar und kalt erklang Larenias Stimme, vollkommen emotionslos, „Ihr werdet es nie wieder vergessen. Eure Taten werden Euch verfolgen in jedem wachen Augenblick Eures Lebens.“
    Entsetzt schloss Patricia die Augen, aber sie konnte die schrecklichen Bilder, die Gefühle, die nicht die ihren waren, nicht verdrängen. Sie bemerkte nicht, dass Larenia ging oder dass es angefangen hatte zu regnen.
    Schluchzend kniete sie im Straßendreck, allein mit ihrer Schuld und zum ersten Mal konfrontiert mit der Tragweite ihres Verrats.
    So fanden sie die Stadtwachen bei Einbruch der Abenddämmerung.
     
    Zwei Tage später, am siebzehnten Tag des achten Monats, versammelte sich das hohe Gericht von Anoria. Sie waren nicht vollständig, da Ciaran und Logis fehlten und auch Eugen Askana nicht verlassen konnte. Julius war gestern mit einer Botschaft ins Landesinnere aufgebrochen, da Julien vermeiden wollte, dass er bei der Verurteilung seiner Mutter dabei sein musste.
    Nie zuvor hatte Julien die Last der Verantwortung so schwer auf seinen Schultern lasten gefühlt. Er musste die Frau, mit der er viele Jahre lang seine Gedanken geteilt hatte, verurteilen. Vielleicht hatte er sie nie geliebt, aber er hatte ihre Meinung zu schätzen gelernt. Ihr Verrat und der Hass, der sich dahinter verbarg, hatten ihn schwerer getroffen als die Verwüstung seines Königreiches.
    Er betrat den Thronsaal. Überdeutlich spürte er das Gewicht der Krone und des Krönungsmantels, der Wahrzeichen seiner Macht. Die Blicke all seiner Ratgeber waren auf ihn gerichtet, als er sich auf seinen Thron niederließ.
    „Führt die Angeklagte herein.“
    Seine Stimme klang in seinen eigenen Ohren hohl und fremd bei diesen Worten.
    Flankiert von zwei Wachen der königlichen Garde betrat Patricia den Saal. Man hatte ihr alle Zeichen der Königswürde abgenommen und sie war in schlichtes Grau gekleidet. Das lange rote Haar fiel ihr wirr und ungekämmt über die Schultern und in ihren Augen widerspiegelten sich noch immer Spuren des Wahnsinns. Aber für einen Moment schien es Julien, dass die Zeit rückwärtslief. Die langen Jahre ihrer Feindschaft waren ausgelöscht. Einen Augenblick lang glaubte er in das Gesicht der jungen, lebenslustigen Frau zu schauen, die er geheiratet hatte. Sie war so unglaublich schön gewesen mit ihren wilden, dunkelroten Locken und den klaren grünen Augen. Er hatte geglaubt, ihr alles verzeihen zu können, ihre Feindseligkeit und Verachtung, die sie ihm entgegenbrachte, ihre ständigen Intrigen. Wie hatte es nur so weit kommen können?
    „Patricia, ehemalige Hochkönigin von Anoria, Ihr seid des Landesverrats beschuldigt worden. Gesteht Ihr Eure Schuld ein?“, Julien hörte sich selbst sprechen. Mit unnatürlicher Klarheit sah er den Thronsaal, den versammelten Rat und Patricia vor sich.
    Demütig senkte die einstige Königin den Kopf: „Ich gestehe meine Schuld ein.“
    „Verrat wird in Anoria mit dem Tod geahndet. Jetzt muss ich das Urteil über Euch

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