Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
Vom Netzwerk:
findest du mich an meinem Schreibtisch.« Ohne Jason eines weiteren Blickes zu würdigen, trat Montignac an ihm vorbei.
    Â»Warten Sie, Sir«, rief Jason ihm nach. »Da ist eine Dame für Sie.«
    Â»Eine Dame?«
    Â»Ja, sie ist schon seit einer ganzen Weile hier und hat gesagt, dass Sie mit Ihnen sprechen möchte.«
    Â»Welche?« Montignac warf einen Blick auf die Handvoll Frauen, die von Bild zu Bild wanderten und hier und da auf eine Skulptur deuteten.
    Â»Diese da.« Jason zeigte auf eine von ihnen.
    Montignac musterte sie. Es war dieselbe, die er von der anderen Straßenseite im Gespräch mit Jason gesehen hatte. Sie war noch immer in den Anblick des Selbstporträts vertieft und hatte ihn nicht eintreten sehen. Er runzelte die Stirn und versuchte zu ergründen, weshalb ihm das Gesicht bekannt vorkam.
    Â»Ich bin an meinem Schreibtisch«, sagte er. »Du kannst sie zu mir schicken.«
    Er durchquerte den Raum und setzte sich an den Schreibtisch. Einem Impuls folgend, räumte er die Kataloge und Aktenordner auf den Stuhl gegenüber, damit diese Frau sich nicht niederlassen und zu viel von seiner Zeit stehlen konnte. Jason trat auf sie zu und zeigte auf Montignac. Sie schaute zu ihm hin, prüfend, als wolle sie sich aus der Distanz ein Bild von ihm machen. Mit einem Mal wirkte sie erleichtert und lief auf ihn zu.
    Â»Mr Montignac?«, fragte sie. Er nickte.
    Â»Wir sind uns schon einmal begegnet, oder?«, begann er, denn inzwischen war er sich dessen ganz sicher, doch sie schüttelte den Kopf.
    Â»Nein, ich glaube nicht. Ich bin Jane Bentley, die Mutter von Gareth.«
    Montignac spürte die Kälte, die sich in seinem Inneren ausbreitete, und für einen Moment brachte er keinen Ton hervor. Dann sagte er: »Ich dachte schon, dass Sie mir bekannt vorkamen. Er sieht Ihnen ähnlich.«
    Â»Finden Sie?« Ihr Gesicht erstrahlte. »Sonst sagen die Leute immer, er sei Rodericks Seite nachgeschlagen. Roderick ist mein Ehemann.«
    Â»Ich weiß.« Montignac betrachtete die Frau. Jetzt, aus der Nähe, erkannte er, warum Jason von ihr gefesselt gewesen war. Jane Bentley war eine auffallend schöne Frau, der Typ, der in seinem fünften Lebensjahrzehnt wahrscheinlich attraktiver war als im dritten oder vierten. »Das mit Ihrem Sohn tut mir sehr leid«, sagte er, merkte, dass er sie anstarrte, und nahm die Kataloge und Aktenorder wieder von dem Besucherstuhl herunter. »Bitte, nehmen Sie Platz.«
    Â»Entschuldigen Sie, dass ich unangemeldet vorbeikomme.« Sie setzte sich. »Aber wenn ich anrufe, scheinen Sie nie da zu sein.«
    Â»In der letzen Zeit war ich ziemlich beschäftigt. Und im Zurückrufen bin ich nicht sehr gut, was Ihnen mein Assistent zweifellos bestätigen kann.«
    Â»Sie wissen sicher, weshalb ich hier bin.«
    Â»Ich nehme an, wegen Gareth.«
    Â»Er hat mir von Ihrem Besuch erzählt.«
    Montignac seufzte, verzog das Gesicht und wusste nicht, ob er überhaupt darüber reden wollte. »Er hatte um meinen Besuch gebeten«, stellte er richtig. »Ich habe seinem Wunsch entsprochen. Ich fürchte, sehr lange bin ich nicht geblieben.«
    Â»Ich bleibe auch nie sehr lange«, gestand Jane müde und gequält. »Ich hasse den Ort.«
    Â»Das soll wohl so sein«, erwiderte er sanft.
    Â»Wie fanden Sie ihn?«, erkundigte sich Jane, schluckte krampfhaft die aufsteigenden Tränen hinunter und fing sich wieder.
    Montignac wog seine Antwort sorgfältig ab. »Verängstigt«, sagte er. »Verwirrt von dem, was geschehen ist. Schuldbewusst.«
    Â»Er ist nicht schuldig«, widersprach Jane erregt. »Ganz gleich, wozu mein Sohn fähig ist, aber ein Mörder ist er nicht.«
    Â»Ich meinte, dass er sich schuldig fühlte «, berichtigte sich Montignac. »Ob er es ist oder nicht …« Um ein Haar hätte er hinzugefügt, das zu entscheiden bliebe den Geschworenen überlassen, konnte sich aber noch rechtzeitig bremsen. Er wollte dieser Frau nicht noch mehr Kummer machen.
    Â»Ich muss Sie nach jenem Abend fragen«, sagte Jane. »Schon meinetwegen muss ich wissen, was damals vorgefallen ist.«
    Â»All das habe ich der Polizei bereits berichtet«, wehrte Montignac ab. »Hat man es Ihnen denn nicht weitererzählt? Und wenn nicht die Polizei, dann Gareths Anwalt?«
    Â»Ich muss es von Ihnen hören, Mr Montignac«, entgegnete Jane fest.

Weitere Kostenlose Bücher