Das Vermächtnis der Montignacs
nichts zu verraten.
»Auf ein Wort noch, Quentin«, hatte sie gesagt.
»Nicht hier, Jane«, zischte er und sah sie abweisend an.
»Ich wollte mich entschuldigen, Quentin. Was ich gesagt habe, war â«
Ehe sie fortfahren konnte, packte er sie am Arm und zog sie in eine stille Nische.
»Halten Sie den Mund, Jane«, sagte er. Es war das erste Mal in ihrer langen Bekanntschaft, dass er sich ihr gegenüber nicht wie ein Gentleman benahm. »Hier gibt es Leute, die es gelernt haben, jeden geflüsterten Laut zu verstehen.«
»Ich wollte doch nur sagen, dass es mir leidtut und dass ich so etwas nie mehr erwähnen werde.«
»Gut, denn meine Einstellung dazu bleibt dieselbe.«
»Und ich wollte Sie bitten, Roderick nichts davon zu sagen.«
Sir Quentin nickte. »Na schön. Wir tun einfach so, als wäre es nie geschehen. Fahren Sie nach Hause und versuchen Sie zu schlafen. Sie sehen furchtbar aus.«
Die letzte Bemerkung hatte Jane trotz allem so gekränkt, dass sie auf der Heimfahrt unentwegt daran gedacht hatte. Was albern und eitel gewesen war, wie sie jetzt erkannte.
»Aber am Montag kommst du doch wieder mit, oder?«, fragte sie ihren Mann.
»Selbstverständlich.«
»Gut. Denn da wird Quentin Owen Montignac in den Zeugenstand gerufen. AnschlieÃend wird Gareth sich verteidigen, und er muss sehen können, dass wir beide für ihn da sind. Wir dürfen ihn nicht enttäuschen.«
Roderick hörte ihr nur mit halbem Ohr zu. Er war zweiundfünfzig Jahre alt, dachte er, und hatte doch noch nie vor einer dermaÃen schweren Entscheidung gestanden. Er wusste nicht einmal, an wen er sich damit wenden konnte.
»Jane«, sagte er leise, »Jane, dir ist klar, dass es nicht gut aussieht, nicht wahr?«
Jane nickte und umschloss seine Hand noch fester. Sie wusste, dass jetzt nicht die Zeit war, hysterisch zu werden. »Ja. Jeden Tag im Gerichtssaal spüre ich es. Ich weià nur nicht, was ich tun kann, um ihm zu helfen. Ich bin seine Mutter, doch zum ersten Mal in meinem Leben fällt mir nicht ein, wie ich am besten vorgehen soll. WeiÃt du, woran ich immerzu denken muss?«
»Nein. Woran?«
Jane lachte leise auf. »An die vielen Monate, in denen ich mich darüber beklagt habe, dass der Junge morgens nicht aufsteht, dass er im Bett liegt, statt sich eine Arbeit zu suchen. Wie dumm mir das jetzt erscheint. Jetzt würde ich alles dafür geben, wenn er jeden Tag bis mittags im Bett liegen könnte.«
Rockerick lachte ebenfalls. Er fand es seltsam, dass das, was sie an ihrem Kind am meisten verdrossen hatte, in Zeiten der Gefahr plötzlich zu seiner liebenswertesten Eigenschaft werden konnte. Für eine Weile schwiegen sie. Jane verspürte eine innere Wärme und wünschte, dieser Moment würde nie vorübergehen, dass sie einfach für immer so bleiben und nie mehr verletzt werden könnten.
Zu guter Letzt fragte sie: »Was war das für eine Begegnung?«
»Welche?«
»Du hast gesagt, über Mittag hattest du in der Kanzlei eine unangenehme Begegnung. Was war denn los?«
Roderick seufzte schwer und dachte über seine Optionen nach. Er hatte vorgehabt, Jane nichts davon zu erzählen, doch jetzt stellte er fest, dass er es nicht für sich behalten konnte. Ganz gleich, wie er es drehte und wendete, er wusste nicht, wie er sich entscheiden sollte, und auch wenn er sich Janes Antwort denken konnte, beschloss er, sich ihr anzuvertrauen.
»Lord Keaton hat mir einen Besuch abgestattet.«
»Ach«, sagte sie, klang jedoch nicht sonderlich überrascht, »da hat er sich aber eine schöne Zeit ausgesucht. Er muss doch wissen, was wir gerade durchmachen.«
»Das weià er auch. Er ist trotzdem vorbeigekommen.«
»Ging es um den König?«
»Selbstredend.«
Jane entsann sich, dass es eines der vielen Themen war, die ihr einmal wichtig erschienen waren und die sie mittlerweile kaum noch interessierten. »Vielleicht solltest du dieses Komitee verlassen.«
»Du meinst â zurücktreten?«, fragte er verwundert.
»Ja. Angesichts unserer Sorgen kann man von dir wohl kaum erwarten, dass es dich kümmert, ob er diese hergelaufene Person heiratet oder nicht. Mein Gott, wie trivial das jetzt scheint.«
»Aber es ist nicht trivial«, erwiderte Roderick bestimmt. »Es ist alles andere als trivial. Es ist eine Sache, die von groÃem
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