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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Staatsinteresse ist. Schließlich geht es um den Thron und das Empire. So etwas macht Geschichte. Wie kann ich denn da einfach zurücktreten?«
    Jane zuckte mit den Schultern. Im Grunde berührte sie weder das eine noch das andere. »Ja, wahrscheinlich geht das nicht. Wenn du es schaffst, mach ruhig weiter.«
    Roderick holte tief Luft. »Um auf Keaton zurückzukommen. Er hat mich daran erinnert, dass das Ergebnis unserer Beratung durch den Premierminister an den König weitergeleitet wird, der daraufhin entweder auf die Dame oder den Thron verzichten muss. Zurzeit haben wir ein Unentschieden, also wird Hailshams Stimme den Ausschlag geben. Wir nehmen an, dass er sich zugunsten dieser Ehe entscheiden wird. Keaton hat mich gebeten, meine Meinung zu ändern und gegen den König zu votieren, was darauf hinauslaufen würde, dass er zwischen dieser Frau und dem Thron wählen muss. Wenn ich meine Meinung ändere, wird Keaton dafür sorgen, dass Gareth im Fall eines Schuldspruches mit einer leichten Gefängnisstrafe davonkommt, statt zum Tod verurteilt zu werden.«
    Janes Kopf an seinem Schenkel zuckte, als würde sie ein Kichern unterdrücken. Er nahm an, dass sie in Gedanken noch bei den Liebeswirren des Königs war und der Rest seiner Erklärung noch nicht zu ihr durchgedrungen war. Doch dann, nach einem Moment, der ihm wie eine Ewigkeit vorkam, schien sie die Ungeheuerlichkeit des letzten Satzes zu erfassen, richtete sich langsam auf und sah ihn an.
    Â»Was hast du gesagt?«, fragte sie leise.
    Â»Du hast es gehört.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich muss lediglich meine Meinung ändern.«
    Â»Keaton hat gesagt – er hat dir –« Sie wandte den Blick ab und furchte die Stirn, als koste es sie Mühe, den Zusammenhang zu erfassen. »Wie kann er denn so etwas behaupten?«
    Â»Weil er davon ausgeht, dass der König im Fall einer Entscheidung gegen seine Ehe auf den Thron verzichten und der Herzog von York sein Nachfolger werden wird. Wenn es so kommt, wird Keaton Lordkanzler werden. Baldwin hat er bereits in der Tasche oder vielleicht Baldwin auch ihn, keine Ahnung, jedenfalls wollen beide, dass der König geht. Er passt nicht zu der engstirnigen Sichtweise, die sie von der Zukunft Englands haben. Wenn er bleibt, fürchten sie, dass unser ganzes System zusammenbricht, also tun sie alles, um ihn loszuwerden. Es geht nur darum, wer die Macht hat, Jane. Und da Gareth dummerweise in Schwierigkeiten geraten ist, hat Keaton eine Möglichkeit gefunden, mich zu erpressen.«
    Jane starrte ihn an, als könnte sie das Gehörte nicht glauben. »Und er ist dazu in der Lage? Er kann den Richter beeinflussen?«
    Â»Das behauptet er jedenfalls. Und ich habe wohl keine andere Wahl, als ihm zu glauben.«
    Sie beugte sich zu ihm vor. »Dann tu es«, schnurrte sie.
    Er hielt ihren Blick fest. »Das kann ich nicht.«
    Â»Das kannst du nicht? Was soll das heißen, du kannst nicht?«
    Â»Jane, seit ich erwachsen bin, diene ich der Gerichtsbarkeit unseres Landes und habe nie gegen meine Integrität oder meine ethischen Grundsätze verstoßen. Nicht ein einziges Mal. Ich habe schwierige Entscheidungen getroffen, Entscheidungen, die zum Tod anderer Menschen geführt haben, und gelernt, mit ihnen zu leben. Ich bin sowohl meinem Herzen als auch dem Gesetz gefolgt. Ich kann mich nicht erpressen lassen.«
    Jane sprang auf. »Das Leben unseres Sohnes steht auf dem Spiel«, rief sie. »Und du willst einfach dasitzen und –«
    Â»Ich kann es nicht.«
    Â»Aber warum nicht? Herrgott noch mal, Roderick, was interessiert uns denn der König? Oder wen er heiratet. Oder wer sein Nachfolger wird. Lass doch die anderen entscheiden, wer auf dem Thron sitzen soll und wer ihn eines Tages erbt. Was geht uns das denn an?«
    Â»Ich kann meine Integrität nicht kompromittieren. Sie geht uns etwas an.«
    Â»Nicht das Geringste«, zischte Jane. »Dieser verdammte König ist erst seit ein paar Wochen im Amt. Auch er ist für uns ohne Bedeutung, und deshalb wirst du dich gegen ihn entscheiden.«
    Â»Ich kann es nicht tun«, antwortete Roderick und bereute es beinah, ihr überhaupt etwas von Keatons Besuch erzählt zu haben. »Und ich werde es nicht tun. Ganz gleich, was geschieht.«
    Jane studierte seine Miene. Roderick wandte den Blick ab, doch sie sah, dass sich seine Kinnpartie verhärtet hatte,

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