Das Vermächtnis der Montignacs
dass Sie mir eine auÃerordentlich hohe Summe schulden.«
»Relativ hoch.«
»Fünfzigtausend Pfund«, betonte Delfy und pfiff durch die Zähne. »Plus Wechselgeld.«
»So viel kann es nicht sein.«
»Möchten Sie die Zahlen sehen?« Delfys Leutseligkeit war wie weggefegt. »Sie werden feststellen, dass sie vollkommen akkurat sind.«
Montignac schüttelte den Kopf. Tatsächlich hatte er die Summe auf über sechzigtausend geschätzt, sodass er in gewisser Weise erleichtert war.
»Dann wäre da noch der Brief, den Sie mir geschrieben haben.« Delfy griff nach dem Umschlag, der zwischen den Seiten steckte. Behutsam, als ginge es um ein wichtiges Dokument, entnahm er ihm ein gefaltetes Blatt Papier. »Ein ganz auÃergewöhnliches Stück Prosa, wenn ich das mal so sagen darf.«
»Der Grund für diesen Brief â«, begann Montignac.
» Lieber Nicholas «, fiel Delfy ihm ins Wort und überflog die Zeilen, »den Anfang können wir überspringen â ach ja, hier â tut mir leid , dass ich mich nicht eher gemeldet habe  â tja, ich glaube, das hat uns beiden leidgetan.« Er sah auf und schmunzelte, als wäre das Ganze ein RiesenspaÃ. »Vor lauter Sorge habe ich nachts kaum noch ein Auge zugetan. Ich dachte, Sie hätten vielleicht das Weite gesucht.«
»Das würde ich niemals tun, Nicholas.«
» Aber vermutlich werde ich demnächst in der Lage sein, Ihnen die geschuldete Summe zu erstatten. Vor wenigen Tagen ist mein Onkel gestorben. Sobald der Nachlass geregelt ist, werde ich Ihnen einen Scheck über â der Tod eines geliebten Angehörigen ist zweifellos immer sehr traurig. Sie müssen tief erschüttert gewesen sein.«
»Kann ich es vielleicht mal erklären?«, sagte Montignac und musste sich zur Ruhe zwingen.
»Ich höre.« Delfy lehnte sich zurück. Was ihn betraf, konnte Montignac erklären, was er wollte, und sich sein eigenes Grab schaufeln. »Aber machen Sie es bitte spannend. Ich würde gern eine Geschichte hören über anfängliche Hoffnung, gefolgt von jäher Enttäuschung.«
»Man hatte mir zu verstehen gegeben â und zwar immer â, dass das Vermögen der Montignacs nach dem Tod meines Onkels an mich gehen wird.«
»Darf ich raten?«, fragte Delfy fröhlich. »Die Geschichte ist anders ausgegangen.«
»Nein. Nein, ist sie nicht. Ich kann das noch richten. Sie werden Ihr Geld bekommen. Machen Sie sich deswegen keine Gedanken.«
Delfy nickte langsam, wirkte nachdenklich und schwieg so lange, dass Montignac sich fragte, ob er vielleicht etwas sagen sollte. Allerdings schien es ihm keine gute Idee.
»Ich mache mir aber Gedanken«, erklärte Delfy schlieÃlich. »Denn vor zwei Monaten, kurz vor dem vorzeitigen Tod Ihres Onkels, hatte ich Sie zu mir gebeten, um über den ausstehenden Betrag zu sprechen, der damals etwa dreitausend Pfund niedriger als heute war. Inzwischen sind die Zinsen dazugekommen, hohe Zinsen, die ich fordern muss, um meine Betriebskosten zu decken. Sie erinnern sich doch noch an dieses Treffen, oder?«
»Ich erinnere mich«, sagte Montignac.
»An dem Tag erzählten Sie mir, Sie seien dazu vorgesehen, das Vermögen der Montignacs zu erben. Wenn mich nicht alles täuscht, war die Rede von einem Gesamtwert von weit über zwei Millionen Pfund.«
»Das ist der Schätzwert«, warf Montignac ein. »Das Vermögen besteht vor allem aus Liegenschaften, die nicht angetastet werden dürfen. Die Mieteinnahmen daraus bilden den Grundstock meines Einkommens. Hätten den Grundstock gebildet, meine ich.«
»Aha. Damals habe ich mich nach dem Gesundheitszustand Ihres Onkels erkundigt. Woraufhin Sie sagten, Ihr Onkel fühle sich einigermaÃen, doch das könne sich jederzeit ändern, schlieÃlich werde er nicht jünger.«
»Richtig.«
»Und deshalb blieb mir nichts anderes übrig, als Ihnen ein paar Dinge vor Augen zu halten â Dinge, zu denen Sie mich zwingen würden, falls Sie es versäumen, mir die geschuldete Summe zurückzuzahlen.«
»Ich weiÃ.«
»Und dann lese ich einige Wochen später die Zeitung und entdecke was? Einen Bericht auf der Titelseite, in dem steht, dass Peter Montignac im Schlaf gestorben ist. Auf seinem Landsitz. Plötzlich und unerwartet. Können Sie sich vorstellen, wie
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