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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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erscheinen.
    Aber welches Recht hatte er, einem jungen Mann vorzuschreiben, wie er sein Leben führen sollte? Da saß er hier in seinem eleganten Haus, umgeben von Luxus und den Insignien seines Erfolgs, und grübelte darüber nach, wie sein Sohn die Zeit vergeudete, während ein anderer Dreiundzwanzigjähriger sicherlich wach in seiner Gefängniszelle lag und nervös, oder vielmehr ängstlich, an den kommenden Tag dachte; denn in wenigen Stunden würde Richter Roderick Bentley seinen Platz im Gerichtssaal einnehmen und ihm mitteilen, ob er den Rest seines natürlichen Lebens auf Kosten seiner Majestät im Zuchthaus verbringen oder in einen speziellen Trakt verlegt würde, bis zu dem Tag seiner Exekution, sprich, Tod durch Erhängen.
    Hätte Roderick an dem Morgen gegen seine Grundregel verstoßen und The Times gelesen, wüsste er, dass dort beide Dreiundzwanzigjährige erwähnt worden waren, der eine auf der Titelseite, der andere auf indirekte Weise auf Seite sieben, wo es um Partys, Verlobungen und andere gesellschaftliche Ereignisse ging, die mit gequältem Humor und bemühten Wortspielen durchgehechelt wurden. Für seinen Blutdruck war es ein Glück, dass er weder das eine noch das andere sah.
    Als Roderick den Teekessel in der Küche pfeifen hörte, ging er nach unten. Er brauchte eine Tasse Tee, eine sehr starke Tasse Tee.

3
    Â»Das Problem ist, dass man irgendwann nicht mehr weiß, was man noch sagen soll. Es wirkt so unaufrichtig, immerzu die gleichen abgedroschenen Beileidsbekundungen von sich zu geben.« Das kam von Mrs Sharon Rice, einer Witwe, die drei Meilen östlich von Leyville mit ihrem Sohn lebte, einem erfolgreichen Bankier, dessen Ehefrau ihn unter skandalösen Umständen verlassen hatte.
    Â»Tja, meine Liebe, die Alternative wäre, ihn einfach zu ignorieren und so zu tun, als feierten wir hier nur eine ihrer Partys«, entgegnete Mrs Marjorie Redmond, ließ ihren Blick über die versammelten Gäste in ihrer strengen, dunklen Kleidung wandern und fragte sich, welchen Sinn es hatte, bei einer Beerdigung Schwarz zu tragen. Letzten Endes wurden die Menschen dadurch nur noch deprimierter, als sie es ohnehin schon waren.
    Â»Ich bezweifle stark, dass Owen Montignac hier in absehbarer Zeit Partys gibt. Vor Weihnachten rechne ich nicht damit, Leyville noch mal von innen zu sehen.«
    Â»Junge Leute halten sich nie an alte Sitten«, sagte Mrs Rice mit dem empörten Schnauben einer Frau, die weiß, dass die wildesten Tage hinter ihr liegen. »Er wird sich ja nicht einmal an die Partys erinnern, die hier stattgefunden haben. Damals, meine ich.«
    Â»Wissen wir denn überhaupt, ob Leyville jetzt tatsächlich ihm gehört?«, erkundigte sich Mrs Redmond, sah sich verstohlen um und senkte ihre Stimme. »Immerhin war er nur der Neffe. Von Rechts wegen wäre alles an Andrew gegangen, aber es ist ja auch denkbar, dass Stella jetzt die Nutznießerin ist.«
    Â»Die Montignacs haben ihr Geld immer nur männlichen Erben vermacht«, erwiderte Mrs Rice. »Und Peter Montignac war äußerst traditionsbewusst. Stella wird ihren Anteil bekommen, da bin ich mir sicher, trotzdem dürfte Owen nach der Verlesung des Testaments ein sehr wohlhabender Mann sein.«
    Â»Glauben Sie, dass er deshalb diese Lobrede gehalten hat?«
    Â»Da hätte ich am liebsten Beifall geklatscht, meine Liebe. Wenn man mich fragt, gibt es viel zu viele Menschen, die ihre Gefühle unterdrücken. Und nach allem, was Peter für diesen Jungen getan hat, dass er ihn trotz der Dinge, die sein Vater sich geleistet hat, aufgenommen hat, ist es doch ganz natürlich, dass er seinen Gefühlen Ausdruck verleihen wollte. Offen gestanden bewundere ich ihn dafür.«
    Die Männer am Billardtisch debattierten über ein ganz anderes Problem, während sie gegeneinander antraten und davon ausgingen, dass niemand sie stören würde. Einer von ihnen, ein junger Mann namens Alexander Keys, der mit Owen Montignac in Eton gewesen war, hatte den Gastgeber vor dem Spiel um Erlaubnis bitten wollen, denn ein Gefühl sagte ihm, andere könnten Billard an einem Trauertag verwerflich finden. Doch da Owen nirgends zu entdecken war, hatten sie einfach begonnen und sich auf kleine Einsätze geeinigt, nur so viel, um die Sache interessant zu halten.
    Â»Die Tür da sollte geschlossen bleiben«, riet einer.
    Â»Also

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