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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Brüder gewesen.
    Als die Brüder aufwuchsen, hatte ihr Vater William Montignac beide Söhnen geliebt, doch wie ein Monarch, der sowohl einen Erben als auch einen Ersatz gezeugt hat, hatte er den Großteil seiner Zeit und Zuneigung auf Henry konzentriert, der zweieinhalb Jahre älter als sein Bruder war, und Peter der Obhut seiner Mutter überlassen.
    Er zeigte Henry, wie man jagte und wie der Landbesitz verwaltet wurde. Henry wurde ermuntert, sämtliche Lieblingsbücher seines Vaters in der Bibliothek des Hauses zu lesen, und nahm schon in jungen Jahren an den Besprechungen seines Vaters mit den Anwälten und Verwaltern teil. Die Untergebenen der Montignacs wiederum wussten, dass sie sich dem mutmaßlichen Erben erbötig zeigen mussten, einem Jungen mit guter Auffassungsgabe, freundlichem Wesen und fröhlicher Natur. William wünschte sich zwar, dass Henry hart und unnachgiebig wurde, doch diese Eigenschaften waren dem Jungen nicht gegeben. Desgleichen hoffte er, sein Sohn würde sich im Sport auszeichnen, aber mehr als ein Mittelmaß brachte Henry dabei nicht zustande. Als er das Ende seiner Teenagerzeit erreichte, stellte William mit zunehmender Enttäuschung fest, dass dieser Sohn ihm weniger als erwartet nachgeschlagen war. Selbst sein Aussehen war enttäuschend, denn statt des dunklen Haars und der dunklen Augen der Montignacs hatte er den blassen Teint und das blonde Haar seiner Großeltern mütterlicherseits geerbt. Doch trotz all dieser Enttäuschungen glaubte William an Tradition, wusste, dass sein Sohn ehrenhaft war und sich, wenn die Zeit reif wäre, als würdiger Erbe erweisen würde.
    Doch die Ereignisse in Leyville machten ihm einen Strich durch die Rechnung.
    Im Frühjahr 1905 stellte die Vorgängerin von Margaret Richmond zwei französische Dienstmädchen ein. Eines von ihnen – Nathalie Reims – fiel Henry Montignac ins Auge. Wie er, so hatte auch sie dichtes blondes Haar und helle Augen, aber sie war scheu und schaffte es kaum, irgendeinen ihrer neuen englischen Herrschaft anzusehen, erst recht nicht den gut aussehenden jungen Sohn des Hauses, der sie unentwegt zu beobachten schien und jedes Mal wie aus dem Nichts auftauchte, wenn sie im Park spazieren ging.
    Im Laufe des Jahres, in dem sie sich heimlich trafen und unterhielten, verliebten sie sich ineinander, und Henry teilte seinen Eltern mit, dass sie heiraten wollten. Für die nächsten Monate herrschte im Haus Chaos, denn die beiden französischen Dienstmädchen wurden wieder in ihre Heimat im Süden von Paris geschickt und Henry erhielt Hausarrest. William Montignac, der nicht gewillt war, eine solche Ehe zu dulden, ging sogar so weit, seinen Sohn für drei Wochen in sein Zimmer einzuschließen und zu versuchen, ihn wieder zur Vernunft zu bringen. Als die Auseinandersetzungen der beiden zu guter Letzt gewalttätig wurden, wurde Henry aus Leyville verbannt. Daraufhin reiste er nach Frankreich und heiratete seine Liebste innerhalb weniger Tage.
    Als Nächstes wurde Henry enterbt, und Peter Montignac fand sich plötzlich in der Rolle des bevorzugten Sohns und Erben wieder.
    Owen Montignac sah die Sache folgendermaßen: Wäre sein Großvater nicht so vehement gegen diese Ehe gewesen, würden seine Eltern zum einen noch leben und wären zum anderen Herr und Herrin von Leyville geworden. Und nach dem Tod seines Vaters wäre Leyville an ihn übergegangen.
    Daher gehörten das Haus und das Vermögen von Rechts wegen ihm.
    Â»Habt ihr nicht immer dafür gesorgt, dass ich mich dort willkommen fühle«, wiederholte er leise, als wolle er die Worte selbst einmal testen, nur um zu hören, wie falsch und eigensüchtig sie klangen.
    Â»Sag nicht, dass es anders war«, verlangte Stella, die seine Gedanken nicht ahnen konnte. »Mein Vater hat uns immer klargemacht, dass du das gleiche Recht wie wir hast, dort zu sein.«
    Â»Wahrscheinlich aus Schuldgefühlen«, sagte Montignac.
    Stella zwang sich zur Ruhe. »Ganz gleich, was zwischen deinem Vater und unserem Großvater vorgefallen ist, es hat nichts mit uns zu tun. Wir sollten das nicht zwischen uns kommen lassen, nach – nach allem, war wir durchgemacht haben. Es ist auch gewiss nicht der Grund, weshalb mein Vater dir Leyville vorenthalten hat.«
    Â»Nein?«
    Â»Natürlich nicht«, sagte sie mit erhobener Stimme. »Wenn er etwas gegen dich gehabt hätte,

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