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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Montignac die dargebotene Hand und versuchte, sich zu erinnern, ob er diesen Mann in der Galerie schon einmal gesehen hatte, doch das Gesicht sagte ihm nicht das Geringste.
    Â»Mir ist nicht ganz klar, weshalb ich hier bin, Mr –«
    Â»Der Name ist Keaton. Nicht Mister«, sagte er schulterzuckend. »Aber belassen wir es für den Moment dabei. Heutzutage haltet ihr jungen Leute Titel vermutlich für einen Anachronismus.«
    Â»Mir scheint, im Allgemeinen verachten nur diejenigen Titel, die selbst keinen haben«, entgegnete Montignac.
    Â»Ich glaube, das ist eine sehr scharfsichtige Beobachtung«, lobte Keaton und ließ sich wieder hinter seinem Schreibtisch nieder. »Es tut mir leid, dass ich Ihnen nichts zu trinken anbieten kann. Ich fürchte, derartige Annehmlichkeiten haben wir hier nicht. Wären wir in meinem normalen Büro, könnte ich Ihnen einen recht ordentlichen Glenfiddich offerieren, aber ich wollte Sie ein wenig diskreter treffen. Ich habe sehr viel über Sie gehört, Mr Montignac.«
    Â»Dann ist es mehr, als ich über Sie gehört habe«, entgegnete Montignac und ließ sich Zeit damit, den Mann zu studieren. Er war schätzungsweise Mitte fünfzig, hatte sich lichtendes dunkles Haar, eine kräftige Kinnpartie und war tadellos gekleidet. Montignac registrierte die Manschettenknöpfe und erkannte sofort, dass sie mit Diamanten besetzt waren. Er nahm an, dass dieser Mann abends noch genauso makellos war wie am Morgen.
    Â»Ich versuche, mich über interessante Menschen auf dem Laufenden zu halten«, sagte Keaton. »Und genau so jemand scheinen Sie mir zu sein. Wenn ich sage, dass Sie Kunstgeschichte studiert haben, hätte ich recht, nicht wahr?«
    Â»Ja.«
    Â»War es nicht in Cambridge?«
    Â»Ja.«
    Â»Ich war selbst in Cambridge, vor vielen Jahren. Habe dort Jura studiert.«
    Â»Ach.«
    Â»Und jetzt führen Sie ein Galerie.«
    Â»Ja, seit vier Jahren.«
    Â»Und wie gefällt Ihnen das?«
    Â»Ganz gut«, antwortete Montignac mit unverbindlichem Schulterzucken. »Die Dame, der die Galerie gehört, lässt mir mehr oder weniger freie Hand.«
    Â»Haben Sie nicht vor Kurzem einen jungen Mann eingestellt? Einen Gareth Bentley?«
    Montignac zögerte, ehe er die Frage bejahte.
    Â»Gab es dazu einen besonderen Grund?«
    Â»Ich habe ein Auge für talentierte Menschen«, erwiderte Montignac. »Und mein Gespür sagt mir, dass Mr Bentley nützlich sein könnte.«
    Â»Und natürlich wissen Sie auch, wer sein Vater ist.«
    Â»Ja.«
    Keaton nickte bedächtig. »Der junge Bentley könnte sich als eine Ihrer weitsichtigeren Entdeckungen erweisen. Die Arbeit in der Galerie gefällt Ihnen also?«
    Â»Es gibt Schlimmeres.«
    Â»Das möchte ich meinen. Werden Sie für Ihre Dienste gut bezahlt?«
    Â»Das eher nicht«, gab Montignac zu, obwohl er sich nicht sicher war, ob er solche indiskreten Fragen überhaupt beantworten wollte. Dann sagte er sich, dass es vermutlich einen Grund für sie gab und es klug wäre, bei diesem Spiel mitzumachen, ganz gleich, um was es dabei ging.
    Â»Aber Sie arbeiten dort ja auch nicht, um Geld zu verdienen, oder?«
    Â»Jeder arbeitet, um Geld zu verdienen«, entgegnete Montignac verdutzt.
    Â»Einige tun es«, berichtigte Keaton. »Ich weiß nur nicht, ob Menschen wie Sie und ich zu ihnen gehören. Und dann gibt es natürlich noch solche, die mit einem großen Erbe rechnen. Sie arbeiten, um die Zeit totzuschlagen, während sie auf das Dahinscheiden des lieben Verwandten warten.«
    Â»Mag sein.«
    Â»Doch falls dieses Erbe ihnen auf unerwartete und grausame Weise entrissen wird, könnte der Gedanke, für den Rest ihres Lebens jeden Morgen aufzustehen und bis in die Abendstunden bei geringem Gehalt für einen anderen zu arbeiten, beginnen, an Anziehungskraft zu verlieren.«
    Montignac versteifte sich. Er zog es vor, Herr der Lage zu sein, und fand, dass ihm das in der Regel auch gelang, doch Keaton wusste eindeutig mehr über ihn, als ihm angenehm war.
    Â»Wer genau sind Sie, Mr Keaton?«, erkundigte er sich. »Woher wissen Sie so viel über mich?«
    Â»Ich bin nur ein Kunstkenner«, erwiderte Keaton schmunzelnd. »Darüber hinaus ist es mir möglich, anderen gleichgesinnten Kunstkennern von Zeit zu Zeit einen Dienst erweisen zu können.«
    Â»Und um welchen Dienst

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