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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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noch einmal einen Blick auf seinen geheimnisvollen Verfolger zu erhaschen. Im nächsten Moment jedoch war die Kutsche bereits die Straße hinab davongefahren, und schon wenige Augenblicke später wusste Quentin nicht mehr zu sagen, ob jener vermummte Mann ihn tatsächlich verfolgt hatte, oder ob er nicht eher ein Opfer seiner eigenen dunklen Gedanken geworden war.
    Er atmete auf, erleichtert und beschämt zugleich, und während er hinausblickte auf die weite, weitgehend unbebaute Fläche, die sich nördlich der Hauptstraße erstreckte, und dem Hämmern seines eigenen Pulsschlags lauschte, da wurde ihm klar, dass er solche Aufregung zuletzt an der Seite Sir Walters verspürt hatte, als sie gemeinsam auf der Suche nach dem Runenschwert gewesen waren. Er nahm sich vor, seinem Onkel einen Brief zu schreiben und ihm von dem zu berichten, was ihm …
    Der Gedanke riss wie ein spröder Faden.
    Quentin würde seinem Onkel keinen Brief schreiben, und sie würden sich auch nicht mehr über ihr gemeinsames Abenteuer unterhalten.
    Niemals wieder.
    In diesem Moment wurde Quentin in vollem Umfang bewusst, was geschehen war, und tiefe Trauer überkam ihn.
    Tränen schossen ihm in die Augen, ohne dass er etwas dagegen tun konnte, und er weinte hemmungslos.

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    10
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    Florenz
4. September 1784
    Serena war nicht gerne hier unten.
    Von allen Pflichten, die sie als Küchenhilfe zu versehen hatte, war ihr diese am meisten verhasst, denn die steile Treppe, der dunkle, nur von Kerzenschein beleuchtete Korridor, das Moos an den Wänden und der Geruch von Moder, der die klamme Luft durchsetzte – all das weckte Erinnerungen.
    An ihre Heimat.
    An einen dunklen Gang.
    Und eine dunkle und unheimliche Gestalt.
    Manchmal, wenn diese Erinnerungen sie überkamen, spürte sie das Gewicht noch einmal auf sich, die Berührung der fleischigen, vor Wollust bebenden Hände, und hörte den heiseren, stoßweisen Atem. Entsetzen packte sie dann, das sie nur wieder abschütteln konnte, wenn sie sich mit aller Macht darauf besann, dass all dies hinter ihr lag. Sie war jetzt eine andere, lebte ein anderes Leben, an einem anderen Ort.
    Auch jetzt drohte die Panik sie wieder zu überkommen, kroch in ihr hoch wie eine verdorbene Speise. Serena versuchte an andere, erfreulichere Dinge zu denken, und tatsächlich gelang es ihr, die Tür zum Vorratskeller zu erreichen, ohne von den Geistern der Vergangenheit eingeholt zu werden.
    Den Leuchter mit dem Talglicht in der einen, den großen Schlüssel in der anderen Hand, versuchte sie das rostige Schloss zu öffnen, das schließlich unter krächzendem Protest nachgab. Die Tür schwang auf, und im flackernden Schein der Kerze tauchten die Schätze auf, die hier unten gelagert waren: in tönernen Gefäßen aufbewahrtes Olivenöl und in hölzernen Fässern eingepökeltes Fleisch, vor allem aber Wein, von dem der Herzog viele, sehr viele Flaschen sein Eigen nannte.
    Serena hatte nie verstanden, was die hohen Herren und Damen am Rebensaft fanden und weswegen sie solches Gewese darum machten; Ginesepina hatte behauptet, dass einige der verstaubten und mit dunkler Flüssigkeit gefüllten Gefäße, die hier unten im Keller lagerten, ein Vermögen wert seien, weswegen sie auch immer wieder betonte, dass Serena eigentlich gar nicht würdig sei, sie aus dem Keller zu holen. Dass sich die dicke Köchin in letzter Zeit immer häufiger dazu durchrang, Serena dennoch hierherzuschicken, war wohl weniger ein Beweis ihres Vertrauens, wie sie behauptete, sondern eher ihrer eigenen Bequemlichkeit.
    Dass Serena den Keller hasste, dass er sie an Dinge erinnerte, die sie lieber vergessen hätte, behielt sie für sich. Hätte sie sich geweigert, in den Keller zu gehen, hätte Ginesepina ihr das nur als Faulheit ausgelegt und sie bei nächster Gelegenheit bei der Duchess angeschwärzt, und diese Genugtuung wollte Serena ihr nicht verschaffen. Sie biss also die Zähne zusammen, suchte die Wirrnis ihrer Gefühle zu beherrschen und holte aus den Regalen, was die Köchin ihr aufgegeben hatte: ein Gefäß mit in Öl eingelegten Artischocken sowie eine Flasche von dem Wein aus der Gegend um Bordeaux, die der Herzog offenbar sehr schätzte. Gerade hatte sie die Flasche aus dem Regal genommen, als hinter ihr ein dumpfes, unheimliches Gurgeln erklang.
    Serena musste lächeln.
    Das erste Mal, als sie allein hier unten gewesen war, hatte das Geräusch sie so erschreckt, dass sie beinahe eine Weinflasche hätte fallen lassen. Inzwischen wusste

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