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Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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Schicksals hatte den Kämpfer auf diese Weise gestraft? Konnten die Götter so unbarmherzig sein? Es war kein Wunder, dass Arton die Beherrschung verloren und die Kellerräume kurz und klein geschlagen hatte. Rai wäre es wahrscheinlich genauso ergangen, wenn ihm jemand eine solche Ungeheuerlichkeit über seine Abstammung offenbart hätte. Diesen dunklen Tyrannen zum Vater zu haben, das stellte eine so unerträgliche Last dar, dass es sich Rais Vorstellungskraft entzog. Mitleid erfüllte sein Herz, aber auch Furcht, denn zu welchen Gräueltaten wäre Arton als Nachkomme des Schreckens von Skardoskoin imstande?
    Doch es war immer noch Arton, machte sich Rai bewusst – der Freund, dem er so vieles zu verdanken hatte. Machte ihn seine Abstammung wirklich zu einem anderen Menschen? Ließ das Wissen um die wahre Identität von Artons Vater die heldenhaften Taten des jungen Kriegers auf einmal ungeschehen werden?
    Rai machte kehrt. Er durfte sich nicht von seiner Angst daran hindern lassen, für Arton da zu sein. Wenn dieser je einen Freund gebraucht hatte, dann jetzt. Es war nicht gerecht, ihn für die Frevel seines Erzeugers zu verurteilen. Solange der Kämpfer nicht durch sein eigenes Handeln Schuld auf sich lud, würde Rai ihm treu zur Seite stehen, ganz gleich, wie sehr Arton ihn auch durch sein bedrohliches Gehabe wegzustoßen versuchte. Manchmal schien es fast, als würde der Schwertmeister mit aller Macht versuchen, seinen Selbsthass zu rechtfertigen, indem er auch andere davon überzeugte, wie verachtenswert er doch sei. Kurzzeitig hatte dies auch bei Rai funktioniert, aber ihm war es gelungen, sich wieder den Menschen hinter der finsteren Fassade ins Gedächtnis zu rufen. Und diese Person war nicht böse, da war sich Rai sicher.
    Rai folgte eilig dem Gang, der ihn zurück zu Artons Quartier führte. Bei seiner überstürzten Flucht hatte der Tileter die Zimmertür offen gelassen, sodass nun das Licht aus dem Inneren des Raumes ein helles Rechteck in den Korridor zeichnete. Ansonsten herrschte Finsternis. Mitten in diesem erhellten Ausschnitt erkannte Rai plötzlich den Schatten einer Person, die sich in Artons Zimmer befinden musste. Zunächst dachte er, es wäre Arton selbst, doch der Schattenriss war viel zu zierlich. Konnte es ein Zarg sein? Vielleicht hatte er in einem dunklen Winkel des Ganges gewartet, bis Rai das Zimmer verließ, um dann die günstige Gelegenheit zu nutzen, Arton anzugreifen. Aber warum sollte ein Zarg das tun? Rai sah, wie die Gestalt einen Arm erhob. Der Umriss von etwas Länglichem, Spitzzulaufendem wurde sichtbar: ein Dolch! Rai begann, loszulaufen. Endlich erreichte er den offen stehenden Eingang – und erstarrte. Der Krieger stand, mit beiden Armen auf den Schreibtisch gestützt, vornübergebeugt, den Rücken zur Tür. Unbemerkt näherte sich ihm von hinten eine zerlumpte Gestalt. Ein langes Messer blitzte in ihrer Hand. Nur noch wenige Augenblicke, dann würde die Klinge in Artons Rücken fahren.
    Rai hielt sich nicht damit auf, eine Warnung zu rufen. Er sprang los und warf sich auf den Angreifer. Der Schwung seines Ansturms ließ beide nach vom stolpern, sodass sie an Arton vorbei gegen die Tischplatte prallten. Das Messer fiel dem Unbekannten aus der Hand und landete unmittelbar vor dem überraschten Krieger auf dem Schreibtisch. Rai riss seinen Gegner zur Seite und rang ihn zu Boden. Ohne große Schwierigkeiten setzte er sich auf dessen Brustkorb und fixierte die Arme des Besiegten mit seinen Knien.
    Erst als die Aufregung des Kampfes ein wenig nachzulassen begann, begriff Rai, dass er den Angreifer kannte. Es handelte sich weder um einen Zarg noch um irgendeinen namenlosen Attentäter aus der Stadt, sondern das knochige Gesicht und die angstgeweiteten Augen, die ihm daraus entgegenstarrten, gehörten eindeutig der Minenarbeiterin, die er und Arton vor noch nicht allzu langer Zeit aus Ulags Wohnhöhle befreit hatten. Es handelte sich um jene tapfere Frau, welche trotz oder gerade wegen der schrecklichen Qualen in der Gefangenschaft des haarigen Unholds die Erste gewesen war, die damals nach vorne trat, als es galt, Freiwillige zur Erstürmung des Wachturms am Mineneingang zu finden. Ausgerechnet sie trachtete nun nach dem Leben ihres Befreiers.
    »Bist du von Sinnen?«, schrie Rai außer sich vor Wut die unter ihm liegende Frau an. »Wir haben dich aus den Klauen von Ulag befreit und du dankst es uns mit einem feigen Mordanschlag auf Arton? Bist du von einem Geist der

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