Das Vermächtnis der Schwerter
den Eindruck, als wäre hier am Rande der Istaebene über Nacht eine Stadt aus dem Boden gewachsen, und doch würde an dieser Stelle schon am morgigen Tag nichts mehr zu sehen sein als eine ausgedehnte Fläche mit niedergedrücktem Gras. Denn die Ebbe ließ nicht mehr lange auf sich warten und dann würde Jorig Techel diesen Rebellen beweisen, wer der wahre Herr der Ostlande war.
»Techels Heer bricht die Zelte ab! Sie werden heute angreifen«, rief Eringar atemlos, als er in das große Beratungszelt gestürzt kam, welches inmitten der Ruinen der Grenzfestung Königswacht aufgestellt worden war. »Ich habe es von einem nahen Hügel aus selbst beobachten können!«
Die anderen Ecorimkämpfer mit Ausnahme von Arden waren um einen runden Tisch in der Mitte des Zelts versammelt und diskutierten anhand von einigen Landkarten über einen geeigneten Schlachtplan. Bei Eringars Eintreffen blickten alle auf.
»Gut gemacht, Eringar!«, lobte Meatril und deutete auf einen Plan unmittelbar vor sich. »Sie müssen warten, bis Ebbe ist, sonst können sie nicht genügend Truppen den Strand entlangführen. Es wird also noch ein paar Stunden dauern, bis sie hier sind. Demnach haben wir noch genug Zeit, uns vorzubereiten.«
»Wo ist denn Arden?«, erkundigte sich Eringar erstaunt. »Ist er immer noch nicht aus seinem Zelt gekommen?«
Meatril sah ein wenig betreten zu Boden, weshalb Daia an seiner Stelle antwortete: »Nein, unser zukünftiger König hat sich noch nicht blicken lassen heute Morgen.« Sie rümpfte unwillig die Nase. »Vielleicht schläft er noch.«
»Also, ich glaube nicht, dass Arden noch ruht«, widersprach Meatril eilig und warf seiner Verlobten einen tadelnden Blick zu. »Er wird noch einige Dinge zu erledigen haben, bevor er zu uns stößt. Wir können inzwischen ja schon die wichtigsten Vorbereitungen in Angriff nehmen. Targ, Deran, wie sieht es mit den Palisaden aus?«
»Die werden rechtzeitig fertig sein«, erklärte Targ. »Die Arbeiter schließen gerade noch das letzte Stück an der Nordseite, das Holz dafür ist heute Morgen eingetroffen.« Er blickte zu Tarana hinüber. »Ohne die Istanoit hätten wir das Baumaterial nie pünktlich hier gehabt. Diese Lastgäule waren Gold wert.«
Meatril nickte. »Richte deinem Volk unseren aufrichtigen Dank aus, Tarana. Wie geht es dir eigentlich? Bist du dir wirklich sicher, dass du kämpfen kannst?«
Tarana schenkte Meatril einen verächtlichen Blick. »Man sagt nicht umsonst, dass die Frauen der Istanoit ihre Kinder im Sattel und mit der Waffe in der Hand zur Welt bringen. Die Übelkeit ist weg, um alles andere brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Wo willst du denn jetzt unsere Reiterei einsetzen?« Sie blickte auf die Karte. »Viel Platz haben wir ja nicht für einen Sturmangriff.«
»Eigentlich würde ich die hundert Istanoitreiter auch lieber als schnelle Reserve zurückbehalten, um sie dann bei unvorhergesehenen Zwischenfällen einsetzen zu können«, antwortete Meatril. »Mein Vorschlag wäre deshalb, die neuen Fendländer Rekruten vor allem innerhalb und nahe bei der Festung zu belassen, von wo sie ununterbrochen Techels vorrückende Truppen mit Pfeilen beschießen sollen. Dank der Unterstützung aus Nordantheon verfügen wir über so viele Geschosse, dass wir wirklich nicht sparen brauchen.«
Targ und Deran grinsten. »Wenn wir schon keine Truppen zur Unterstützung aus unserer Heimat mitbringen konnten«, meinte Targ entschuldigend, »dann mussten wir doch wenigstens die Handelsbeziehungen des Hauses Soldarin ausnützen. Wozu ist denn eine ganze Flotte von Transportschiffen und Warenhäusern in jeder größeren Stadt gut, wenn man auf diesem Weg nicht auch unauffällig ein paar Waffen organisieren kann? Nachdem Fürst Feldak in der Gewalt von Jorig Techel geraten war, waren wir ohnehin froh, dass uns der Statthalter des Fürsten wenigstens diese Hilfestellung gewährte.«
»Und es war eine wertvolle Hilfe«, bestätigte Meatril anerkennend, »mehr als wir in Anbetracht der misslichen Lage des Fürsten Feldak erwarten konnten.« Meatril wandte sich wieder der Karte von Melessens Finger zu. »Die erfahrenen Fußtruppen der Stadtgarden müssen die Feinde am Strand aufhalten«, fuhr er mit der Entwicklung seiner Strategie fort, »damit Techels Männer auf diesem Weg die Burg nicht einfach umgehen. Gegen die feindliche Kavallerie haben wir die Standlanzen, die wir bei Ebbe am Strand platzieren. Wenn man das Ende der Lanze und die beiden Stützstangen ein
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