Das Vermächtnis der Schwerter
Bringt außerdem alle Kämpfer mit, die sie dort entbehren können. Wir müssen mit mindestens zweihundert Schwarzlanzern rechnen und diese Einheit ist nicht umsonst im ganzen Süden berüchtigt.«
Dann sah sie Eringar fest in die Augen. »Du musst mit der Städtermiliz alles daran setzen, die Angreifer ein wenig aufzuhalten, bis die Verstärkung aus der Festung kommt. Versuche nicht, ihnen direkt die Stirn zu bieten, sie werden euch einfach überrennen. Fallt ihnen in die Flanken, seht zu, dass ihr sie in die Seitenstraßen lockt, schlagt zu und verschwindet wieder. Es geht nur darum, Zeit zu gewinnen.«
»Ich werde Megas aufhalten«, versicherte Eringar, ohne zu überlegen. Seine Haltung verriet den furchtlosen Stolz, mit dem er dieser gefährlichen Aufgabe entgegensah.
»Gut. Dann los!« Shyrali verlor keine Zeit und machte sich augenblicklich auf den Weg hinab zum Hafen.
Rai hatte zwar noch nicht wirklich verarbeitet, was da für neues Unheil auf die Stadt Andobras zurollte, aber natürlich war ihm bewusst, dass er nicht zögern durfte. In der bevorstehenden Auseinandersetzung mit den Schwarzlanzern würden wirklich jeder Streiter und jede Klinge gebraucht werden. Er setzte sich in Bewegung, an seiner Seite lief Kawrin und hinter ihnen die beiden so gegensätzlichen Gruppen der Xeliten und Waldbewohner.
Shyrali fand die drei Ecorimkämpfer in der Nähe der Kaimauer. Der Katapultbeschuss hatte vor wenigen Augenblicken unvermittelt aufgehört, was ein sicheres Zeichen darstellte, dass ein Angriff von Megas’ Truppen kurz bevorstand. Meatril und die anderen spähten bereits unruhig aufs Meer hinaus, weil keiner von ihnen damit rechnete, dass die Attacke aus dem Landesinneren erfolgen könnte.
In knappen Worten wurden sie von Shyrali ins Bild gesetzt. Doch noch während sie redete, ließ sich Kampflärm aus dem oberen Teil der Stadt vernehmen. Sofort hasteten die vier los, aber die vielen Trümmer auf der Straße verhinderten ein schnelles Vorwärtskommen. Als sie endlich die letzten Häuserreihen erreicht hatten, war die Straßenschlacht dort schon in vollem Gange. Offenbar hatte Eringar Shyralis Rat beherzigt, denn es gab keine klaren Fronten, sondern in jeder Seitenstraße und sogar in einzelnen Häusern wurde gefochten.
An keinem dieser Scharmützel war mehr als eine Handvoll Kämpfer beteiligt. Trotzdem wirkte die große Zahl der Gegner erschreckend. Wie der Name schon vermuten ließ, trugen Megas’ Schwarzlanzer lange, geschwärzte Spieße. In der anderen Hand hielten sie ein großes, stachelbewehrtes Schild, das nach unten spitz zulief und ebenfalls völlig schwarz war. Vervollständigt wurde dieses düstere Erscheinungsbild durch die ebenfalls dunkle Lederrüstung, die den ganzen Körper mit Ausnahme des Schildarms und des Rückens schützte.
»Dort vorne ist Megas«, zischte Targ hasserfüllt, »er hat sich hinter seinen Mordgesellen verschanzt.«
Tatsächlich stand der neue Inselherr von Ho’Neb nur etwa zwanzig Schritt von ihnen entfernt mitten auf der Straße und beobachtete seelenruhig den Kampfverlauf, ohne selbst einzugreifen. Gut ein Dutzend seiner Leute hatte in zwei Reihen vor ihm Stellung bezogen und bildete eine undurchdringliche Wand aus Schilden und Speeren.
»Seht mal«, flüsterte Shyrali keuchend. Ihre Verwundung machte ihr nach dem anstrengenden Lauf durch die Stadt nun doch schwer zu schaffen. »Gleich neben Megas auf dem Hausdach, liegt da nicht Eringar?«
Sie folgten ihrem Blick und trauten ihren Augen kaum. Es war ohne Zweifel der junge Etecrari, der sich dort mit dem Schwert in der Hand flach auf eines der Hausdächer in Megas’ unmittelbarer Nähe drückte.
»Was macht er denn da bei allen Geistern der Zwischenwelt?«, entfuhr es Meatril. »Will er etwa Megas alleine angehen?«
In diesem Moment wurde auch der Herr von Ho’Neb seiner drei Erzfeinde auf der Straße vor ihm gewahr. Ein überhebliches Lächeln glitt über sein Gesicht.
»Seht nicht zu Eringar hinauf«, raunte ihnen Shyrali hinter vorgehaltener Hand zu, »sonst entdeckt er ihn!«
Eringar ging auf dem Dach in die Hocke und machte sich sprungbereit. Er schien nichts wahrzunehmen, außer dem Ziel seines Angriffs direkt unter ihm.
»Wir müssen Megas ablenken.« Meatril machte einen Schritt nach vorn. »Folgt mir!« Damit stürmten sie den Schwarzlanzern entgegen. Nur Shyrali blieb zurück, da sie sich kaum noch aufrecht halten konnte.
Im gleichen Augenblick sprang Eringar vom Dach. Der Etecrari traf von
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