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Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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wie möglich in die Stadt zurück. Ich werde euch alles dort erklären.« Mit diesen Worten lief sie los, als wäre sie frisch und unverletzt, sodass Rai und Kawrin Mühe hatten, Schritt zu halten.
    Als Andobras endlich zwischen den tief eingeschnittenen Felsen auftauchte, die die Straße säumten, bot sich ihnen ein Bild der Verwüstung. Kaum die Hälfte der Häuser der Stadt schien unversehrt geblieben zu sein. Trümmer anstelle von Gebäuden zogen sich den ganzen Hang hinauf und die Katapulttreffer erfolgten noch immer in so rascher Folge, dass Rai zuerst glaubte, das Schlagen einer riesigen Trommel zu vernehmen. Offenbar konzentrierte Megas’ Flotte den gesamten Beschuss auf die Stadt, während die Festung weitgehend verschont blieb. Von dort wurde jedoch ebenfalls ohne Unterlass zurückgeschossen und Rai konnte erkennen, dass von den gut hundert Schiffen, die sich fächerförmig vor Andobras’ Küste verteilt hatten, bereits einige erhebliche Schäden aufwiesen. Neben geknickten Masten, zerborstenen Aufbauten und riesigen Löchern im Deck gab es auch einen Segler, der lichterloh in Flammen stand. Aber Rai blieb keine Zeit, sich über diesen Erfolg zu freuen, der mithilfe der von ihm und Kawrin hergestellten Brandgeschosse erzielt worden war. Denn als sie kurz vor der ersten Seitenstraße waren, an deren Ende Ferrags ehemalige Zuflucht stand, traten ihnen plötzlich zahlreiche Bewaffnete in den Weg. Sie wurden angeführt von dem Etecrari, den Rai als Eringar kennen gelernt hatte.
    »Shyrali«, rief dieser überrascht, »wo kommst du denn her?« Dann erblickte er den Pfeil, der in ihrer Schulter steckte. »Bei den Göttern! Was ist passiert?«
    Ohne sich um Eringars Besorgnis zu kümmern, warf Shyrali einen prüfenden Blick auf die Städtermiliz, die hinter ihm aufgereiht war und offenbar in dieser am höchsten gelegenen Straße der Stadt Schutz vor dem Beschuss gesucht hatte. »Sind das alle?«, verlangte sie zu erfahren.
    Eringar warf einen irritierten Blick über die Schulter auf die knapp hundert Bewaffneten unter seinem Kommando. »Ja, leider. Viele sind bereits verwundet, einige sind geflohen, aber die mit ein wenig Ehre im Leib sind geblieben und wir haben uns hierher zurückgezogen. Die Einschläge kommen zwar immer näher, aber diesen Straßenzug haben sie noch nicht erreicht. Hier sind wir vorerst sicher.«
    »Das wird sich bald ändern«, erwiderte Shyrali ernst. »Es ist kein Wunder, dass die Flotte ihren Beschuss ausschließlich auf die Stadt konzentriert. Megas will alle hier verbliebenen Truppen vertreiben oder so stark schwächen, dass er mit seinen Soldaten ungehindert eindringen kann. Aber er versucht es nicht über den Hafen, sondern er wird auf dieser Straße aus dem Inselinneren anrücken. Er ist bereits mit seinen Schwarzlanzern hierher unterwegs.«
    Alle rissen entsetzt die Augen auf und ein Raunen ging durch die Reihen der Miliz.
    »Das ist vollkommen unmöglich«, protestierte Rai, »wie sollten die denn auf die Insel gekommen sein?«
    »Sie sind mit den Beibooten in eine kleine Bucht östlich von hier gefahren und haben mit Seilen und Wurfhaken die Felsen erklommen«, erklärte Shyrali hastig. »Die Brandung hat mindestens die Hälfte der Boote an den Felswänden zertrümmert und ich wette, ein gutes Drittel von Megas’ Truppen ist bei der Landung ertrunken, aber der Rest hat es geschafft. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, und weil ich es selber kaum fassen konnte, wie rücksichtslos Megas mit dem Leben seiner Soldaten umgeht, habe ich nicht aufgepasst und mir diesen Pfeil eingefangen.«
    »A-a-a-ber …«, stotterte Rai fassungslos, »aber es hat doch immer geheißen, Megas würde es nicht riskieren, einen Gutteil seiner Flotte zu verlieren! Und jetzt schickt er, ohne mit der Wimper zu zucken, jeden dritten seiner Leute in den Tod?«
    »Seine Schiffe sind es, die er nicht in großer Zahl aufs Spiel setzen will«, antwortete Shyrali nüchtern, »ein Menschenleben bedeutet ihm dagegen gar nichts.«
    »Megas führt die Schwarzlanzer selbst an?«, wollte Eringar wissen. Sein Gesicht verriet äußerste Anspannung.
    Shyrali nickte. »Wo sind Meatril und die anderen?«
    »Am Hafen«, gab Eringar zurück. Er wirkte abwesend.
    »Gut«, sagte Shyrali entschlossen, »hört zu. Ich werde versuchen, die Ecorimkämpfer in diesem Chaos da unten zu finden.« Sie wandte sich an Rai und Kawrin. »Ihr bringt eure Truppe so schnell wie möglich zur Festung, bewaffnet sie und kehrt umgehend zurück.

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