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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Marie gekannt und geliebt hatten, versuchten ihn aufzumuntern, doch selbst Trudi gelang es nur hie und da einmal für wenige Augenblicke. Die Kleine vermisste ihre Mutter wohl am meisten, doch niemand konnte sie von Maries Tod überzeugen. Auch jetzt stampfte sie wieder mit ihren stämmigen Beinen auf den Boden und starrte Anni böse an. »Meine Mama wird zurückkommen, das weiß ich! Den bösen Böhmen ist sie ja auch weggelaufen.«
    Die Tschechin seufzte. Wie gerne hätte sie den Glauben des Kindes geteilt, zumal sie sich mitschuldig an Maries Schicksal fühlte. Hätte sie nicht bei Mariele in der anderen Kammer geschlafen, sondern bei der Herrin, wäre sie wach geworden, als Marie aufstand und ihren verhängnisvollen Weg zum Rhein antrat.
    Sie zog Trudi an sich. »Wir lieben dich doch so sehr, Kleines, und werden alles tun, damit du den Verlust deiner Mutter nicht so spürst.«
    »Mama ist nicht verloren!« Trudi unterstrich ihre Worte mit einem Schlag in Annis Gesicht.
    Damit kam sie aber bei der schwarzen Eva, die neben ihnen stand, an die Falsche. Die alte Frau war zwar nicht mehr so hager wie früher, glich in ihrer schwarzen Kleidung aber immer noch einem Raben. Wie Marie hatte sie jenen langen, harten Kriegszug gegen die Hussiten als Marketenderin mitgemacht und vermisste sie vielleicht noch mehr als die anderen, denn mit ihr hatte sie immer offen reden können. Während Marie bei den Hussiten gefangen gewesen war, hatte sie sich Trudis angenommen und ihr einen harten Winter lang die Mutter ersetzt. Anders als ihre Freundin Theres, die die Kleine vergöttert hatte, war sie damals wie heute nicht bereit, der Kleinen alles durchgehen zu lassen.
    Sie packte das Mädchen und gab ihm einen festen Klaps auf denPo. »Das ist dafür, dass du Anni geschlagen hast. Das darf man nämlich nicht.«
    Anni strich sich die Tränen aus dem Gesicht. »Es ist schon gut, Eva! Trudi meint es nicht böse.«
    »Ich meine es aber böse!« Trudi zeigte deutlich, dass sie eher weitere Schläge hinnehmen als von ihrer Überzeugung abweichen würde.
    »Herr Michel wird aufpassen müssen. Die Kleine zeigt bereits jetzt jene Halsstarrigkeit, die wir bei Marie kennen gelernt haben.« Evas Blick flog zum Söller hoch, auf dem Michel saß und nichts von dem wahrnahm, was unter ihm im Hof vorging.
    »Schade, dass er Ritter Heinrichs Angebot nicht angenommen hat, mit diesem nach Nürnberg zu reisen. Das hätte ihn abgelenkt. Hier ist er doch zu nichts nütze. Alles, was notwendig war, hat Junker Ingold in die Wege geleitet.« Annis Blick flog zu dem jungen Ritter, der weiter vorne Knechte beaufsichtigte, die mit Ausbesserungsarbeiten am Stall beschäftigt waren.
    »Ohne den Junker würde es hier schlimm aussehen.« Evas Stimme drückte Anerkennung aus, aber keine Wärme.
    Obwohl Ingold von Dieboldsheim nicht von Natur aus hochmütig war, behandelte er die ehemalige Marketenderin wie eine Magd und nicht als Vertraute der toten Herrin. Auch Anni übersah er zumeist, doch im Gegensatz zur schwarzen Eva scherte diese sich nicht darum, sondern erledigte ihre Arbeit, ohne den Ritter mehr als notwendig zu beachten. Die Einzige, die ein Aufhebens um Junker Ingold machte, war Mariele.
    Das gute Leben auf der Burg hatte das Mädchen pummelig werden lassen, so dass es noch kindhafter wirkte als vorher. Daher wurde es von den Männern auf der Burg ebenso übersehen wie die noch jüngere Spülmagd. Das hielt Mariele nicht davon ab, den jungen Ritter in einer Weise anzuschwärmen, die weder Eva noch Anni gefiel. Die beiden machten sich Sorgen, dass Hiltruds Tochter auf diese Weise über kurz oder lang auf dem Heustockoder gar im Bett des Junkers ihre Unschuld verlieren würde, ohne die geringste Gegenleistung zu erhalten. Vor diesem Schicksal hätten sie das Mädchen gerne bewahrt, doch sie fanden keinen Weg, das vernarrte Ding zur Vernunft zu bringen.
    »Wäre Michi doch endlich hier! Der würde sowohl seiner Schwester wie auch Herrn Michel den Kopf zurechtsetzen.« Eva seufzte, weil der Bursche sich bis jetzt noch nicht auf Kibitzstein hatte blicken lassen, obwohl er seit dem Ende des Winters erwartet wurde.
    »Ihm wird doch nichts passiert sein?«, überlegte sie besorgt.
    Anni schüttelte den Kopf, dass ihre Haare stoben. »Michi bestimmt nicht! Der weiß sich immer zu helfen. Wahrscheinlich fällt es ihm schwer, die Eltern und seine anderen Geschwister zu verlassen, denn er hat sie ja lange nicht gesehen.«
    »Ja, aber hier würden wir ihn dringender

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