Das Vermächtnis der Wanderhure
einen Blick, mit dem ein Adler das Kaninchen betrachtet, welches er schlagen will, und entblößte die Zähne zu einem freudlosen Grinsen. »Sieh gut zu, mein Bruder, wie ich diejenigen bestrafen lasse, die meinem Sohn übel wollen.
Beim letzten Mal warst du leider nicht dabei.«
»Beim letzten Mal?«, fragte Marie Wassilissa entgeistert.
Die Russin nickte mit düsterer Miene. »Er meint die erste Amme des Thronfolgers, deine Vorgängerin. Sie hat versucht, ihre Brustwarzen mit Gift einzuschmieren, um das Kind zu töten. Darja hat es durch Zufall gesehen und den Mord verhindert. Nun wird sie den gleichen Tod sterben.«
Marie spürte ein nervöses Kribbeln im Nacken. »Wie wird man sie hinrichten?«
»Das wirst du gleich sehen!«
Mehr konnte sie nicht sagen, denn der Fürst befahl den Tataren, mit der Bestrafung zu beginnen. Bis zu diesem Augenblick hatten die Männer unbeirrt weitergewürfelt und gezecht. Nun sprangen sie auf, und Marie konnte jetzt erkennen, dass sie statt der Lederkleidung und der Rüstungen, ohne die sie sich sonst kaum außerhalb ihrer Unterkünfte sehen ließen, nur Hosen und eng am Körper liegende Jacken trugen. Jeder von ihnen nahm sich eine Hetzpeitsche, dann stellten sie sich im Kreis auf.
Wassilissas Finger deutete auf ein am Boden liegendes Bündel, und erst als Marie genauer hinsah, erkannte sie Darja, die wie ein Paket verschnürt und geknebelt war. Einer der Tataren trat jetzt auf sie zu und nahm ihr den Knebel ab. Die Frau jammerte vor sich hin, rührte sich aber auch nicht, als er die Fesseln löste. In dem Augenblick jedoch, in dem er zurücktrat, schnellte sie hoch und versuchte, nach seinem Dolch zu greifen. Der Krieger wich ihren Händen fast spielerisch aus, packte sie und drehte sie so, dass sie mit dem Rücken zu ihm stand. Dann riss er ihr das Kleid vom Leib.
Darja war eine noch junge Frau mit kleinen, festen Brüsten und schmalen Schenkeln, die von einem dunkelblonden Dreieck gekrönt wurden. Früher hatte sie als hübsch gegolten, doch jetzt glich ihr blutig geschlagenes Gesicht mit den aufgeschwollenen Lippen einer grotesken Fratze. Sie wirkte wie in Trance, wand sich jedoch im Griff des Tataren, der nun sein Glied aus der Hose holte, sie zu Boden warf und in eine Stellung brachte, in der er sie nehmen konnte wie ein Hengst die Stute. Da die Frau alles stumm über sich ergehen ließ, riss der Tatar ihr die Arme nach hinten und drehte so heftig daran, dass ihre Gelenke hörbar knirschten.
Nun brüllte Darja ihren Schmerz heraus und erntete grölendesGelächter. Der Mann über ihr bewegte noch ein- oder zweimal die Hüften und ließ die Frau dann los. Sie rollte sich zusammen und jammerte vor Angst und Scham, und als der nächste Tatar auf sie zukam, versuchte sie, von ihm fortzukriechen.
Der Mann schlug mit der Peitsche auf sie ein, bis sie sich aufbäumte, dann packte er sie und vergewaltigte sie auf die gleiche Weise wie sein Vorgänger. Auch ihm schien sein Opfer nicht laut genug zu schreien, denn er versetzte ihr ein paar Hiebe mit dem Knauf seiner Peitsche und zielte dabei auf ihren Kopf.
Das widerwärtige Schauspiel dauerte wohl über eine Stunde. Kaum war ein Tatar mit der Magd fertig, stürzte sich der nächste auf Darja, quälte sie und benutzte sie geradezu bestialisch. Als der letzte der zwanzig Krieger fertig war, nahm wieder der erste dessen Platz ein. Längst hatte die Magd jede Beherrschung verloren und brüllte und kreischte, dass den Umstehenden die Ohren gellten. Marie hatte in ihrem Leben schon viel erlebt, doch jetzt fühlte sie sich am Rande einer Ohnmacht. Zwar hielt sie ihren Blick nun starr auf das Stalldach gerichtet, um diese Scheußlichkeiten nicht weiter mit ansehen zu müssen, doch Darjas Schreie ließen Bilder in ihrem Kopf entstehen, die noch schlimmer sein mochten als die Wirklichkeit.
»Bei Gott, wie entsetzlich! Hätte ich das gewusst, hätte ich ihr einen schnellen Tod verschafft«, flüsterte sie Wassilissa erschüttert zu.
Die alte Kräuterfrau schnaubte. »Sei nicht so weich, Frau aus dem Westen. Das Weib da erleidet nur das Schicksal, das es dir zugedacht hat.«
Das war Marie klar, aber dennoch hinderte diese Erkenntnis sie nicht, die Verurteilte zu bedauern. Die Tataren machten sich einen Spaß daraus, Darja auf alle möglichen Arten Schmerzen zuzufügen, und als die Frau nicht mehr stehen konnte, zerrten sie sie wie einen Sack Lumpen herum und dachten sich immer neue, für ihr Opfer qualvolle Stellungen aus.Marie musste
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