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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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den dein Onkel ihnen spendiert hat«, erklärte einer der Knechte.
    »Lawrenti hat den Tataren Branntwein spendiert? So viel Großzügigkeit sieht ihm gar nicht ähnlich. Wo ist er eigentlich abgeblieben? Seht zu, dass ihr ihn findet. Weckt jeden auf, der in der Lage ist, auf seinen eigenen Beinen zu stehen. Schüttet notfalls Wasser über die Kerle, damit sie wach werden. Dies gilt auch für die Tataren.«
    »Wie du befiehlst, Herr.« Die Knechte nickten zustimmend, doch die Blicke, die sie einander zuwarfen, hätten einem aufmerksameren Beobachter als Andrej verraten, dass sie wenig Lust hatten, ihre Haut zu riskieren. Die hohen Herren waren gleich mit Stock und Peitsche bei der Hand, wenn man sie allzu energisch weckte, und bei den Tataren konnte man diesen Versuch mit dem Leben bezahlen.
    Die Männer liefen aus dem Saal, als wollten sie die Anweisungen ausführen, draußen aber suchten sie versteckte Winkel auf, in der Hoffnung, ungeschoren davonzukommen, ganz gleich, wer sich draußen in der Stadt stritt. An einen Feind von außen dachte niemand, auch Andrej nicht, der viel zu erregt war, um einen klaren Gedanken fassen zu können. Da er nicht wusste, was er von dem Ganzen halten sollte, eilte er in seine Kammer, um seine Rüstung anzulegen und sein Schwert zu holen.
    Marie wollte die Gelegenheit nützen, wieder in den Terem zurückzukehren und sicherheitshalber alles an sich zu nehmen, was für eine Flucht notwendig war. Wenn wirklich ein fremdes Heer in die Stadt eingedrungen war, mussten Alika und sie dieVerwirrung nutzen, um nicht den Feinden in die Hände zu fallen. Auf dem Weg zum Tor kam ihr Anastasia entgegen.
    Sie hatte sich nur ihren Pelzmantel über das Nachtgewand gezogen und zwei verschiedene Pelzstiefel an.
    »Was ist passiert? Was bedeutet dieser Tumult? Ich habe gerufen und gerufen, aber außer deinen beiden Mägden ist niemand erschienen, auch meine Leibmagd nicht!«
    Marie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, Herrin. Andrej Grigorijewitsch hat einen Knecht in die Stadt geschickt, um es herauszufinden.
    »Was ist mit meinem Gemahl?«
    »Er schläft.«
    »Er ist also wieder einmal stockbetrunken.« Anastasias Gesicht verzog sich zu einer angewiderten Grimasse, denn sie hatte in letzter Zeit immer häufiger erlebt, dass ihr Gemahl nach dem Genuss dieses ausländischen Branntweins nicht mehr in der Lage war, auf den eigenen Beinen zu stehen. Es wunderte sie nur, Andrej scheinbar nüchtern auf sich zukommen zu sehen, denn der war immer einer der eifrigsten Zechgenossen ihres Mannes gewesen. Jetzt steckte der junge Edelmann in seiner Rüstung und hielt das Schwert in der Faust, als erwarte er jeden Augenblick, Feinde auftauchen zu sehen.
    »Ist alles bereit?«, fragte Andrej einen Knecht, der draußen vorbeihuschen wollte. Der Bursche nickte wider besseres Wissen und verschwand wieder.
    »Was ist geschehen, Andrej Grigorijewitsch?« Die Fürstin zog den Mantel enger um sich, als suche sie Schutz.
    »Ich kann es noch nicht sagen, Herrin. Wahrscheinlich werde ich selbst in die Stadt gehen müssen, um es zu erfahren.« Er verbeugte sich knapp und wollte weitergehen, als der Knecht wieder auftauchte, den er weggeschickt hatte.
    Der Bursche zitterte am ganzen Körper, allerdings weniger aus Angst, sondern weil er sich nicht die Zeit genommen hatte, einenMantel und feste Stiefel anzuziehen. »Feinde, Herr! Sehr viele Feinde, und sie kommen genau auf den Palast zu.«
    »Wie konnten sie das Stadttor gewinnen? Es hat doch keinerlei Alarm gegeben.« Andrej fragte den Mann nach Einzelheiten aus, und was er vernahm, versetzte ihn in Panik. Da kam kein kleiner Kriegshaufen, der in der Stadt plündern und vor den Toren des Kremls Halt machen würde.
    »Da ist Verrat im Spiel! Die Kerle wollen wahrscheinlich nichts weniger, als Worosansk in ihre Hand bekommen. Verflucht seien Dimitri und seine Speichellecker, die es dazu haben kommen lassen!« Andrej schüttelte sich trotz der Rüstung und wandte sich an Anastasia.
    »Uns bleibt nur die Flucht, Herrin. Lauf hinüber und kleide dich warm an. Nimm an Schmuck und Gold mit, was du findest. Marija, hilf der Fürstin! Und du Hund«, sein Blick suchte den Knecht, »sorgst dafür, dass die besten Pferde im Stall gesattelt werden. Außerdem schickst du ein paar Knechte in die Halle, die Dimitri Michailowitsch zu den Ställen bringen sollen. Notfalls müssen sie ihn wie einen Sack auf sein Pferd binden. Wenn er morgen aus seinem Rausch erwacht und erfährt, dass

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