Das Vermächtnis der Wanderhure
andere ist für mich!« Er sah sich herausfordernd um, raffte noch zwei Becher an sich und lachte wie über einen guten Spaß. »Worauf wartet ihr noch? Gebt unseremhohen Herrn und dem Vertreter Gottes in Worosansk ihren Anteil und mir den meinen!« Dabei streckte er die freie Hand nach dem letzten Branntweinfass aus.
Wären die anderen nüchtern gewesen, hätten sie begriffen, dass kein Mensch auf der Welt den Inhalt des Fässchens allein austrinken konnte. In ihrem Rausch hielten sie jedoch alles für möglich und scharten sich so schnell um den Branntwein, als müssten sie ihn mit ihrem Leben verteidigen.
Einer von ihnen baute sich schwankend vor Andrej auf. »So geht das nicht, Grigorijewitsch. Du kannst uns doch nicht alles wegtrinken. Wir wollen auch noch etwas haben!«
»Genau! Das Fass ist für alle da und nicht allein für Andrej. Dimitri Michailowitsch, das darfst du nicht zulassen.« Der letzte Aufschrei galt dem Fürsten. Dieser musterte Andrej grimmig, dann befahl er, das Fass zu ihm zu bringen.
»Du maßt dir zu viel an, Andrej Grigorijewitsch. Dies ist meine Halle und das Fass gehört ebenfalls mir. In meiner Güte erlaube ich dir und den anderen, davon zu trinken. Aber ich kann nicht zulassen, dass du es für dich forderst!«
»Genauso ist es, mein Herr!«, rief einer der Männer erleichtert. Die anderen Höflinge stimmten ihm wortreich zu und priesen die Weitsicht des Fürsten, der das freche Ansinnen Andrejs zurückgewiesen hatte.
Pantelej entschloss sich, dem bösen Spiel ein Ende zu bereiten, und hob die Hand, um die Aufmerksamkeit des Fürsten auf sich zu ziehen. »Dimitri Michailowitsch, ich schlage vor, dass wir diesen frechen Burschen für heute mit dem Ausschluss aus unserer frohen Runde bestrafen und ihn in seine Kammer schicken, wo er mit Wasser vorlieb nehmen muss.«
»Genau! Das ist die rechte Strafe. Andrej soll Wasser saufen! Lasst einen Eimer holen, damit er seine zehn Becher bekommt.« Dieser Vorschlag eines Höflings war nicht gerade nach Andrejs Geschmack, aber zehn Becher Wasser würde er eher überstehenals die gleiche Menge Branntwein. Da er weiterhin ein Schauspiel liefern musste, schimpfte er wie ein Rohrspatz und drohte dem Mann, der mit dem Eimer auf ihn zukam, ihm den Inhalt an den Kopf zu schütten.
»Trink, Andrej!«, forderte Dimitri ihn auf. »Das ist mein Befehl.«
Jetzt gab Andrej sich scheinbar geschlagen. Er seufzte, nahm den Becher Wasser, den man ihn reichte, und trank Dimitri zu.
»Möge dein Becher stets so voll sein, wie der meine es jetzt ist, mein Herr!« Dann setzte er das Gefäß an und trank es leer. An heißen Tagen im Sommer hatte er frisches Wasser stets als eine Gnade Gottes empfunden. Jetzt war es Winter und im Eimer schwammen Eisstücke. Aber auch wenn Andrejs Zähne bei der Berührung mit dem kalten Nass bis in den Kiefer schmerzten, trank er wacker den nächsten Becher aus und noch einen weiteren. Seine Hoffnung, mit den drei davonzukommen, erfüllte sich jedoch nicht, denn ausgerechnet die Kerle, die er für seine besten Freunde gehalten hatte, überredeten den Fürsten, ihn nicht eher aufzuhören zu lassen, als bis der zehnte Becher geleert war.
Schließlich war Andrejs Bauch zum Platzen gefüllt, und er wagte kaum mehr zu atmen, aus Angst, die Flüssigkeit wieder von sich geben zu müssen. Auch tränten ihm die Augen, als wolle sein Körper einen Teil des Wassers auf diese Weise loswerden. Um kein weiteres Schauspiel liefern zu müssen, drehte er sich um und wankte zur Tür, ohne sich vor dem Fürsten zu verbeugen, aus Angst, ihm könnte das Wasser dabei aus Mund und Ohren rinnen.
»Ich bringe den Sünder in sein Quartier!« Pantelej fasste Andrej unter und führte ihn wie einen Betrunkenen hinaus, während sich die Höflinge schier vor Lachen ausschütten wollten und auf die Schenkel klopften.
»Bei Gott, war das ein köstlicher Spaß!«, hörte der Pope den Fürsten noch rufen, dann schloss ein Knecht die Tür hinter ihnen, und er war mit Andrej allein.
»Manchmal frage ich mich, ob dein Onkel Lawrenti nicht Recht hat, wenn er den Fürsten insgeheim heftig tadelt. So wie Dimitri sollte sich kein Herrscher aufführen.« Pantelej schnaubte ärgerlich, sah sich dann aber erschrocken um, ob ihn irgendjemand gehört hatte. Zu seinem Glück war der Knecht, der die Tür bewachte, weit genug entfernt.
Während der Pope erleichtert aufatmete, blickte Andrej ihn erstaunt an. »Mein Onkel tadelt den Fürsten? Davon weiß ich ja gar
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