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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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schwamm.
    Vier Tage verbrachten sie in drangvoller Enge auf dem Schiff, dasnachts in der Nähe kleinerer Ortschaften am Ostufer anlegte. Man erlaubte den Sklaven nicht, an Land zu gehen, sondern zwang sie, dort zu schlafen, wo sie saßen oder hockten. Als Nahrung erhielten sie die Kost, die ein Knecht den Einheimischen abhandelte und die bei vielen der jüngeren Sklaven Bauchgrimmen und Durchfall verursachte. Der Kaufmann überließ es seinen Knechten, für Sauberkeit und Ruhe auf dem Schiff zu sorgen, und zog es vor, in den Herbergen zu übernachten, die ebenso wie die Katen der Fischer aus rohen Holzstämmen zusammengefügt waren.
    Gleich den anderen Sklaven hatten Marie und Alika die Umgebung zunächst noch neugierig bestaunt und sich trotz aller Unbequemlichkeit gefreut, der Dunkelheit und dem Gestank an Bord des Holländers ebenso entkommen zu sein wie der quälenden Eintönigkeit. Doch allmählich wurden ihre Augen des beinahe wie geschmolzenes Blei daliegenden Sees und des gleichförmig flachen Ufers müde, und sie sehnten das Ende dieser Reise herbei, ganz gleich, was danach auf sie warten mochte.
    Am Nachmittag des vierten Tages tauchte das östliche Ufer des Sees aus dem Dunst auf und kurz darauf auch das westliche. Die beiden trafen jedoch nicht aufeinander, sondern bildeten die Mündung eines Flusses, in den der Segler einbog. Auch hier war die Strömung so schwach, dass das Segel ausreichte, um das Schiff vorwärts zu treiben, und im letzten Sonnenlicht erreichten sie eine Stadt, gegen die Narwa wie ein Marktflecken wirkte.
    Eine weiß gekalkte Mauer schlang sich um den Ort und verbarg seine Gebäude bis auf die Türme der Kirchen, die zumeist aus Holz errichtet waren und farbige Kuppeln trugen. Seufzend fragte Marie sich, ob sie hier wohl auch gezwungen sein würde, auf eine fremde Art und Weise zu Gott zu beten wie damals bei den Hussiten. Dort hatte sie nur überleben können, indem sie die fremden Sitten nachahmte und gegen die Regeln der heiligen katholischen Kirche verstieß. Während sie die Erinnerungen anjene Gefangenschaft zurückdrängte, steuerte der Prahm den Hafen an, in dem schon eine Menge anderer Boote lagen. Gebäude aller Größen, die ausnahmslos aus Holz errichtet waren, reihten sich am Ufer auf, und aus etlichen der kleineren Häuser drang das Gelächter betrunkener Männer. Gelegentlich hörte man auch schrill auflachende und kreischende Frauenstimmen.
    Als sie von Bord stieg, spürte sie, wie ihr auf dem festen Boden die Knie zitterten. Sie hatte kaum die Kraft, den Knechten zu folgen, die die Sklaven zu einem Schuppen führten und dort einsperrten. Später brachten die gleichen Knechte Eimer voll Wasser und für jeden ein hartes Stück Gerstenbrot und eine dicke Suppe aus Gemüse und Fisch. Es war das erste Essen seit langem, das Marie halbwegs schmeckte, denn die Fischeinlage hatte der See geliefert und nicht das Meer mit seinen schier unendlichen Heringsschwärmen.
    Nach einer ereignislosen Nacht wurden sie durch andere Knechte geweckt, die mit flatternden Hosen, weiten Hemden und klobigen Holzschuhen bekleidet waren. Diese schleppten einen großen Bottich in den Schuppen und füllten ihn mit Wasser.
    Einer der Bediensteten des Kaufherrn begleitete sie und zeigte mit seinem Stock auf den Bottich. »Ihr werdet euch jetzt waschen, Gesindel! Und wehe, ihr geht nicht ordentlich mit Seife und Bürste um. Für jeden Schmutzrand setzt es Prügel!«
    Die Sklaven begriffen rasch, was er meinte, denn er unterstrich seine Worte mit Schlägen, die er vorzugsweise den älteren Mädchen versetzte. Auch Marie bekam einen Hieb übergezogen, der ihr die Tränen in die Augen trieb. Zähneknirschend säuberte sie sich und Lisa und versuchte, sich so schnell wie möglich wieder anzuziehen. Doch ehe sie in das Hemd geschlüpft war, hatte der Mann sie gepackt, knetete ihren Busen und zog sie an sich. Marie fürchtete schon, er werde sie vor aller Augen vergewaltigen, doch er grinste nur so breit, dass sie die wenigen Zahnstummel in seinem Mund sehen konnte, gab ihr einen Stoß und wandte sich einemder größeren Mädchen zu. Er fingerte alle ab, deren Brüste sich unter der Kleidung abzeichneten. Bei Alika hielt er sich etwas länger auf, er schob ihr zerrissenes Mieder auseinander und betrachtete ihren Busen, als könne er nicht glauben, was er sah. Aber er begnügte sich auch bei ihr mit einem schmerzhaften Kneifen und kontrollierte die restlichen Sklaven. Als sich alle gewaschen hatten, zog er

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