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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Gefahr in
Gestalt der Schergen des römischen Magistrats, die bislang nur nicht
eingegriffen hatten, weil Michele zu bekannt war und eine Überführung nach Rom
zu viel Aufsehen erregt hätte.
    Im Halbdunkel konnte sie die
Umrisse der Figuren erkennen, die Michele auf das Bild ‘Das Haupt des Johannes’
gemalt hatte. Sie glänzten in ihrer plastischen Feuchtigkeit. Allesamt wirkten
sie unheimlich, obwohl es nur leblose, zweidimensionale Bilder waren. Vor
diesen Köpfen fürchtete sie sich.
    Was wollte der Johanniter, der erst
in Neapel mit auf Bild gekommen war? Sein letzter Auftritt vor wenigen Tagen
hatte Nerina Angst gemacht. Sie hätte zu gerne gewusst, welches Geheimnis die
Beziehung Micheles zu diesem Johanniter barg, da beide derart gereizt und hasserfüllt
reagierten.
    Wenn sie zwei und zwei richtig
zusammenzählte, dann verfolgte der Johanniter Michele bereits seit Jahren – und
sie selbst war nur zufällig diesem Rachefeldzug entgangen.
    Vielleicht war es doch keine gute
Idee gewesen, sich nach Neapel zurückzuziehen. Es lag zu nahe an Rom, zu nahe
am Vatikan, und der Ruhm Micheles drang viel zu schnell über die Mauern der
Stadt hinaus und bis in die Gewölbe der Engelsburg.
    Sie selbst hätte das Geräusch nicht
vernommen, wenn Nero, der zu ihren Füßen lag, nicht kurz den Kopf gehoben
hätte. Außer ihr und dem Hund befand sich niemand im Atelier. Michele saß mit
seinen Kumpanen in irgendeiner Osteria am Hafen. Das Geräusch ähnelte dem langsamen
und gleichmäßigen Kratzen, wenn Katzen an einer Tür Einlass begehrten, und es
drang von Micheles Atelier zu ihr herüber. Nero legte den Kopf wieder auf die
Pfoten, was Nerina beruhigte. Niemand Unbekannter machte sich an der Tür zu
schaffen, sonst hätte Nero angeschlagen. Vielleicht schlich nur eine Maus oder
eine der unzähligen Ratten die Tür entlang, vielleicht versuchte Michele in
einem Anflug an Umsicht mit seinem Schlüssel den Riegel zu heben.
    Sie richtete sich auf und horchte
in die Nacht hinein, als sie im Mondschein erkennen konnte, dass Nero sich erhoben
hatte und zur Tür von Micheles Atelier tappte.
    Sofort lief ihr eine Gänsehaut über
die Arme. Was hörte der Hund? War doch jemand im Raum?
    Ohne sich zu rühren, horchte sie
auf die Geräusche aus dem Nebenraum. Wieder vernahm sie das Scharren und Schaben,
das jetzt deutlicher und klarer zu ihr herüberdrang. Plötzlich wurde es vom
Klacken des Riegels unterbrochen. Jemand hatte den Türriegel gehoben. Nero
stand wie erstarrt, und Nerina fühlte, wie eine Kälte in ihr emporkroch, die
sie lähmte. Lange Zeit geschah nichts. Alles blieb ruhig, sodass nur das kurze
Hecheln des Hundes und ihr Herzschlag hörbar waren. Dann knarrten die
Türscharniere in ihren hölzernen Angeln.
    Das konnte nicht Michele sein, der
wäre hereingepoltert und hätte sich bemerkbar gemacht. Regelmäßig wachte sie
auf, wenn Michele zurückkam. Außerdem war er nie so betrunken, als dass er sich
nicht noch für zwei bis drei Stunden vor eine der Leinwände gesetzt hätte.
Jetzt schlich jedoch jemand in den Raum. Ein leises Quietschen und Nerina wusste
sofort, wer auf der anderen Seite des Ateliers stand. Das hatte sie bereits
gehört, ihm aber wenig Beachtung geschenkt. Als würde er etwas suchen,
durchschritt der Eindringling auf leisen Sohlen den Raum. Nerina fühlte, wie
sie ein Kloß im Hals würgte und die Luft abschnürte. Sie hätte weder Schreien
noch sprechen können. Fieberhaft überlegte sie, was sie tun sollte, wenn der
Fremde auch ihr Zimmer betrat. Ihr war sofort klar, dass er zu ihr hereinkam,
denn das, was er vermutlich suchte, befand sich in ihrem Raum am Fenster: das
Gemälde.
    Warum schlug Nero nicht an, warum
verbellte der Hund den Eindringling nicht, schlüpfte aus dem Zimmer, dessen Tür
nur angelehnt war, und stürzte sich auf ihn?
    In Nerina keimte ein schrecklicher
Verdacht, als Nero mit dem Schwanz zu wedeln begann und leise fiepte.
    Sie konnte sich aber jetzt nicht
darauf konzentrieren, was dem Hund fehlte, sondern musste sich überlegen, was
sie selbst tun sollte. Leise schlüpfte sie aus ihrem Laken, schob die
Holzschuhe unters Bett, damit sie nicht sofort gesehen wurden. Sie musste den
Eindringling davon überzeugen, dass sich niemand sonst im Atelier befand, wenn
er ihr Zimmer betrat. Sie erinnerte sich, dass das Balkonfenster hinter dem
Bild offenstand, jedenfalls soweit, dass sie hindurchschlüpfen konnte. Auf
Zehenspitzen schlich sie zum Balkon. Nero drehte sich zu ihr um und

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