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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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viel von mir.“
    Jetzt grinste Enrico verschmitzt
und sah sie an.
    „Das war nicht immer so!“
    Es dauerte, bis Nerina verstand,
was er sagen wollte.
    „Ihr seid ein Schuft, wenn Ihr die
Gelegenheit wahrgenommen habt und Euch ...“
    Seine Hand legte sich sanft auf
ihren Mund. Die andere fühlte sie plötzlich in ihrem Nacken, und langsam zog er
sie zu sich heran, bis sie sich so nahe waren, dass ihre Nasenspitzen einander
berührten. Vor ihren Augen verschwamm sein Gesicht zu einem Schemen, und zurück
blieb nur der Geruch seiner Haut. Sie schloss die Augen und wartete darauf, dass
seine Lippen die ihren berührten, und endlich, nach einer Zeit des Wartens, die
ihr so endlos erschien, dass sie nicht mehr zu hoffen wagte, fühlte sie die
Berührung seiner trockenen, rissigen Lippenhaut auf der ihren. Eine Hitzewoge
durchflutete ihren Körper, ein hastiges Atmen, sodass ihre Hände feucht waren,
als sie diese über sein Haar wandern ließ und ihn zu sich herabzog.
    „Du warst wunderschön!“, unterbrach
Enrico ihre Nähe, die für Nerina ohne Ende und ohne Halt hätte sein können.
    Sie blieb liegen, die Augen
geschlossen. Hatte er sie doch betrachtet in ihrer Nacktheit, während sie
fiebergeschüttelt und hilflos dagelegen war, und sie dachte darüber nach, ob
sie es ebenso gemacht hätte. Vermutlich, denn Neugier, predigte schon der
Priester von der Kanzel, gehörte zu den am schlechtesten zu beherrschenden
Sünden. Sie suchte nach seiner Hand, hielt sie fest umklammert und fühlte, dass
sie der Gedanke aufwühlte, wie seine Blicke ihren Körper entlang gewandert
waren, dass ein Feuer in ihr aufglomm, das sie nur schwer zu kontrollieren
vermochte.
    „Ich habe dir also gefallen?“
    Wie von selbst wechselten sie ins
vertraute Du. Nerina spürte, wie Enricos Hände damit begannen, ihren Körper zu
streicheln, die Linien, die sich unter dem Leinen abzeichneten nachzufahren. Dennoch
fühlte sie in den Bewegungen eine Distanz, einen leisen Widerstand, als würde
Enrico zögern. Ein leichtes Zittern durchfuhr sie und ließ sie die Augen
öffnen. Enrico, über sie gebeugt, empfing sie mit einem eher abwesenden Blick.
    „Ich muss fort!“
    Die drei Wörter trafen sie wie ein
Schlag.
    „Fort?“
    „Fort aus Neapel!“
    „Warum?“
    „Ich sollte hier in Neapel für
Ferdinando Gonzaga Bilder aufkaufen. Die einzigen Bilder Micheles, die
verkäuflich waren, sind nicht mehr zu haben. ‚Das Haupt des Johannes‘ kann ich
unschwer vorzeigen. Das allein hätte meine Mission beenden sollen. Aber jetzt
wird mein Herr zum Kardinal ernannt werden. Letzte Woche bekam ich die
Mitteilung. Er ließ mich zurückrufen, weil er mich braucht!“
    Nerina schwieg. Was hatte sie
erwartet? Dass er sich mit ihr weiter verstecken würde? Dass er plötzlich zu
Reichtum gelangt und sie zumindest zu seiner Konkubine gemacht hätte? Unsinn
das alles.
    „Ich brauche dich auch, Enrico.“
Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und bedeckte sein stoppeliges Kinn mit
Küssen, bis sie sich zu seinem Mund vortasten konnte. „Ich dachte, wir beide
...“
    „Komm mit, Nerina. Michele ist in
Malta gut aufgehoben. Dort wird ihn niemand belästigen und er wird seine Malerei
vervollkommnen können. Spätestens in einem Jahr ergeht eine Amnestie und er
darf nach Rom zurückkehren. Es wird für ihn ein Triumphzug werden.“
    Obwohl es ihr schwer fiel, sich so
lange aufrecht zu halten, wollte sie seinen Hals nicht loslassen, wollte sie
seine Nähe spüren und seinen Hautgeruch atmen. Sanft stützte er ihren Rücken,
und sie küssten sich erneut.
    Nerina fühlte beides, eine
ohnmächtige Schwäche, die sie ihrer Krankheit zuschrieb, und eine Hitze, die
ihr Schweißausbrüche verursachte. Diese kam aus ihrem Innersten und sammelte
sich im Bauch, von dem aus sie über den ganzen Körper ausstrahlte und vor allem
ihren Schoß und die Brüste befeuerte, sodass es schmerzte.
    Enrico hatte sie bereits gesehen,
wie sie war, und es gab nichts mehr zu verbergen. Ihr einziger Gedanke, den sie
noch denken wollte, war der, Enrico so nahe wie möglich an sich zu ziehen. Sie
wollte selbst die wenigen Stoffbahnen zwischen ihnen entfernen, damit er mit
ihr verschmelzen konnte, damit aus zwei Menschen, wenn auch nur für kurze Zeit,
ein einziger Körper wurde. Sie hörte sich schwer atmen, fühlte sein Gewicht und
seine Stärke, roch seinen Atem, der wie der ihre sich stoßweise an die
Oberfläche kämpfte, und fühlte seinen Schweiß, der auf sie rann, zwischen sie
floss

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