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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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den
Zeichnungen und Skizzen, aber auch ein unguter Gedanke schlich sich ein. Sein
Onkel galt nicht unbedingt als großzügig. Sicher, sein Ruf als Kirchenmann,
seine sprichwörtliche Frömmigkeit täuschten so manchen über den wahren
Charakter hinweg. Kaum jemand wusste, dass er eine Mätresse unterhielt, der er
seit Jahren zugetan war. Viele übersahen das berechnende Wesen Camillo
Borgheses und seine sture Haltung gegenüber den Abweichlern und sogenannten
modernen Denkern. Wenn er ihm eine solche Schenkung vermachte, musste dies
etwas bedeuten. Er wollte eine Gegenleistung. Jetzt ragte der Raum gerade weit
genug in die Höhe, um darin kräftig einatmen zu können, um die Bedrückung vergessen
zu machen. Wenn er sich zu sehr verführen ließ, verschüttete die Dankbarkeit
seine eigenen Pläne. Und für ihn galten diese vorrangig.
    „Was erwartet Ihr dafür, Oheim?“
    Scipione Borghese kniete sich hin
und strich mit den Händen über einzelne Bilder und Skizzen, hob eine
Vorzeichnung für einen Blumenstrauß auf und betrachtete die Anlage. Selbst
welke Blätter interessierten Caravaggio, und genau dafür galt er als
Spezialist, das machte ihn so einzigartig.
    „Keine Gegenleistung, Scipione. Ihr
solltet nur darauf achten, dass das Gerücht um die Beteiligung des Papstes am
Marsfeld-Vorfall mit Caravaggio verstummt. Findet einen Schuldigen, sucht den
Verbreiter des Gerüchts, bezahlt ihm, was er verlangt. Aber bringt mir das
Gerücht zum Schweigen.“
    Innerlich musste Scipione Borghese
lächeln. Jetzt hatte er seinen Oheim dort, wo er ihn haben wollte, und das ganz
ohne sein Zutun. Beinahe wie von selbst war es gegangen. Trotzdem musste er
sich ein wenig zieren, um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, die Wendung der
Dinge käme ihm gelegen.
    „Aber Ihr habt mir befohlen, keinen
Kontakt mehr zu Caravaggio zu pflegen oder mich sonst um seine Person zu
kümmern.“
    Auf die Platte seines
Schreibtisches gestützt, verharrte der Papst für einige Augenblicke. Ein
Frösteln überfiel Scipione, als er das Mienenspiel seines Oheims betrachtete.
Zu weit durfte er nicht gehen.
    „Glaubt Ihr, ich wüsste über Eure
heimlichen Kontakte nicht Bescheid, glaubt Ihr vielleicht, ich wüsste nicht, dass
Ihr den Prete Rosso nach Neapel geschickt habt, um Bilder von Caravaggio
aufkaufen zu lassen? Haltet Ihr mich für beschränkt, nur weil ich das Oberhaupt
der Kirche geworden und meinem Ziel nähergekommen bin? Tut, um was ich Euch
gebeten habe, und schafft die Bilder fort.“
    Mit einer herrischen Handbewegung
fegte er durch den Raum, und sofort lief ein halbes Dutzend Lakaien, um die
Bilder zu entfernen.
    Unbeeindruckt von dieser
Demonstration verfolgte Scipione seine Pläne weiter. Natürlich wusste er von
den Zuträgern im Dienst seines Oheims. Regelmäßig fütterte er sie mit den
Dingen, die ihm für den Papst wichtig erschienen. Sollte er den Widerstand
spüren. Das war wichtig. Das ermöglichte ihm eine gewisse Unabhängigkeit.
    „Zumindest eine Quelle des Gerüchts
könntet Ihr leicht versiegen lassen, Oheim. Der junge Gonzaga strebt die
Kardinalswürde an. Er wird sie mit allen Mitteln zu erringen suchen.“
    Nur mühsam konnte sein Oheim die
Wut unterdrücken. Scipione sah es ihm an. Schon einmal war dieser Vorschlag
gefallen, schon einmal hatte der Papst abgelehnt. Diesmal würde er nicht drum
herumkommen, und das wusste er.
    „Das Milchgesicht mit seinen knapp
zwanzig Jährchen?“
    „Aber er steht auf unserer Seite.
Die italienische Fraktion würde Verstärkung erhalten.“
    „Die ich nicht brauche.“
    „Jeder sieht, Oheim, dass Ihr mehr
und mehr nach Spanien tendiert und alte Freundschaften aufkündigt. Aber die
Reformierten schlafen nicht. Sie werden ihren Tribut fordern. Und besser, Ihr
habt einen starken Rückhalt in Rom und Paris als schwache Zusagen aus Madrid.“
    Heftig schlug der Papst mit der
Faust auf den Tisch. Er wollte sich seine Politik nicht diktieren lassen, das
verstand Scipione Borghese, dennoch konnte er nicht auf eine starke Hausmacht
verzichten. Der junge Gonzaga stand wirklich auf ihrer Seite. Zudem bereicherte
er die römische Kunstszene, und das allein wäre für ihn Grund genug gewesen.
    „Ihr habt von einer zweiten Quelle gesprochen,
die es zu stopfen gilt!“
    „Dazu müsstet Ihr einen Schritt
über Euren Schatten machen. Solange Michelangelo Merisi da Caravaggio im Exil
leben muss, wird das Gerücht über die Beteiligung des Papstes an diesem
Anschlag weiterblühen. Es

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