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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Begnadigung, zu sehr auf seiner Seite.
Folglich blieb nur eine Person übrig, die dem Maler das Ziel Malta als Floh ins
Ohr gesetzt haben konnte: Pater Leonardus.
    Die Decke des Raumes leuchtete in
reinstem Weiß. Dem frisch gekalkten Raum entströmte ein eigenartiger, feuchter
Geruch, der sich auf die Lungen schlug. Nicht gern dachte er den Gedanken, der
sich ihm jetzt aufdrängte und der vermutlich von den Kopfschmerzen verursacht
war, die ihn periodisch durchpulsten. Nicht er bediente sich des Paters,
sondern Pater Leonardus bediente sich seiner. Zwar wiegte er ihn in Sicherheit,
indem der Pater mit dem Geld, das er von ihm zugesandt bekam, Bilder kaufte,
nach Rom schickte und Caravaggio so eine Lebensgrundlage bot, indem er dessen
Konten bei den Banken von Sant’Eligio und Santo Spirito mit Geld versorgte,
aber er arbeitete für jemand anderen, war der Handlanger seines Oheims.
    Schweißtropfen traten ihm auf die
Stirn. Die Sonne brannte auf die Beine und erwärmte von dort den übrigen
Körper. Sein Verstand suchte nach Schlupflöchern dieser Situation. Wieweit
konnte er Pater Leonardus noch vertrauen? Was von seinen Überlegungen entsprach
der Wirklichkeit? War es wirklich dieser Pater, der Michele von seinem Oheim,
dem Papst, nachgeschickt worden war, um ihn letztlich zu töten, wie er von dessen
Mätresse erfahren hatte? Pater Leonardus ein gedungener Mörder? Dies erschien
ihm ungewöhnlich, ja geradezu unglaublich.
    Hätte er gerade hier in Rom nicht
ausreichend Gelegenheit gehabt, seine Tat auszuführen? Oder stand ein anderes
Ziel dahinter? Konnte der Plan nicht mehr ausgeführt werden, weil Caravaggios
Ruhm unangenehme Fragen nach seinem Tod aufgeworfen hätte?
    Endlos hätte er sich weiter in
dieses Fragenlabyrinth begeben können, wenn nicht in diesem Moment, nach einem
leisen Klopfen, sein Sekretär Onorio in der Tür erschienen wäre.
    Scipione Borghese wollte schon
auffahren, ihn zurechtweisen, da er ausdrücklich die Weisung erteilt hatte, ihn
nicht zu stören, als er den Brief in der Hand Onorios entdeckte. Kein Wort
wurde gewechselt. Bereits von Weitem hatte er das Siegel Pater Leonardus’
erspäht. Was mochte das Schriftstück enthalten? Mit einer herrischen Geste
winkte er Onorio wieder hinaus, weil dieser an der Schwelle zu seinem Sessel stehen
geblieben war. Niemanden konnte er jetzt in seiner Nähe gebrauchen, seine Ruhe
zum Nachdenken musste er verteidigen.
    Erst als Onorio den Raum verlassen
und er das leise Klicken des Schlosses vernommen hatte, erbrach er das Siegel
und faltete die Botschaft auf. Was er las, verschlug ihm die Sprache und riss
ihn aus dem Sessel. Er trat ans Fenster und blickte hinaus. Ganz Rom lag unter
einer Glocke wabernder Hitze, die sich wie der Wellengang des Meeres zu bewegen
schien und das Auge verwirrte, weil sie ihm keine scharfen Konturen mehr bot.
    Michelangelo Merisi da Caravaggio,
stand in dem Schreiben an ihn, sei mit einem Malteserritter, einem „Cavaliere
di Giustizia“, in Streit geraten, verhaftet und in den Kerker von Sant’Angelo
geworfen worden.
    Plötzlich brach ein ganzes Gebäude
in seinem Kopf zusammen. Caravaggio konnte die Insel nicht mehr verlassen, auch
wenn er gewollt hätte. Und wenn drei, vier, fünf Monate vergangen waren, dann
erinnerte sich niemand mehr an den Maler, dann vergaß die Welt ihn und seine
Kunst. Rasender Schmerz durchzuckte ihn. Rasch schloss er die Augen und
bedeckte sie mit dem Unterarm. In ihm regte sich Widerstand. So ließ er nicht
mit sich spielen. Jetzt hieß es handeln, jetzt musste er eingreifen, musste
seinem Oheim die Würfel aus der Hand schlagen. Dieser hatte ihn bis in die
letzten Winkel seiner Intrige durchschaut!
    Aber diese Posse würde er ihm nicht
durchgehen lassen.
    Mit Hilfe einer Glocke rief er
Onorio zurück, der bereits Papier, Tinte, Schreibfedern sowie Kerze und
Siegelwachs bei sich trug. Verblüfft registrierte Scipione Borghese, wie sehr
sein Sekretär mitdachte. Er winkte ihn zu sich, ließ sich ein Schreibpult über
die Beine legen und begann unverzüglich damit, Briefe aufzusetzen. Den ersten
an Pater Leonardus, egal, bei wem dieser in Diensten stand, dann an Kardinal
Gonzaga und Kardinal Del Monte und schließlich einen an seinen Oheim, Papst
Paul V., in dem er offen die Bitte äußerte, Caravaggio zu begnadigen und seine
Rückkehr nach Rom zu ermöglichen.
    Wie der Flug einer Möwe glitt die
Feder übers Blatt, und er freute sich bereits darauf, dem Papst und seinen
Getreuen einen

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