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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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der
mit irren Augen und Tobsuchtsanfällen gegen die Wände lief. Und gar die Farben.
Für Michele, der in Farben dachte, musste es unerträglich sein, wenn er nur auf
das Dunkel der Wände seines Verlieses starren konnte. Kein Blau des Himmels,
kein Grün des Meeres, kein Lippenrot, kein Hautton, kein Schwarz weiblicher
Augen.
    Sie fühlte Milenas Hand auf ihrer
Schulter und die Wärme, die von ihr ausging.
    „Dort.“ Milena deutete auf eines
der blauen Fischerboote mit Augen am Bug, das eben ein Netz an Bord zog, in dem
es zappelte, „Evangelos. Er hat Erfolg heute. Warum solltest du nicht ebenfalls
Erfolg haben?“ Ihre Stimme klang zuerst hell und fröhlich, sodass der plötzliche
Wechsel in einen dunklen Tonfall Nerina sofort aufhorchen ließ. „Ein Mann, er
kommt auf unsere Hütte zu.“
    Tatsächlich schritt ein Priester,
gehüllt in seine schwarze Soutane, den Weg vom Hafen her zur Fischerhütte der
Familie Anomeritis herauf.
    Ein Blick genügte Nerina, und sie wusste,
wer der Mann war. Pater Leonardus’ Art zu gehen würde sie nie vergessen, seit
er sie in Micheles Atelier in Neapel in die Enge getrieben hatte. Sie wusste
nicht recht, was sie davon halten sollte. Sollte sie Milena bitten, sie zu
verleugnen? Gesehen haben konnte sie der Priester noch nicht, vermutete sie, da
er den Blick auf den Boden geheftet hielt, um auf dem steinigen Weg nicht abzurutschen.
Nerina trat einen Schritt unter die Türöffnung, dann aber entschloss sie sich,
dem Pater entgegenzutreten. Sie hatte nichts zu befürchten. Man konnte ihr
einzig vorwerfen, dass sie sich in Männerkleidung in der Stadt aufhielt. Und
Pater Leonardus kam sicherlich nicht im Auftrag des Großmeisters. Wie hatte er
sie finden können? Woher wusste er, dass sie bei der Familie Anomeritis
untergeschlüpft war? Funktionierte das Spitzelsystem der Johanniter doch
besser, als sie es sich vorstellte? Ihr blieb keine Zeit, darüber nachzudenken,
denn spätestens jetzt hatte der Pater sie entdeckt und winkte. Die letzten
Meter eilte er mit schnellen Schritten auf sie zu.
    „Nerina, schön Euch hier
anzutreffen. Es ist wichtig, ganz wichtig.“ Die Augen mit der Hand verschattend,
blickte sich der Pater um. „Ein wundervolles Plätzchen, solange Frieden
herrscht. Der Blick auf den Hafen, die Stadt, das Fort. Hier gehörte ein
Kloster her, in dem sich die Menschen von den Unbilden des Lebens ausruhen
könnten. Balsam für die Seele.“
    Nerina sah ihn spöttisch an. Milena
verschwand in der Hütte und weckte die Kinder. Aus dem engen Raum drang der
Lärm des morgendlichen Waschens und des Kampfes um die besten
Frühstücksbrocken.
    „Seid Ihr hergekommen, um mir die
Schönheit Maltas zu erläutern?“
    Pater Leonardus sah hinüber zum
Fort Sant’Angelo, und Nerina folgte seinem Blick. Das satte Gelb verblasste, je
höher die Sonne stieg, und auch das Wasser veränderte seine Farbe von einem
Tiefblau in ein graues Grün.
    „Eigentlich nicht. Aber über der
Herrlichkeit lässt sich die Tatsache verschmerzen, dass Michele, dass mein
Bruder im Kerker einsitzt.“
    „Wir werden es nicht ändern
können!“
    Jetzt drehte sich der Pater zu ihr
um. Sein Gesicht strahlte.
    „Vielleicht doch. Ich habe hier
einen Brief von Scipione Borghese, zusammen mit einem Wechsel. Das dürfte
genügen, die Wachen zu bestechen und ...“
    „Ihr glaubt doch nicht im Ernst
daran, Michele mit einem Handstreich aus Fort Sant’Angelo zu befreien?“
    Ein Schmunzeln zog über das Gesicht
des Paters. Verschwörerisch trat er auf Nerina zu.
    „Nicht nur das. Ich habe einen
Plan, die Unterstützung Alof de Wignacourts, der zutiefst bedauert, dass
Michele im Ordensgefängnis einsitzt, und Geld, soviel wir benötigen. Einzig
Eure Zusage brauche ich noch. Ihr seid ein wesentlicher Teil des Plans. Ohne
Euch dürfte es schwierig sein. Aber wenn Ihr Michele helfen wollt, dann
schließt Euch uns an.“
    Jetzt stutzte Nerina doch.
    „Wen zählt Ihr noch zu den
Weggefährten der Befreiung Micheles? Jeder weitere Mitwisser ist gefährlich!“
    „Nun, meinen Herrn, Scipione
Borghese.“
    „Niemanden sonst?“
    „Niemanden!“
    Nerina blickte in die
zusammengekniffenen Augen des Paters. Sein Gesichtsausdruck konnte alles
bedeuten. Meinte er es wirklich ernst?  Ebenso gut konnte dies eine Falle sein,
die dafür sorgte, dass auch sie, die sich bislang nichts hatte zuschulden
kommen lassen, vom Orden inhaftiert und möglicherweise hingerichtet wurde.
    Sie richtete sich auf und stellte
die

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