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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Grund, ihn derart an den
Pranger zu stellen? Schließlich zogen sie am selben Strang.
    „Die zweite Folge, Eminenz, Ihr
spracht von zwei Folgen!“
    Jetzt lächelte Ferdinando Gonzaga.
Mit einem Schritt trat er näher an Kardinal Borghese heran.
    „Was ich Euch jetzt sage, muss
unter uns bleiben. Ich habe Euch nicht vergessen, dass Ihr an meiner Ernennung
zum Kardinal maßgeblich mitgewirkt habt. Nehmt es als Abzahlung.“
    Scipione Borghese musste husten.
Seine Kehle fühlte sich trocken und rau an. Er hatte ihn in der Hand. Der junge
Gonzaga spielte mit ihm. Für einen kurzen Augenblick fühlte er sich elend. In
diesem Spiel hielt er die Fäden nicht mehr in der Hand, und dieser
Emporkömmling zeigte ihm die neuen Spielregeln.
    „Jeder weitere Erfolg Caravaggios
treibt diesen nach Rom zurück. In der Provinz kann er ein Bild malen,
vielleicht zwei oder drei. Aber die Geldgeber, die Maler wie ihn bezahlen
können, leben nicht in Syrakus oder Messina. Sein Ruhm steigt, seine
Erschöpfung ebenfalls. Er muss nach Rom zurück, damit er sich entfalten kann.
Er weiß es, Euer Oheim weiß es ebenfalls. Nur in Rom kann er seinen Ruhm
vergrößern, nur dort findet er über kurz oder lang die Geldgeber, die Mäzene,
die ihn weiter finanzieren können. Vermutlich wird die Begnadigung erst
erfolgen, wenn er auf dem Weg nach Rom ist – und sie wird so spät ausgestellt
werden, dass sie ihn verpasst. Um Tage vielleicht, vielleicht nur um Stunden.
Ohne Erlaubnis zur Rückkehr wird er von der Stadtregierung verhaftet und als
Mörder hingerichtet werden. Die Schuld daran wird uns zugeschoben werden, Eurer
Eminenz und mir selbst, da wir versucht haben, seine Begnadigung durchzusetzen
und ihm den Weg nach Rom zu ebnen, ihn sogar bei Gesetzeswidrigkeiten
unterstützt haben.“
    Wieder lächelte Ferdinando Gonzaga
unverbindlich, ohne dass Scipione Borghese irgendeine emotionale Beteiligung
festzustellen vermochte.
    „Ihr fantasiert!“
    Jetzt zuckte der junge Gonzaga mit
den Schultern und blinzelte durch das Blättergewirr der Weinreben hindurch. Er
schob eine Ranke beiseite und blickte hinunter auf die Kuppeldächer Roms.
    „Euer Casino zeugt von
außerordentlichem Geschmack, Kardinal Borghese. Ich hoffe nur, dass Ihr den
Architekten nicht hintergeht, sonst stürzen am Ende die Wände ein oder es
brechen die Treppen durch. Auch solltet Ihr daran denken, die Decken
entsprechend zu verstärken, schließlich sollen im ganzen Haus Statuen stehen,
nicht wahr?“
    Scipione Borghese nickte abwesend.
Sie waren tatsächlich hintergangen worden – nur dass er davon zu spät erfahren
hatte.

IV

„Natur und Tod verschwören sich,
Michele, grausam hier zu Deinem Schaden,
doch müssen die Verschwörer fürchten,
von deiner Hand in jedem Bild besiegt zu werden
...“

Giovan
Battista Marino, 1620

1.
    „Ich will Euch ein Geschäft
vorschlagen, Pater Leonardus!“
    „Tretet ruhig näher, ich habe Euch
erwartet!“
    Pater Leonardus sah hinaus auf das
Wasser, das vom Mond in einen silbernen Spiegel verwandelt wurde, auf der in
kurzen Abständen leuchtende Flecke aufglimmten, die ebenso rasch wieder
verschwanden, wie sie gekommen waren.
    „Seht Ihr das Meeresleuchten,
Nerina? Wodurch es wohl hervorgerufen wird? Manche Fischer behaupten, es seien
kleine Krebse, so klein, dass Tausende davon in das Wasser passen, das mit zwei
Händen geschöpft wird. Eine lächerliche Vorstellung. Es scheint zwar aus dem
Wasser selbst zu kommen, aber nur in Neumond- und Vollmondnächten. Ich sage
Euch, dass der Herr, unser Gott, den schwachen Menschen damit versuchen möchte.
Zieht es uns nicht hinab zu diesem Wunder? Fühlen wir nicht in uns den Drang,
dieses Geheimnis ergründen zu wollen? Und  doch, wenn wir uns ins Wasser
stürzen, um den Dingen auf den Grund zu gehen, kommen wir darin um. Gottes Welt
ist wunderbar, nicht wahr, aber sie ist ebenso unerforschlich! So soll es
bleiben. Was wir wissen wollen, tötet uns. Es ist der Wille des Herrn, dass wir
umgeben von Geheimnissen leben und in ihnen das Wirken des Herrn, unseres
Gottes, sehen.“
    Nicht unbeeindruckt vom
Lichterspiel auf der glänzenden Folie der Meeresoberfläche, betrachtete Nerina
das Meer. Pater Leonardus’ Gestalt störte darin. Seine schlanke Figur, leicht
verkrümmt, weil er sich über die Reling beugte und hinab ins Wasser sah,
zeichnete sich gegen den hellen Hintergrund ab und gab ihm eine Aura, die
düster wirkte und unheilverheißend und Unbehagen in ihr auslöste.
    „Warum hasst

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