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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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verdeckt durch das
dunkle Gurgeln aus Neros Kehle. Sie rückte näher an den Hund heran, umschlang
seinen Hals, was er widerstandslos zuließ.
    Hinter ihrem Rücken knirschte der
Sand. Ihre Nackenhaare sträubten sich, ein Schauer lief ihr über den Rücken.
blitzartig drehte sich Nerina um. Hinter ihr ragte eine Gestalt in das Schwarz
der Gossennacht hinein, die sich in einen dunklen Mantel hüllte. Sie wunderte
sich, dass Nero von dem Fremden hinter ihr keine Notiz nahm.
    „Komme ich zu spät?“, hörte sie die
Gestalt fragen und entspannte sich sofort.
    „Beinahe, Enrico!“, meinte sie nur,
drehte sich um und suchte in der Schwärze der Gosse nach der Bedrohung, die
Neros Verhalten nach noch immer dort lauerte. „Hilf mir, Michele wegzuschaffen.
Er ist hier nicht sicher!“
20.
    „Enrico!“ Mit einer Hast, die sie
selbst erstaunte, warf Nerina Palette und Pinsel beiseite, stürzte auf Enrico
zu, der eben das neue Atelier betrat, und umarmte ihn. „Ich dachte schon, du
seist ... du hättest ...“
    Mit einer Hand strich ihr Enrico
durchs Haar und zog sie näher zu sich heran. Sie fühlte, dass ihm diese
impulsive Begrüßung gefiel.
    „Ich hatte nicht im Mindesten
geahnt, dass du so um mich besorgt sein würdest. Gilt die Begrüßung tatsächlich
mir, oder ist irgendetwas geschehen?“
    Nerina boxte ihn auf die Brust und
versuchte sich abzudrücken, aber Enrico gab nur widerwillig nach. Im Grunde
wollte sie nicht, dass er sie freigab, aber wenn sie ihm so nahe blieb, konnte
er sich wunder was dabei denken.
    „Ist das ein Bild von dir?“
    Ohne ihre Antwort abzuwarten, trat
er näher. Sie arbeitete gerade an einer Hand in Leimfarben.
    „Nur eine Studie.“
    „Keine ganze Arbeit?“
    Verwundert über seine Frage,
lächelte sie ihn an und berührte seine Schulter, als er sich über die
feingliedrig ausgearbeiteten Hände beugte, deren Farben noch feucht glänzten,
ohne Nerina freizugeben.
    „Froh bin ich, dass er mich Teile
ausarbeiten lässt. Hände vor allem.“
    Staunend drehte Enrico sich zu ihr
hin.
    „Wundervoll!“
    Mit den Fingerspitzen fuhr Nerina
über sein Gesicht, und er ließ es zu.
    „Schön, dich wiederzusehen,
Enrico.“ Sie sah, dass er etwas antworten wollte, verschloss ihm aber mit dem
Finger den Mund. „Ereignisreiche Monate waren es, Enrico. Nachdem Michele
wieder aus Genua zurückgekehrt war, lief alles weiter wie es aufgehört hatte.
Bei einem Überfall wurde er erneut schwer verletzt. Eine Kopfwunde musste
genäht werden, ihn schmerzt jede Bewegung und die Augen brennen, sodass er
liegen muss. Unsere alte Vermieterin, Signora Bruna, hat uns hinausgeworfen,
weil die Miete überständig war, und Michele wollte sich an ihr rächen. Nächtens
ist er vor ihr Haus gezogen, hat sie mit Versen verspottet und einen
Fensterladen eingeworfen. Jetzt hängt ihm wieder eine Beleidigungsklage an. Und
das Bild, der ‘Tod Mariäs’, soll versteigert werden, obwohl sich Peter Paul
Rubens dafür einsetzt. Weiter ist nichts geschehen.“
    Lustig und etwas gleichgültig
sollte die Aufzählung klingen, und Nerina hatte seit Tagen überlegt, wie sie
Enrico begrüßen würde, wenn er wieder auftauchte. Eine Aufzählung von
Katastrophen war es, und Enrico musste wie sie empfinden. Betreten sah er sie
an.
    „Wer war es und warum?“
    Endlich kam Nerina frei, fasste
Enricos Hand und zog ihn ins Atelier. In einer Ecke, die sonst mit Decken abgehängt
war, lag Michele und schlief. Davor kauerte Nero, den Kopf auf den Pfoten. Als
Enrico den Raum betrat, schlug er mit dem Schwanz, bleib aber, wo er war. Das
Atelier war gut beleuchtet, nicht ganz so düster wie das der Witwe Bruna.
Freundlich strahlten die hell gekalkten Wände. Einzig die Tatsache verwunderte,
dass kaum ein Bild an den Wänden lehnte, nur eine einzige Staffelei aufgebaut
war und sonst nirgends Tonkrüge mit Farbpigmenten herumstanden. Leer und
unbewohnt wirkte alles. An das alte Atelier erinnerte nur der Geruch von Leinöl
und Eiweiß. Nerina sah Enricos erstaunten Blick und meinte:
    „Sein Handwerkszeug hat die Witwe
Bruna versteigern lassen. Und Geld haben wir keines mehr.“ Sie lächelte
unsicher, weil sie Enrico angelogen hatte. Schließlich hatte ihr die Geldkatze
des Karmeliters diese Wohnung ermöglicht. Aus Verlegenheit versuchte sie,
Enrico abzulenken. „Michele sagt, er könne sich nicht daran erinnern, wer ihn
niedergeschlagen hat. Unser neuer Vermieter, der Rechtsgelehrte Ruffetti, hat ihn
bereits verhört, und die Polizei

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