Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
ungewöhnlich aus. Kein Sonnenstrahl spiegelte sich in den polierten Platten, deren blauschwarze Oberfläche das Licht aufzusaugen schien. Ein Packpferd schleppte einen breiten Ring und eine Kette aus dem gleichen seltsamen Metall.
»Aus was für einem Material lasst Ihr die Rüstungen Eurer Männer fertigen? So etwas habe ich noch nie gesehen.«
»Das glaube ich gern. Das Herstellungsverfahren habe ich selbst entwickelt und bin sehr stolz darauf. Ich kann dir nur so viel verraten, dass die Metallteile einige Tage in einem Bad lagern, das zum größten Teil aus Quecksilber und noch ein paar anderen wichtigen Zusätzen besteht.«
»Und was hat das für einen Vorteil?«
»Sieh dir die Männer an. Fällt dir nichts auf? Sieh in ihre Gesichter. Keine Gemütsregung ist in ihnen zu lesen. Die Dämpfe des Quecksilbers schwächen ihre Willenskraft. Sie werden stumpfsinnig und gehorchen allen meinen Befehlen – jedenfalls, solange ich in der Nähe bin und ihnen sage, was sie zu tun haben. Nie mehr muss ich fürchten, dass sie einen Befehl in Zweifel ziehen oder aus Angst nicht ausführen.«
»Ihr habt Euch also eine willige Armee geschaffen, die Ihr bedenkenlos in den Tod schicken könnt und die Euch blind gehorcht, sei das Wagnis auch noch so groß.« Trotz der Hitze lief Saranga ein Schauder über den Rücken.
»Ja – genial, nicht wahr! Auch bei Tieren, die so einen Halsreif tragen, habe ich dieses Phänomen beobachtet. Sie sind gegen mir gegenüber nicht mehr aggressiv, sondern nehmen alles gleichmütig hin. Die Sache hat natürlich auch Nachteile. Gefühlskalte und gleichgültige Krieger sind nicht so gut wie Männer, die voll heißer Wut aus Überzeugung kämpfen. Diesen Nachteil muss ich durch eine größere Zahl Söldner ausgleichen. Außerdem altert man in diesen Rüstungen viel schneller. Das ist allerdings nicht so tragisch, schließlich sind die Männer sowieso nicht für einen natürlichen Tod bestimmt. Dafür dienen sie meiner Sache!«
Saranga runzelte die Stirn. Ein bitterer Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus, und der Blick, den sie dem Magier an ihrer Seite zuwarf, war voller Widerwillen. Sie selbst war bestimmt nicht zimperlich, wenn es darum ging einen Gegner zu töten, und sie stach ohne Bedauern zu und ohne mit der Wimper zu zucken. Dennoch war sie ein geradliniger, offener Mensch und sah ihren Gegnern beim Kampf in die Augen. Treue und Freundschaft bedeuteten ihr etwas. Die Vorstellung, eine ganze Armee mit Hilfe von Magie willenlos zu machen, um sie wegen irgendwelcher Wahnideen in den sicheren Tod zu schicken, erregte ihren Abscheu.
»Wozu braucht Ihr diese Marionetten, wenn Ihr Euch mit der Drachenkrone die Armee der Riesenechsen untertan machen könnt?«
»Noch ist die Krone nicht vollendet. Wer weiß, wie viele Jahre noch ins Land gehen, bis ich die drei fehlenden Teile aufgespürt habe. Ich darf nichts dem Zufall überlassen. Es ist ganz gut, wenn ich in der Zwischenzeit schon einmal ein paar strategisch wichtige Punkte erobere. Ich habe gut vorgesorgt. Im Norden der Silberberge lasse ich in einer sehr ertragreichen Mine Zinnober abbauen, um Quecksilber zu gewinnen. Ich habe zwei mir treu ergebene Männer dort eingesetzt, und Zwerge, die im Bergwerk arbeiten können, gibt es in der Gegend genug. Ab und zu müssen ein paar davon ersetzt werden, denn lange überleben sie in den Stollen nicht. Das Gift zerfrisst ihre Lungen. Deshalb sind Zyklopen und Oger als Vormänner gerade richtig. Das gewonnene Quecksilber bringt eine Karawane über die Berge ans Meer, und per Schiff geht’s dann in den Süden, wo meine Söldner es in Empfang nehmen und in die Burg bringen. Du siehst, ich habe alles im Griff.«
Saranga nickte nur stumm und trieb ihr Pferd an, um etwas Abstand zwischen sich und den Magier zu bringen. Sie wollte alleine sein und die Einsamkeit der weiten Ebene, der tiefschwarzen Lavafelder und der in der Ferne im Dunst aufragenden Felswände genießen. Zu viel Geschwätz war ihr schon immer lästig gewesen. Sie war eine Einzelkämpferin, stolz und voller Freiheitsdrang.
Astorin sah ihr nach und runzelte die Stirn. Warum erzählte er ihr so viel? Er kannte sie doch kaum. Wurde er langsam so alt und senil, dass er Gesellschaft brauchte und mit seinen Taten prahlen musste?
Ich muss mich mehr zurückhalten. Es ist nicht gut, wenn die anderen zu viel von meinen Plänen wissen. Er seufzte. Außerdem hatte er gar nicht alles im Griff. Das Piratennest war aufgeflogen, und nun fehlte
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