Das Vermächtnis des Martí Barbany
hinzuweisen, dass mir das alles wie eine Komödie vorkomme, und ich habe wörtlich gesagt: ›Für diesen Mann würde ich die Hand ins Feuer legen.‹«
»Ihr hättet Euch nicht offen erklären sollen, Almodis. Ihr führt nur den Vorsitz des Gerichts.«
»Das tat ich, um die Begründungen des Bischofs zurückzuweisen, der sich eindeutig für den Geistlichen aussprach.«
»Nun gut, halten wir Eurer Stellungnahme zugute, dass man sich im Zweifelsfall für den Angeklagten entscheiden muss. Trotzdem sehe ich darin keine Beleidigung«, sagte Ramón in versöhnlichem Ton.
»Lasst mich ausreden. Als ich das mit der ›Hand-ins-Feuer-Legen‹ gesagt hatte, trat Schweigen ein, und dann ertönte laut und klar eine Stimme: ›Jemand soll gelbe Salbe bringen‹, rief sie und meinte damit, dass ich mich verbrennen würde und dass ich lüge, um diesen Mann zu begünstigen. Der Morgen endete mit unterdrücktem Gelächter. Um meine Person anzugreifen, verspottet man also die ehrwürdigsten Institutionen. Soll ich das nur deshalb zulassen, weil derjenige, der diese Freveltaten begeht, der älteste Sohn meines Gemahls ist? Dann, so ahne ich, wird das Ansehen der Grafschaft in den Schmutz gezogen. Ich brauche Euch nicht erst zu erklären, dass Pedro Ramón der Rufer war. Wer sonst hätte etwas Derartiges gewagt?«
Spannungsvolles Schweigen trat zwischen den Gatten ein.
»Ich rede mit ihm.«
»Ihr redet mit ihm, seitdem ich angekommen bin, und da Ihr nur redet,
sind seine Beleidigungen jeden Tag dreister und häufiger«, widersprach Almodis ungeduldig.
»Was wollt Ihr dann? Dass ich ihn ins Gefängnis stecke?«, fragte Ramón lauter.
»Überhaupt nicht, aber es sollen nicht nur Worte sein. Ich denke mir, dass der Graf von Barcelona über andere Mittel verfügt, um Ungehorsam im Schloss abzuwehren.«
Der Graf seufzte.
»Habt Geduld. Das hat mit seinem Charakter zu tun. Schon als Kind war er aufsässig.«
»Ihr habt es ihm erlaubt, und vergesst nicht: Was bei einem Kind Aufsässigkeit ist, wird, wenn es heranwächst, zum Aufruhr. Pedro Ramón ist schon ein junger Mann, und wenn Ihr ihn nicht zurückhaltet, kommt der Tag, an dem er Euch den Thron Barcelonas streitig macht.«
»Das werde ich nicht vergessen, Almodis. Ich will ihn wieder zur Rede stellen. Gebt mir etwas Zeit.«
»So möge es sein. Aber Ihr sollt wissen, dass ich mich zum letzten Mal auf einen Streit mit Eurem Erstgeborenen einlasse, um Euren Namen zu verteidigen. Wenn Ihr Euch verunglimpfen lasst – sei’s denn. Aber er soll sich gründlich in acht nehmen, mich zu beleidigen: Er ist nicht mein Sohn, und ich bin auch nicht bereit, so etwas hinzunehmen...« Die Gräfin gebrauchte einen leicht drohenden Ton. »Und ich möchte nicht, dass der Tag kommt, an dem Ihr gezwungen seid, Euch zwischen ihm und mir zu entscheiden.«
»Daran werde ich denken. Glaubt mir, wenn ich Euch sage, dass ich die geeigneten Maßnahmen ergreife.«
»Ich hoffe, dass es so ist«, gab Almodis nach, ohne besonders überzeugt zu sein.
Der Graf betete seine Frau an: Bei ihr hatte er als Mann seine Erfüllung gefunden, und ihre Tatkraft und ihre Empfehlungen hatten größte Bedeutung für Barcelona erlangt. Und für Almodis war es nach ihren gescheiterten Ehen das erste Mal, dass sie den hervorragenden Platz einnahm, von dem sie immer geträumt hatte.
»Sagt mir also, Ramón, was Euch diesmal zu mir geführt hat.«
»Ich brauche Euren Rat und Eure Hilfe.«
»Das habe ich Euch immer gegeben, und so wird es auch in Zukunft sein.«
»Gebt acht. Ihr wisst ja, dass die Grafschaft durch ihre Kaufleute
Augen und Ohren in allen Reichen Hispaniens hat. Unsere Kaufleute werden sogar im Krieg respektiert, denn Käufe und Verkäufe sind die Adern, durch die das Blut des Handels fließt, und wenn der Handel stockt, stirbt der gesellschaftliche Körper an Unterernährung.«
»Ich verstehe Euch nicht.«
»Das ist ganz einfach. Wir können an den Grenzen gegen die Mauren kämpfen, und trotzdem fließt der Warenstrom weiter.«
»Ja und?«
»Mich haben Botschaften aus Sevilla erreicht, die meine Hilfe für ein Unternehmen des Königs al-Mutamid verlangen.«
»Was für eine Hilfe ist das, gegen wen und mit wem zusammen?«
»Ich kann Euch noch nichts Näheres sagen, weil ich es nicht weiß. Ich will Euch nur mitteilen, dass Ihr in etwas mehr als einem Monat seinen Botschafter Abu Bakr ibn Ammar, den die Kastilier Abenamar nennen, im Schloss empfangen sollt. Er kommt zwar von dem prachtvolleren
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