Das Vermächtnis des Martí Barbany
schmeicheln wollte, um ihn für die heftige Szene zu entschädigen, zu der es im Schloss gekommen war.
Die beiden Vorhuten trafen auf halbem Weg zusammen. Diesmal war ihre Zwiesprache nicht so blumenreich und rücksichtsvoll wie bei der
letzten Begegnung. Abenamar, der an der Spitze der sevillanischen Abordnung ritt, hielt die erste Ansprache.
»Herr Graf von Barcelona! Ich komme als Vertreter meines Königs und Freundes al-Mutamid von Sevilla, um seinen Erstgeborenen loszukaufen, den Ihr gegen seinen Willen festhaltet, was uns zwingt, die von Euch aus unerfindlichen Gründen verlangte Summe zu bezahlen.«
Der Graf, ein alterprobter Diplomat, der es gewöhnt war, unendlich oft Verträge abzuschließen, um das empfindliche Gleichgewicht zwischen den verschiedenen katalanischen Grafschaften aufrechtzuerhalten, ging nicht auf die Täuschung ein und entschied sich für einen ruhigen Ton, ohne den Mauren herauszufordern, denn er wusste ja genau, dass es im Interesse der Grafschaft lag, das Lösegeld anzunehmen und sich nicht auf einen Wortstreit einzulassen, der zu nichts führen würde. Als er gerade antworten wollte, erklang hinter ihm die wütende und hitzige Stimme seines Sohns.
»Mein Vater, ich begreife nicht, wie Ihr Euch in Euren eigenen Ländern von diesem Mauren respektlos behandeln lasst, den ich, wenn es nach mir ginge, mit Hunden hetzen und mit Hieben vertreiben würde«, rief Pedro Ramón, dem die Jahre eine stattliche Erscheinung, aber nicht das kleinste bisschen Diplomatie verliehen hatten.
Abenamar ertrug diese Schmähung, ohne dass er einen einzigen Gesichtsmuskel verzog, und wartete auf die Antwort des Vaters. Diese ließ nicht auf sich warten.
»Pedro Ramón! Euch fehlt noch viel, bis Ihr versteht, wie sich ein guter Herrscher verhalten muss. Wenn zwei Gesandtschaften unter der weißen Fahne, dem heiligen Sinnbild des Friedens, miteinander sprechen, steht niemand höher als der andere, und beide Seiten sind einander Achtung schuldig.«
»Von welcher Achtung redet Ihr? Von der, die dieser Ungläubige gezeigt hat, der Euch beschuldigt, widerrechtlich gehandelt zu haben?«
»Jetzt reicht es! Ich fordere Euch auf, dass Ihr Euch auf der Stelle zurückzieht. Ihr seid nicht würdig, dieser Gesandtschaft anzugehören.«
Mit verzerrtem Gesicht und auf den Boden spuckend, machte Pedro Ramón kehrt und stürmte davon, sein Pferd unbarmherzig peitschend.
Der Graf wandte sich wieder seinem Verhandlungspartner zu.
»Ich bitte Euch um Verzeihung. Ihr werdet es gewiss verstehen, seine Maßlosigkeit zu entschuldigen.«
»Wir alle haben die Jugend, diese wunderbare Krankheit, erlitten, die
nur von der Zeit geheilt wird. Aber kommen wir zu unserer Angelegenheit: Wie wird der Geiselaustausch stattfinden?«
Wieder meldete sich jemand, der zu den Leuten des Grafen gehörte. Es war Bernat Montcusí.
»Herr Graf, wenn Ihr gestattet …«
»Sprecht, Bernat.«
»Bevor wir dazu kommen, müssen wir eine beträchtliche Summe von Maravedis überprüfen. Das ist eine langwierige Aufgabe.«
»Was schlagt Ihr vor?«
»Morgen früh vor Sonnenaufgang treffen wir hier wieder zusammen. Unsere Schuldner kommen mit den Kisten, in denen sich die vereinbarte Summe befindet, und wir erscheinen mit tüchtigen Schatzmeistern und zwei Fuhrwerken, um eine solch besondere Ware zu transportieren.«
»Und dann?«
»Wenn alles den Vereinbarungen entspricht und bevor die Geiseln beider Seiten herkommen, ziehen sich die Fuhrwerke zu unserer Nachhut zurück, die aus fünfzig Reitern bestehen soll. Dann und erst dann bringt jeder die Geisel der anderen Seite.«
»Seid Ihr einverstanden?«, fragte der Graf.
»Ja. Ich möchte lediglich vorschlagen, wenn Ihr nichts dagegen habt, dass wir den Vollmond nutzen, um die Operation auf heute Nacht vorzuverlegen. Nachdem ich meine Aufgabe erfüllt habe, muss ich nach Sevilla aufbrechen, und Ihr wisst ja, dass es sehr weit entfernt ist.«
Berenguer wechselte einen flüchtigen Blick mit seinem Ratgeber und dem Seneschall. Da beide zustimmend nickten, antwortete er: »Einverstanden, wenn Ihr das so wollt. Je schneller wir diese ärgerliche Angelegenheit erledigen, desto besser ist es schließlich für alle.«
Nach diesen Worten zogen sich beide Gesandtschaften zu ihrem jeweiligen Lager zurück.
Pünktlich, schön, rund und weiß ging der Mond auf, und das kam dem Grafen wie ein klares Vorzeichen für das gute Geschäft vor, das er nun gleich abschließen würde. Auf Montcusís Rat hatten sich
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