Das Vermächtnis des Martí Barbany
genannt.«
»Habt Geduld. An diesem Hof befiehlt eine Dirne, die meinem Vater den Kopf verdreht hat.«
»Geduld, sagt Ihr? Mein Opfer hat mir nicht die kleinste Gunst verschafft, dafür hat es der gräflichen Schatzkammer einen Haufen Maravedis eingebracht. Und dennoch wurde ich an dem Abend neulich nicht einmal erwähnt.«
»Beklagt Euch nicht: Mich hat man erst gar nicht eingeladen. Ich denke mir, dass ich in der Nacht des Geiselaustauschs in Ungnade gefallen bin. Mein Vater ist alt und hat zugelassen, dass es ihm der Maure vor der ganzen Gesandtschaft an Achtung fehlen ließ, und weil ich ihm vor allen geraten habe, den Ungläubigen gebührend zu behandeln, wurde ich öffentlich getadelt und zurechtgewiesen. Das habe ich als Einziges bei dem ganzen Geschäft abbekommen.«
»Wisst Ihr schon, was sich die Leute leise erzählen?«, fragte Marçal von Sant Jaume nach einer Pause.
»Man erzählt so vieles … Was meint Ihr?«
»Die Verteilung der Gewinne.«
»Ich denke mir, dass man damit den Sold des Kriegsheeres bezahlt und die Schulden bei den Grafen begleicht, die meinem Vater bei diesem Abenteuer geholfen haben.«
»Und außerdem gewährt man damit der Gräfin besondere Vorrechte. Sie hat für ihre eigensinnigen Projekte eine maßlos hohe Summe herausgeholt.«
Pedro Ramóns Blick verdüsterte sich.
»Wer hat Euch das gesagt?«
»Das erzählt man überall. Dieser vorlaute Zwerg, der ihr als Hofnarr und zugleich als Zauberer dient, verbreitet die gute Neuigkeit im Schloss und stolziert mit den neuen Beinkleidern und dem Überrock umher, die für ihn bei dem Abenteuer abgefallen sind.«
»Während ich, der Erstgeborene, gerade einmal hier und da ein paar Münzen erbetteln kann, um den Verpflichtungen nachzukommen, die ich eingehen muss, wenn ich meine Rechte verteidigen will.«
»Von welchen Verpflichtungen sprecht Ihr?«
»Von denen, Anhänger für meine Sache zu gewinnen. Glaubt Ihr etwa, dass Höflinge umsonst zu haben sind? Um ein naheliegendes Beispiel zu nehmen: Bernat Montcusí, der Ratgeber für Versorgung, hat neulich zu meinen Gunsten gesprochen. Solche Auftritte kosten Sinekuren und Gnadengeschenke, und all das beläuft sich auf eine hübsche Summe. Meine Methode, etwas einzunehmen, besteht eben nicht darin, dass ich die Beine breitmache, wie es die Gräfin tut, um Pfründen für ihren Lieblingszwilling zu erhalten, den sie auf Kosten meiner Rechte emporbringen will.«
»Ihr habt viel Zeit: Er ist noch klein.«
»Man muss sich jetzt mit ihm beschäftigen. Denn er wächst heran und kann gefährlich werden.«
»Nun, wenn der Augenblick gekommen ist, könnt Ihr Euch auf einen weiteren treuen Anhänger verlassen, und dafür verlange ich nichts. Ich glaube, die Kenntnisse, die ich in dieser langen Zeit über die Ungläubigen erworben habe, können Euch von großem Nutzen sein.«
»Zweifelt nicht daran, dass ich Euch für Eure Treue entschädigen werde. Vorher muss ich aber meine Rechte einfordern. Wisst Ihr, welchen Betrag die Dirne aus meinem Vater herausgepresst hat?«
»Man spricht von fünfhundert Maravedis.«
Am Nachmittag drang der übel gelaunte Pedro Ramón unangekündigt in die Privaträume der Gräfin ein.
Almodis befand sich in Gesellschaft dreier Hofdamen. Lionor, die erste Hofdame, spielte mit den Mädchen Inés und Sancha. Eitel wie ein Pfau saß Delfín auf seinem kleinen Schemel. Er hatte sich mit seinem neuen Überrock herausgeputzt und las zum allgemeinen Vergnügen einen byzantinischen Roman vor. Als die Tür aufgestoßen wurde, flackerten die Flammen der Öllampen und Kandelaber, die den Raum erleuchteten.
Der ergrimmte junge Mann kam hineingelaufen und herrschte Almodis grob an: »Welchen Preis habt Ihr meinem Vater diesmal abgenommen?«
»Guten Abend, Pedro. Welchem Umstand habe ich das Vergnügen Eures Besuchs zu verdanken?«, entgegnete die Gräfin, die dem Erstgeborenen ihres Gemahls eine Lektion in guten Manieren erteilen wollte.
»Lasst die albernen Förmlichkeiten. Ihr und ich haben schon alles besprochen.«
Almodis ließ sich nicht provozieren. Sie befahl ihren Damen, sich zurückzuziehen und die Mädchen mitzunehmen. Als auch Lionor und Delfín hinauswollten, sagte die Gräfin laut: »Ihr bleibt da. Ich brauche Zeugen für das, was hier geschieht, damit dieser Hitzkopf nicht danach zu seinem Vater läuft und Äußerungen anführt, die hier gar nicht gefallen sind. Es wäre nicht das erste Mal.«
»Ihr stellt mich auf dieselbe Stufe wie Eure Diener,
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