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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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eine Mädchenphantasie von dir war. Er ist Christ, und unser Gesetz gestattet es dir nicht einmal, von ihm zu träumen.«
    »Wenn es notwendig wäre und ich das Glück hätte, dass er auf mich achtet, würde es mir nichts ausmachen, zu seiner Religion überzutreten und unserem Gesetz abzuschwören.«
    »Das wäre der Tod unseres Vaters.«
    »Mach dir keine Sorgen: Ich habe dir etwas anvertraut, was zu meinem Kummer nicht geschehen wird. Doch daran zweifle nicht: Ich werde ihm gehören oder sonst niemandem.«
    »Möge sich Jahve deiner erbarmen und dich erleuchten.«
    Mohammed pfiff, um die Tiere anzuhalten, und das zeigte ihnen, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Die Mädchen stiegen vom Wagen hinunter, und nachdem sie den jungen Mann angewiesen hatten, draußen auf sie zu warten, betraten sie das Bad. Dieses war ein Steingebäude, das aus vier Teilen bestand. Drei davon lagen auf dem festen Boden, während der vierte Teil in das Wasser des Flusses Besós halb eingetaucht war. Eine Frau mittleren Alters kümmerte sich um die Einrichtung. Die beiden Schwestern gingen zum Empfangstisch.
    »Gelobt sei Jahve, der Herr der Welt.«
    »Gelobt sei der Einzige und Vollkommene. Womit kann ich Euch dienen?«
    »Wir kommen zur Reinigung.«
    »Beide?«
    »Nein, nur ich«, sagte Ruth.
    »Bringt Ihr das Notwendige mit?«
    »Ja.«
    Dabei zeigte Ruth auf einen Leinwandbeutel, in dem sie die Fläschchen mit dem Öl für den von ihrer Religion vorgeschriebenen Ritus mitbrachte.
    »Wenn es Euch recht ist, könnt Ihr im Nebenraum warten«, sagte die Frau zu Batsheva. »Und Ihr folgt mir bitte.«
    »Ich lasse dich nicht lange warten, Schwester.«
    Ruth ging der Frau nach und betrat einen Raum, in dem ein Waschbecken
auf Eisenfüßen stand. An den Wänden befand sich jeweils eine Steinbank, und darüber hing eine Reihe von umgekehrten Hirschhörnern, die man als Kleiderhaken benutzen konnte.
    »Wenn Ihr fertig seid, läutet Ihr, und ich hole Euch ab, damit Ihr am Ausgang nicht mit einer anderen Frau zusammentrefft, die das Gleiche will und sich deshalb schämt. Ihr wisst ja, dass das Gesetz verlangt, diese Zeremonie allein auszuführen.«
    Nach diesem Gespräch zog sich die Aufseherin ohne ein weiteres Wort zurück und schloss die dicke Tür hinter sich.
    Ruth blieb allein und dachte nach. Sie setzte sich auf eine Bank und zog sich die Sankas aus. Als sie barfuß war, stand sie auf und entledigte sich ihres Obergewands, der Almejía , schließlich des Hemds und der Hose. Nachdem sie alle Sachen an die Kleiderhaken gehängt hatte, nahm sie das für die Zeremonie notwendige Öl und stellte es auf den Rand der riesigen, in den Fels gehauenen steinernen Badewanne. Dann stieg sie ins fließende Wasser, das durch ein Loch eindrang und durch ein anderes hinausfloss. Obwohl schon Juni war, durchzuckte ein Kälteschauer ihren gertenschlanken Körper und bewirkte, dass sich ihre Brustspitzen wie rote Kirschen aufrichteten. Unwillkürlich dachte sie an Martís Hände, und die Berührung des Wassers kam ihr wie eine Liebkosung vor.

92
    Marçal von Sant Jaume und Pedro Ramón
     
    E ine streng geheime Zusammenkunft fand im prächtigen Trophäen- und Rüstungssaal des Grafenschlosses statt. Bei besonderen Gelegenheiten kann sich der Wolf mit dem Fuchs verbrüdern: wenn es darum geht, Schafe zu töten. Die Verschwörer waren zwei Persönlichkeiten von adligem Geblüt, beide spornte ein gemeinsames Interesse an.
    Der eine war Pedro Ramón, der älteste Sohn des Grafen von Barcelona, und der andere Marçal von Sant Jaume, ein mächtiger Aristokrat, der viele Monate als Geisel bei al-Mutamid, dem maurischen König von Sevilla, hatte zubringen müssen. Die zwei Männer hatten sich in einem abgeschiedenen Winkel des Raums niedergelassen, neben einem Fenster, das die letzten Sonnenstrahlen des Juniabends durchließ. Sie sprachen über ihr Unglück und trösteten sich gegenseitig.
    »Ich habe es satt, Unverschämtheiten zu ertragen, und glaubt mir, wenn ich Euch sage, dass mir eines Tages das Blut in den Adern kocht, und an diesem Tag kann alles Mögliche geschehen.«
    So hatte sich Pedro Ramón geäußert.
    »Und das sagt Ihr, wo Ihr im letzten Jahr tun konntet, was Euch gefiel. Stellt Euch vor, dass Ihr ohne eigene Schuld zur Geisel eines Ungläubigen werdet, der Euch der Freiheit beraubt. Man hat mich als Austauschobjekt benutzt, und bei meiner Rückkehr, als die Danksagungen vor dem ganzen Hof ausgesprochen wurden, hat man mich nicht einmal

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