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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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als schlüge man ein Schiff leck und zerbräche gleichzeitig sein Steuer.«
    »Macht ihnen keine Vorwürfe: Sie sind gute Leute, aber sie haben Angst. Wenn alles wieder ins Lot kommt, sehen sie die Dinge sicher mit anderen Augen an. Ein Unglück kommt nie allein, aber vergesst nicht, auf Regen folgt Sonnenschein, und Gott lässt sinken, aber nicht ertrinken. Doch wie steht es um Eure Geschäfte mit Baruch? Ihr dürft annehmen: Wenn sich dabei eine Möglichkeit bietet, werden sie Euch übel mitspielen.«
    »Dafür gibt es keinen Grund: Ich habe zwar Geschäfte mit den Geldverleihern, aber sie sind nicht meine Teilhaber. Sie versichern lediglich meine Schiffe und Waren. Wahrscheinlich müssen sie von dem Geld, das sie von mir bekommen, eine feste Abgabe an den Grafen bezahlen, doch das hat nicht das Geringste mit mir zu tun. Wenn alle, die Geschäftsbeziehungen mit den Hebräern unterhalten, gezwungen wären, auf deren Dienste zu verzichten, würde das Wirtschaftsleben der Grafschaft zusammenbrechen. Macht Euch jetzt um mich keine Sorgen. Denkt lieber daran, was wir für Baruch tun können.«
    »Mir fällt nur eines ein: Ich muss mich an die Gräfin wenden, damit sie für Euch und mich einen Passierschein ausstellt, um Baruch besuchen zu können. Er ist mein Freund, man hat ihn zu Unrecht verurteilt, und er ist in Not. Ich denke, das sind Gründe genug.«

100
    Der Passierschein
     
    D ie Gräfin erklärte sich einverstanden, den Passierschein auszustellen. Der Domherr hatte die Erlaubnis erbeten, mit letzter Kraft versuchen zu dürfen, den Verurteilten zum wahren Glauben zu bekehren, um dessen unsterbliche Seele zu retten, und Martí Barbany sollte ihm als Messdiener beistehen.
    Gleich nach Tagesanbruch erschienen die beiden Männer an den Toren des Palau Menor, in dessen Kerker man Baruch eingesperrt hatte.
    Der Posten am Eingang nahm das Dokument in die Hand, und nachdem er das Siegel der Gräfin gesehen hatte, sagte er ihnen, dass sie warten sollten. Er ging in die Wachstube, um seinen Vorgesetzten zu unterrichten. Dieser war ein alter Soldat, den man wegen seiner Verdienste, die von zwei blassen, ihm quer übers Gesicht laufenden Narben bezeugt wurden, zum Offizier befördert hatte. Er kam ihnen mit dem Pergament in der Hand entgegen.
    »Kenne ich Euch?«
    Damit wandte er sich an Eudald.
    »Vielleicht: In diesem entzückenden Barcelona kennen wir uns alle.«
    »Aber ich sehe Euch nicht als Priester vor mir.«
    »Als der wurde ich nicht geboren.«
    »Wo habt Ihr Eure Knochen denn früher spazieren geführt, Euer Gnaden?«
    »Auf verschiedenen Wegen und bei vielen Gelegenheiten.«
    Der Mann ließ sich nicht abweisen.
    »Ich habe Euch auf andere Weise kennengelernt. Wart Ihr nicht bei den Kämpfen mit Mir Geribert dabei?«
    »Vielleicht, aber nicht als Geistlicher.«
    Ein Lächeln erhellte das Gesicht des Mannes.
    »Ihr habt bei Vallfermosa mitgekämpft.«

    »Dort und an vielen anderen Orten, und das zusammen mit dem Vater meines Freundes.«
    Der Offizier betrachtete Martí aufmerksam.
    »Erinnert mich an den Namen seines Vaters.«
    »Guillem Barbany von Gorb.«
    Der Mann starrte ihn an, als hätte er ein Gespenst gesehen.
    »Beim Bart des heiligen Petrus! Jetzt fällt es mir ein: Ihr wart ein Herz und eine Seele … An dem Tag, als mich ein Wurfspieß so zugerichtet hat«, sagte er und zeigte auf die blasse Narbe, »hat mich Euer Vater aus dem Durcheinander gerettet. Das waren ruhmreiche Zeiten damals, nicht wie die jetzt, wo sich hier jeder Günstling als Stutzer am Hofe schneller empordient, als wir es in allen Grenzkriegen erreichen konnten.«
    »Ich freue mich, Euch getroffen zu haben. Es ist immer gut, alte Bekannte wiederzufinden.«
    »Hier habt Ihr mich. Uns Krüppel braucht man nur noch dafür, harmlose Gefangene zu bewachen oder Streifengänge zu machen. Ihr habt das Richtige getroffen, mir wäre es als Geistlicher auch besser ergangen: Das wäre eine Möglichkeit gewesen, im Alter umsonst zu essen, während mich magere und reichlich unsichere Tage erwarten, und dazu muss ich zu Hause noch eine Hexe und drei Kinder ertragen.«
    »Vielleicht hat Euch die Berufung gefehlt, ein Mann der Kirche zu werden.«
    »Auch ohne sie hätte mir das besser gefallen, als auf irgendeinem Posten Wache zu stehen.«
    Eudald unterbrach den Wortschwall des alten Soldaten, wobei er dachte, dass es gut war, da drinnen einen Verbündeten zu haben.
    »Es hat mich gefreut, Euch wiederzubegegnen, aber wir sind hier, um einen Dienst

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