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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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ihre Mutter kümmern. Ihr wisst ja, wie die Juden sind.«
    »Mit Rücksicht auf Euch durchsuche ich ihn nicht, aber Ihr müsst mir versprechen, dass er nicht versucht, dem Gefangenen irgendeine Waffe zuzustecken.«
    »Durchsucht ihn, wenn Ihr Euch dann ruhiger fühlt.«
    »Euer Wort genügt mir. Bitte beeilt Euch.«
    »Es dauert nur so lange, bis er den Segen seines Vaters und ein paar kurze Ratschläge erhält, bevor er in die Verbannung aufbricht.«
    Fornolls machte ihnen ein Zeichen, ihm zu folgen.
    Als sie an der Wachstube vorbeikamen, wo seine Männer schlummerten, befahl er einem von ihnen, den Posten draußen zu übernehmen.

    Die drei durchschritten den engen Gang, und als sie zur Gittertür kamen, schloss Fornolls auf. Nachdem er Martí noch einmal daran erinnert hatte, nicht lange zu bleiben, ließ er sie allein.
    Sobald Baruch die Schritte mehrerer Menschen hörte, erriet er, dass sich seine liebe Tochter näherte, und er erhob sich. Ruth stürzte ihm entgegen und in seine Arme, wie sie es als kleines Mädchen getan hatte. Sie fasste ihn um die Taille und weinte hemmungslos.
    Martí wartete an einer Seite. Er dachte daran, dass es die letzte Umarmung der beiden war und dass Baruchs Bild von diesem Tag an und für immer im Herzen seiner Tochter bleiben würde.
    Sie trennten sich, ohne sich ganz loszulassen, und setzten sich auf die an der Wand stehende Lagerstatt. Sie blickten einander unverwandt an und beachteten Martí überhaupt nicht. Kurz danach fand Baruch wieder in die Außenwelt zurück.
    »Ich danke Euch aufs Neue, mein Freund. Wenn ich noch alles besäße, was man mir weggenommen hat, und es Euch gäbe, würde das nicht den Gefallen aufwiegen, den Ihr mir erwiesen habt.«
    »Baruch, erinnert Euch, es war der erste Rat meines Vaters, dass ich immer mein Wort halten sollte. Ich habe Euch versprochen, Ruth herzubringen, und das habe ich getan.«
    Keiner wagte es, etwas zu sagen, und angstvolles und trostloses Schweigen herrschte im Raum. Ruth schluchzte.
    »Ängstige dich nicht, mein Schatz, ich bin ein glücklicher Mensch. Der Todesengel kann den Menschen in einem schlimmen Augenblick heimsuchen, wenn er mit Jahve entzweit ist. Mir aber wurde das Geschenk zuteil, den Tag und die Stunde zu kennen.«
    Martí war erstaunt, dass in dieser schrecklichen Lage nichts Baruchs Gleichmut störte. Er konnte sich nicht zurückhalten und rief: »Ich bewundere Euch noch mehr als früher, wenn das möglich ist. Selten sind Menschen in einem solch entsetzlichen Augenblick fähig, die gleiche Standhaftigkeit wie Ihr zu zeigen.«
    »Es bleibt wenig Zeit, und wir müssen sie gut nutzen. Widmen wir uns denen, die hierbleiben. Ich brauche nur noch wenig. Bitte tretet beiseite, wenn es Euch nichts ausmacht … Es gibt Dinge, die ich mit Ruth allein besprechen muss.«
    Martí entfernte sich. Von seinem Platz aus konnte er das Gemurmel Baruchs und das unbezwingliche Weinen Ruths hören. Es dauerte nur wenige Augenblicke.

    »Kommt, Martí«, sagte Baruch. »Ich möchte Euch um noch etwas bitten.«
    Martís Stimme klang düster und ernst.
    »Alle Eure Wünsche werden erfüllt, mein Freund. Was betrübt Euch noch?«
    »Geht in mein Haus, denn Ruth darf sich ihm nicht nähern. Unter der Mesusa findet Ihr einen Schlüssel für die Gartentür. Meine Tochter, behalte ihn. Früher oder später kehrst du zurück, und an diesem ruhmreichen Tag wird meine Ehre bei meinen Leuten wiederhergestellt. Dann, Ruth, musst du deine Mutter holen und sie in ihr Heim zurückbringen, das sie nie hätte verlassen sollen. Bewahre keinen Hass in deinem Herzen. Der Hass ist wie bösartiger Efeu, der sich emporrankt und dabei die Seele des Opfers verdorren lässt. Und jetzt gebe ich euch meinen Segen. Kniet nieder.«
    Als sie aufstanden, erklangen Jaume Fornolls’ Schritte im Gang.

103
    Der Galgen
     
    M an hatte den Galgen am Regomir-Tor errichtet, weil es weit entfernt vom Call lag, und obwohl zu erwarten war, dass die Juden den Sabbat wahrten und niemand von ihnen sein Haus verlassen würde, wollte man lieber keine Probleme heraufbeschwören. Das Urteil, das der Graf auf Drängen Bernat Montcusís gefällt hatte, sollte unerbittlich vollzogen werden. Und der Graf hatte seinen Ratgeber für Versorgung und Märkte belohnt, weil sich dieser eine solch glänzende Lösung für die unangenehme Angelegenheit mit den falschen Maravedis einfallen ließ … Montcusí hatte auch dafür gesorgt, dass aus dem Ereignis ein einträgliches Fest wurde. Seit dem

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