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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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der Tribüne der Bürger unterstützte man Martí, die Adligen hingegen stimmten der Darstellung des Ratgebers zu, und der Klerus zögerte. Nach einer langen Pause ergriff Bernat wieder das Wort.
    »Ich bin mir bewusst, dass das rechtliche Argument, das ich nun vortragen möchte, nicht gerade sympathisch wirkt, aber es wird den ehrenwerten Richtern zeigen, dass das Recht auch in dieser Hinsicht auf meiner Seite steht.
    Nehmen wir einmal an, dass ich all dieses Unglück wirklich verschuldet habe. Hat mein Gegner nicht zugegeben, dass ich ihn mit meiner Patentochter verheiraten wollte? Wozu ist ein Mann verpflichtet, um seinen Fehler wiedergutzumachen, wenn er ein Mädchen entehrt, ob er sie nun geschändet hat oder nicht? Trifft es nicht zu, dass er einzig und allein einen Gatten für die Entehrte suchen und sie mit einer angemessenen Mitgift ausstatten muss? Nun, genau das hat dieser bescheidene Diener der Grafschaft Barcelona getan, und dabei trifft ihn gar keine Schuld, verehrte Herren.«
    Nach diesen Worten kehrte er zu seinem Platz zurück. Er war sicher, dass er die Mitglieder des ehrenwerten Gerichts veranlasst hatte, wenigstens begründete Zweifel zu hegen, ganz zu schweigen vom einfachen Volk, von dem er immer glaubte, dass es leicht zu beeinflussen war.
    Die drei Richter sahen einander an, steckten die Köpfe zusammen und berieten sich. Dann stand Bonfill auf.
    »Ratgeber Montcusí! Wir wollen Eure frühere Wirtschafterin vorladen,
wobei wir die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen treffen werden. Sie soll herkommen und aussagen.«
    »Euer Ehren, ich verstehe, dass dies sehr hilfreich sein würde. Aber ich glaube nicht, dass sie kommen kann, es sei denn, dass Ihr den Gerichtsdiener in die Hölle schickt, um sie zu holen. Ich habe erfahren, dass diese Edelmunda im letzten Winter an der Lepra gestorben ist.«

117
    Die Vorsehung der Gerechten
     
    D as Treffen fand am Abend in Martís Haus statt. Eingeladen waren Pater Llobet, die Kapitäne Jofre und Felet, der von seiner letzten Fahrt zurückgekehrt war, der Grieche Manipoulos und Omar. Dieser hatte im Lauf der Jahre großen Einfluss im Haus gewonnen, und darum nahm er nun eher als Freund und nicht nur als Verwalter teil.
    Die eintreffenden Gäste wurden vom Wirtschafter Andreu Codina zum Musiksaal im ersten Stock geführt. Alle setzten sich um den großen Kamin und rund um ein Feldbett, auf dem Martí ruhte.
    Eudald hatte sich zu Wort gemeldet.
    »Bedenkt, liebe Freunde, dass sich das Zünglein der Waage in der Mitte hält. Ich würde sogar behaupten, die Sache steht auf des Messers Schneide. Die Bürger sind auf Eurer Seite, Martí, aber nicht die Adligen, und die Geistlichen, die ich genau kenne, werden sich erst festlegen, wenn die Sache klar ist.«
    »Nicht einer der drei Stände, sondern der Graf hat das Urteil zu verkünden«, kommentierte Kapitän Jofre.
    Der listige Manipoulos meinte: »Wir sollten nicht vergessen, dass nur ein paar Privilegierte den Mächtigen ins Ohr flüstern dürfen, und selbst wenn die Bürger auf Eurer Seite stehen, haben sie doch keinen Zutritt zum Schloss und nehmen nicht an irgendeiner Ratssitzung teil.«
    »Der einzige öffentlich anerkannte Rat besteht aus den Richtern, und wie es scheint, hat Eure Beweisführung die Richter tief beeindruckt.«
    Llobet lehnte sich auf seinem Sitz zurück und erwiderte: »Nicht alle, Felet. Ich weiß genau, dass wenigstens einer für den Ratgeber eingenommen ist.«
    »Erklärt mir das, Eudald: Welche Folgen könnte ein ablehnendes Urteil für Martí haben?«, fragte Felet.

    »Sie wären schrecklich, mein Sohn, wirklich schrecklich.«
    »Wieso schrecklich?«
    »Die Lis ist ein Ehrengericht. Wenn Martí diesen Prozess verliert, nimmt man an, dass er in einem Punkt gelogen hat, und dafür könnte der Ratgeber eine Entschädigung verlangen, die Martís Ruin gleichkäme.«
    »Das gilt auch umgekehrt«, betonte Jofre.
    »Selbstverständlich. Trotzdem fürchte ich, wenn Ihr nicht einen unwiderlegbaren Beweis beibringt, könnt Ihr Euch selbst die Finger verbrennen. Ich habe Euch schon mehrmals gewarnt, dass Ihr in ein Wespennest greift, Martí. Man muss anerkennen, dass Montcusí äußerst geschickt vorgeht. Er nennt mich, weil er weiß, dass ich nicht als Zeuge aussagen darf, und Euren Argumenten entnimmt er Punkte, die zu seinen Gunsten sprechen. So konnte er Edelmundas Brief benutzen, um vor den Richtern zu betonen, dass Aixa eine Sklavin war … Die Angelegenheit ist äußerst verwickelt, Martí.

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