Das Vermächtnis des Martí Barbany
Schwangerschaft hielt es dieser Mensch für vorteilhaft, sich einen Plan auszudenken, wie er einen Vater für das Kind suchen und dabei noch ein einträgliches Geschäft machen konnte. Deshalb bot er mir die Ehe mit seiner Stieftochter an. Aber die Würfel des Schicksals sind launenhaft, und es kamen schlechte Zahlen
heraus. Wenn dieser Beweis nicht ausreicht, glaube ich allmählich, dass es zwei Arten von Recht in der Grafschaft gibt.«
Diesmal störte nicht einmal ein Seufzer das Schweigen im Saal, bevor Richter Bonfill anordnete, dass sich Martí wieder setzen sollte. Er wandte sich an den Ratgeber: »Herr Montcusí, Ihr habt das Wort.«
Mit bekümmertem Gesicht, aber entschlossen, bis zum Tod zu kämpfen, ging Bernat Montcusí zu seinem Pult.
»Eure Ehren! Gestattet mir diesmal und unter diesen folgenschweren Umständen, denn hier ist ja meine Glaubwürdigkeit und damit mein guter Ruf in Gefahr, dass ich mich gegen so viele unsinnige Anschuldigungen am Pult und im Stehen verteidige.
Es ist bloßer Unfug, wenn man die Tatsachen so weit verdrehen will, dass man gutgläubige Menschen verwirrt und seine Darlegungen auf Unwahrheiten und Aussagen stützt, die von Hass und Rache veranlasst werden.«
Hier machte er eine auffällige Pause und stieß wie jemand, der wegen einer offenkundigen Ungerechtigkeit den Himmel anruft, einen tiefen Seufzer aus.
»Es trifft zu, dass ich eine Wirtschafterin in meinem Haus hatte, die mir jahrelang treu gedient hat. Aber unglücklicherweise ist sie an Lepra erkrankt, und ich musste nicht nur auf ihre Dienste verzichten, sondern war auch gezwungen, sie einzusperren. Tatsächlich hatte diese Edelmunda, denn so hieß sie, mein Vertrauen gewonnen, doch meine Pflicht, das Gesetz einzuhalten, wiegt viel schwerer als meine mögliche Zuneigung, und darum war ich gegen meinen Willen und trotz ihres Widerstrebens gezwungen, sie in das bewachte Lepraspital zu schicken, das sich am Hang des Montseny befindet. Dieser Brief ist nichts anderes als eine Rachetat, die sich aus ihrer Abneigung und ihrem Groll gegen meine Person erklärt. Trotzdem werdet Ihr feststellen, dass in diesem Schreiben eine einzige Wahrheit gesagt wird, und da es sich so verhält, betont sie dies mehrmals. Sie bezeichnet diese Aixa als das, was sie war, als eine Sklavin, denn als solche ist sie in mein Haus gekommen. Das Übrige, so möchte ich annehmen, ist eine Phantasiegeschichte, die sie in ihrem Hass ausgebrütet hat. Aber sagt mir, hochverehrte Richter: Was konnte ein treuer Gesetzesdiener anderes tun, so schmerzlich auch die Entscheidung war? Die Frau wollte in Barcelona bleiben und weigerte sich, das Holzglöckchen zu tragen, das vor einem Aussätzigen warnt. Dies ist der einzige Grund für den Brief. Aber da meine Ehrbarkeit in Zweifel gezogen
wurde, will ich die Tatsachen berichten, so wie sie geschehen sind, was ich zuvor nicht getan habe, weil ich dachte, dass der gute Name meiner lieben Tochter, die unter so traurigen Umständen verstorben ist, durchaus etwas Respekt und vor allem Diskretion verdiente. Jetzt sind die Dinge so durcheinandergeraten, dass ich alles enthüllen muss.«
In einer wohlkalkulierten Pause ging der Ratgeber zu seinem Tisch, ergriff eine Flasche und schenkte sich Wasser in ein Glas. Er nahm einen ausgiebigen Schluck und wartete, dass seine Worte bei den Zuhörern wirkten. Dann kehrte er zum Pult zurück und setzte seine Erklärung fort.
»Nun hört zu, liebe Mitbürger, und beurteilt, ob die wahre Geschichte, die ich Euch darlege, nicht glaubwürdiger als die Reihe von Lügen ist, zu denen sich der Bürger Barbany in seinem offenkundigen Hass verleiten ließ, den er mir gegenüber empfindet. Wie Ihr wisst, habe ich eine Bedingung für die Heirat meiner Patentochter mit dem Betreffenden gestellt, wobei ich lediglich verlangte, dass er Bürger dieser wunderbaren Stadt würde. Nun denn, er wollte sichergehen und hat die einzige Blume meines Gartens mehrmals verführt, und das tat er mit dem geheimen Einverständnis der Sklavin Aixa, und ich betone absichtlich, der Sklavin, und zwar im Haus Adelaidas, der Kinderfrau meiner Stieftochter. Wie Ihr verstehen werdet, habe ich das erst später erfahren.
Als Barbany abgereist war, habe ich als guter Familienvater auf dieses Heiratsangebot verzichtet, das weder Hand noch Fuß hatte. Ich habe meiner Tochter mitgeteilt, der Augenblick sei gekommen, einen Mann für sie zu suchen, und ich habe mich bei den Söhnen der gleichrangigen Familien
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