Das Vermächtnis des Martí Barbany
einer einzigen Öllampe zurück. Aixa bewachte ihn, und er versank beinahe im Delirium. Ruth führte inzwischen die Anweisungen aus, die ihr Martí überstürzt erteilt hatte.
Die Frau hatte ja gestanden, dass sie sich in Schwierigkeiten befand. Ruth ging zu der Truhe mit den kreuzweise übereinander liegenden Bändern, die Martís Vater gehört hatte. Als sie gerade die Mancusos herausnehmen wollte, die sie der Frau geben sollte, erblickte sie etwas
Wohlbekanntes, das in einem Winkel der Truhe lag. Das veranlasste sie, sich einen Plan auszudenken, der entscheidende Bedeutung gewinnen konnte. Ihr blieben nur zwei Tage, um ihr Vorhaben auszuführen, und die Gefahr, die es mit sich brachte, war gering im Vergleich mit dem riesigen Nutzen, den es ihrem Geliebten bringen konnte, der hohes Fieber hatte und beinahe bewusstlos war, sodass er ihren Plan nicht billigen oder verhindern konnte. Sie schloss die Truhe und ging zu der Frau.
»Da, nehmt.« Bei diesen Worten streckte sie der Frau einen dicken Geldbeutel hin.
»Herrin, was gebt Ihr mir?«
»Fünfzig Dinare. Das hat mein Verlobter angeordnet«, sagte Ruth und sprach das Wort »Verlobter« mit besonderer Freude aus. »Außerdem hat er gesagt, dass Ihr jedes Jahr wiederkommen sollt und dass man Euch dann den gleichen Betrag gibt.«
Der Frau rannen unaufhaltsam Tränen über die Wangen.
»Herrin, ich kann eine solche Summe nicht annehmen.«
»Geht mit Gott. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, welche Wohltat Ihr diesem Haus erwiesen habt.«
»Ich werde Euch alle Tage meines Lebens segnen.«
Ruth beachtete nicht die Dankbarkeitsbekundungen der Besucherin und schnitt ihren Redeschwall mit den Worten ab: »Ich lasse Euch von einem Diener in einem Wagen begleiten. Es ist nicht gut, dass Ihr um diese Zeit mit einer solchen Summe durch die Straßen Barcelonas lauft.«
Die Frau dankte ihrem Schicksal und ging. Ruth bestellte Omar in den kleinen Saal, sobald sie fort war.
Ihre Besprechung dauerte längere Zeit. Der treue Diener war sich zwar im Klaren, welchen Nutzen der Plan seiner Herrin für Martí bringen konnte, doch er unterließ es nicht, sie auf die große Gefahr hinzuweisen, der sie sich aussetzte, falls sie mitten in der Nacht entdeckt wurde, während sie sich als Mann verkleidet hatte und einen solch verfänglichen Schatz bei sich trug.
Als ein junger Reiter nach Mitternacht durchs Regomir-Tor kam, hatte er einen der Geleitbriefe bei sich, der allen Angestellten der Werft Martí Barbanys erlaubte, sich frei zu bewegen. Im Schritttempo, um nicht aufzufallen, wandte er sich dorthin, wo der Strand endete, der Abhang des Montjuïc nicht weit war und sich die Schmieden befanden, deren Widerschein man von Barcelona aus sehen konnte.
Als er angekommen war, stieg er vom Pferd, band es an eine Stange und näherte sich den Lagerfeuern, wo ein paar Schmiede von ihrer Arbeit ausruhten, einen kleinen Imbiss zu sich nahmen und aus einer ledernen Weinflasche tranken.
»Kennt jemand von Euch Kapitän Jofre?«
»Ich habe ihn an der fünften Schmiede gesehen. Dort findet Ihr ihn sicher.«
»Gott schütze Eure Gnaden.«
Ruth, denn sie war der Reiter, ging zur angegebenen Schmiede, die nicht einmal hundert Meter entfernt war.
Die Hämmer schlugen laut auf das heiße Metall und erfüllten die Nacht mit sonderbaren Rhythmen. Als Ruth die Erlaubnis des Wächters am Eingang erhalten hatte, trat sie durch die Gittertür der Schmiede. Das Bild der Funken sprühenden Öfen und das flammende Rot, das sich auf den nackten Oberkörpern der Schmiedearbeiter spiegelte, ließ sie an einen Hexensabbat mitten in der Hölle denken. Es herrschte ohrenbetäubender Lärm. Ruth lief zu zwei Jungen, die damit beschäftigt waren, in große Espartokörbe die Metallspäne zu sammeln, die bei den ledernen Blasebälgen lagen, damit man sie wieder in die Öfen schütten konnte.
Um sich in diesem ganzen Tumult verständlich zu machen, schrie sie einem der Jungen laut ins Ohr, wo Kapitän Jofre zu finden sei. Der Junge zeigte mit dem Finger auf einen Verschlag im Hintergrund der Schmiede, zu dem man über eine kleine Holztreppe gelangte.
Jofre sah sie kommen und trat sofort nach draußen, weil er glaubte, dass etwas Schlimmes der Grund für einen solch ungewöhnlichen Besuch war. Ruth wollte ihn beruhigen, aber der Lärm war dermaßen laut, dass es ihr unmöglich war, ihm zu erklären, warum sie ihn besuchte, bis er sie am Arm nahm, sie in die kleine Kammer führte und die Tür schloss.
Je mehr
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