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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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hörte, dachte ich an den Auftrag, den mir meine Mutter vor ihrem Tod hinterlassen hatte. ›Geh zu Martí Barbany‹, hat sie zu mir gesagt, ›und gib ihm diese zwei Briefe. Er weiß, was er damit zu tun hat.‹ Und deshalb bin ich gekommen.«
    Bei diesen Worten zog die Frau an der Schnur, die den Beutel oben zusammenhielt, öffnete ihn und holte zwei Umschläge heraus. Einer war immer noch mit dem Lacksiegel verschlossen, das Siegel des anderen war aufgebrochen.
    Ruth nahm die Umschläge schnell entgegen und reichte sie an Martí weiter, den das Fieber, die Hitze und die Aufregung reichlich schwitzen ließen.
    In dem Schreiben, dessen Siegel bereits aufgebrochen war, hieß es:
    Liebe Adelaida!
     
    Ich weiß nicht, ob dieser Brief in Eure Hand gelangt. Ich bin in großen Schwierigkeiten, und ich kann nicht voraussagen, ob ich meinen Geliebten wiedersehe. Ich bitte Euch, wenn Ihr nichts mehr von mir hört oder, noch
schlimmer, wenn Ihr erfahrt, dass ich gestorben bin, sorgt dafür, dass er den zweiten Brief, den ich Euch zusammen mit diesem hier gebe, nach der Rückkehr von seiner Reise erhält. Wenn ich Edelmundas Wachsamkeit täuschen kann, übergebe ich Euch selbst den Brief. Sonst lasse ich mir schon etwas einfallen, wie ich ihn Euch übermittle.
    Stets die Eure. Empfangt die liebevollen Dankesgrüße Eurer
     
    LAIA BETANCOURT
    Ruth erkannte an der Miene ihres Geliebten, dass der Brief von größter Bedeutung war.
    Die Frau erklärte: »Ich bitte Euch um Entschuldigung, dass ich nicht eher gekommen bin. Mein Gewissen hat mir keine Ruhe gelassen. Ich bin Bürgerin Barcelonas, denn diesen Stand habe ich von meinem Vater geerbt, und das habe ich genutzt, um jeden Tag die Lis zu besuchen und Euch vom Ausgang bis zu Eurem Haus zu folgen. Ich musste mich vergewissern, bevor ich den Wunsch meiner Mutter erfüllte, wenn ich auch all meine Ersparnisse für dieses Unternehmen ausgegeben habe. Gestern ließen mich Eure Diener nicht herein, und heute wäre das Gleiche geschehen, wenn ich nicht dieses junge Mädchen an der Tür getroffen hätte.«
    Ruth gab Martí ein Messer. Er schnitt das Siegel des zweiten Briefs auf und las ihn.
     
    Barcelona, 10. Februar 1055
    Liebster Martí!
     
    Ich weiß nicht, ob dieser Brief in Eure Hand gelangt und ob ich noch lebe, wenn es so kommen sollte. Kümmert Euch nicht um einen anderen Brief, den Ihr zuvor erhalten habt. Man hat mich gegen meinen Willen gezwungen, ihn zu schreiben. Ich liebe Euch von ganzem Herzen, und nichts hätte mich im Leben so glücklich gemacht, als wenn ich Euch hätte gehören dürfen, doch das wäre zu schön gewesen, und es war mir nicht bestimmt.
    Ich bin das Spielzeug meines Stiefvaters. Er hat mich entehrt und schändet mich immer aufs Neue, wenn es ihn danach gelüstet, wobei er mir ständig droht, Aixa vor meinen Augen die Haut abzuziehen.
    Wenn er mir Gewalt antut, liege ich wie tot da, und meine Gedanken
eilen zu Euch. Ich weiß nicht, wie lange ich diese Lage ertragen kann, aber Ihr sollt erfahren, dass Euch mein Herz gehört und dass mein letzter Atemzug Euch gilt.
    Ich liebe Euch voller Hingabe,
     
    LAIA BETANCOURT
    Martís Hand fiel erschlafft zur Seite. Ruth nahm das Schreiben und las es.
    »Herrin, Ihr habt mir Leben und Tod zugleich gegeben. Ihr sollt wissen: Solange ich lebe, bin ich Euch dankbar. Wartet hier und erlaubt, dass Euch meine Verlobte Ruth den Beweis meiner Dankbarkeit übergibt.«
    Ruths Augen glänzten, als sie nur das eine Wort heraushörte.
    »Ich will nichts, Herr. Die Erinnerung an meine Mutter hat mich gedrängt, meine Pflicht zu erfüllen.«
    »Ihr habt gesagt, dass Ihr Witwe seid und dass Ihr Euch beinahe verschuldet habt, um mir zu helfen. Ihr sollt wissen, dass es Euch nie wieder an etwas fehlen wird, weder Euch noch Euren Kindern.«
    Weinend kniete die Frau nieder und wollte die Hand Martís mit Küssen bedecken. Dieser hob sie an den Schultern hoch.
    »Um Gottes willen, steht auf! Ich bin in Eurer Schuld und kann sie nie wiedergutmachen. Und jetzt entschuldigt mich bitte, aber ich muss mich zurückziehen.«
    Dann wandte er sich an Ruth, in deren Augen sich freudige Überraschung und zugleich unermessliche Qual spiegelten, die dieser Brief in ihr hervorgerufen hatte. Er sagte zu ihr: »Gebt Omar und Andreu Bescheid, damit sie Euch helfen, mich ins Bett zu bringen. Ich verliere gleich das Bewusstsein.«
    Ruth schaffte Martí ins Schlafzimmer, wobei ihr die beiden Männer halfen. Sie ließ ihn im Halbdunkel beim Schein

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