Das Vermächtnis des Martí Barbany
Tagen bekommt Ihr eine vollständige Antwort auf Euer Gesuch. Sagt meinem Sekretär, wo Ihr wohnt, und ich verspreche Euch, dass wir uns wiedersehen. Ich halte es für besser, dass wir uns bei mir zu Hause treffen und ein paar Einzelheiten klären: Ich ziehe es vor, bestimmte Sachverhalte und Umstände nicht in diesem Büro zu behandeln. Alles hat seinen Preis, wie Ihr sicher versteht, und wenn ich versuche, Eure Idee durchzusetzen, muss ich mir die Mühe machen, den einen oder anderen Widerspenstigen zu überzeugen, der jede Neuerung ablehnen und den nur der Glanz des Goldes von seiner natürlichen Neigung abbringen wird, sich Eurem prächtigen Einfall entschieden zu
widersetzen. Diese Ausgabe müsst Ihr aus Eurer Börse bestreiten, aber denkt daran, dass ein gutes Geschäft unter mehreren besser ist als das Elend für einen allein: Nächstenliebe besteht darin, mit den Übrigen zu teilen, vor allem, wenn unser Glück und die Ergebnisse eines Geschäfts von ihnen abhängen.«
Martí glaubte, dass ihm seine Ohren einen schlechten Streich spielten.
»Ihr ehrt mich über alle Maßen, Herr. Ich verdiene nicht, dass Ihr mich mit Eurer Gastfreundschaft auszeichnet.«
»Macht Euch keine Sorgen. Ich bin mir sicher, dass Ihr diese Ehre in nicht allzu ferner Zeit mehr als verdient habt.«
Der vornehme Herr erhob sich und erklärte damit das Gespräch für beendet. Martí verabschiedete sich mit einer leichten Verbeugung, die Respekt, aber keine Unterwürfigkeit bekundete. Als er sich entfernte, konnte er aus den Augenwinkeln einen Blick zur Sanduhr auf dem Kamin werfen, und er stellte fest, dass ihm einer der einflussreichsten Männer der Stadt mehr als eine Stunde seiner äußerst wertvollen Zeit gewidmet hatte. Als er hinaustrat, verabschiedete er sich liebenswürdig von Conrad Brufau, der ihn erstaunt anstarrte, weil er daran dachte, dass der erlauchte Ratgeber mehr als die dreifache Zeit für diesen Besucher aufgewandt hatte, als er sie gewöhnlich für jeden anderen Antragsteller brauchte.
21
Der römische Papst
Rom, Sommer 1052
S rmesenda von Carcassonne ging in Cadaqués an Bord. Ihr Ziel war der römische Hafen Ostia, und von dort aus wollte sie sich zur Engelsburg, der Residenz des Pontifex Viktor II., begeben. Sie trat die Reise zusammen mit dem Bischof Guillem von Balsareny an. Das Schiff war ein Einmaster mit einem Rahsegel und der Flagge der Grafschaft Gerona, deren Seefahrzeuge den berechtigten Ruf genossen, zu den sichersten des Mittelmeers zu gehören. Da sie wusste, dass Cadaqués unter dem Einfluss des Hugo von Ampurias stand und dass ihn die unerträgliche Haltung ihres Enkels, der seine Tochter verstoßen hatte, aufs Äußerste ergrimmte, ließ sie sich von einer Reiterschar der Normannen Roger de Toënys begleiten. Ihre bloße Anwesenheit würde den kühnsten Krieger einschüchtern, und sie sollte sich ihr im Hafen Ostia wieder anschließen, um sie bei ihrer Reise nach Rom zu eskortieren. Am Morgen des dritten Tages kamen sie nach Cadaqués, und die Normannenkompanie schwärmte in Hufeisenform aus, damit Ermesenda sicher an Bord gelangen konnte. Sie und der Bischof wurden auf eine Schaluppe gebracht, und acht Ruderer fuhren sie zum Schiff. In einem großen Weidenkorb hob man Ermesenda an Deck. Danach hievte man diese Vorrichtung mehrmals hoch und hinunter, bis sich auch der ehrwürdige Kleriker und Ermesendas Gesellschaftsdamen, die mit einem zweiten Boot kamen, an Bord befanden. Auf dem Schiff war alles vorbereitet, damit die Grafenwitwe von Gerona während der Überfahrt die größten Annehmlichkeiten genießen konnte. Der Kapitän, ein alter, erfahrener Seebär, überließ ihr seine Kajüte und brachte die Damen in einer hierfür auf dem zweiten Deck hergerichteten Abteilung unter. Das Quartier des Bischofs richtete er am Achterdeck ein, in der Kajüte
des zweiten Offiziers. Die bewaffnete Eskorte, die sie begleitete, kam ins Hellegatt. Die Seereise verlief ohne Zwischenfälle, und nach neun Tagen gelangten die Gräfin und ihr Gefolge ans Ziel. Ihre Reitertruppe erwartete sie, und der große Normanne hielt schon zwei Wagen mit den dazugehörigen Dienern bereit, um sie zur Engelsburg zu geleiten. Die Fahrt dauerte zwei Tage. Die Reisenden erschauderten, als sie die Furcht erregende Festung mit ihren Rundtürmen, ihrer endlosen Zinnenreihe und ihren mächtigen Mauerzacken erblickten. Nicht so erging es Ermesenda, die unerschütterlich ihren Schwiegersohn Roger de Toëny und den Bischof
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