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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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Er stand in dem Ruf, ein harter Mann zu sein, der jedoch für Schmeicheleien sehr empfänglich war und für den Glanz des Goldes schwärmte. Ein erloschener, mannshoher Kamin beherrschte den Raum. Martí fiel eine riesige Sanduhr auf, deren beide Glaskolben je zwölf Striche hatten, um die Tages- und Nachtstunden zu bezeichnen. An dem schmalen
Röhrchen, das die beiden Kolben verband, war die Sanduhr mit einer Metallklammer befestigt, die an der Wand angebracht war. So konnte der diesen Dienst Verrichtende das Gerät jeden Tag einmal drehen, damit der feine Sand aus dem einen in den anderen Teil rieselte. Daneben befanden sich drei mit Schnitzereien verzierte Holzbänke, auf die man bequeme Kissen gelegt hatte. Die Wände waren mit kostbaren Teppichen behängt. Gegenüber einem breiten und geschwungenen Balkon stand ein großer Arbeitstisch, der alles Notwendige zu bieten hatte: ihn beleuchtete ein achtarmiger Kandelaber, und darauf waren Federn, Tintenfässer, Schreibunterlagen und Streusandbüchsen angeordnet.
    Martí trat heran, und sein Herz, das ohnehin schon schnell schlug, begann zu rasen. Gegenüber dem Schreibtischstuhl stand auf einer kleinen Staffelei eine winzige Skizze, und Martí erkannte sogleich den traurigen Blick des Mädchens mit den grauen Augen, das schon seit vielen Nächten seine Träume beherrschte.
    Hinter ihm ertönte eine Stimme.
    »Ich denke mir, dass Ihr nicht gekommen seid, um zu begutachten, wo ich arbeite. Seid so liebenswürdig und setzt Euch. Erklärt mir, warum Ihr mich aufgesucht habt. Meine Zeit ist knapp, und wenn ich Euch ohne Wartefrist empfangen habe, so deshalb, weil Euch mein Beichtvater Eudald Llobet empfohlen hat. Er hat eine sehr hohe Meinung von Euch.«
    Martí drehte sich schnell auf dem Absatz um, und vor ihm stand ein bemerkenswerter Mann. Der Berater war wohlbeleibt und weißhäutig. Sein Doppelkinn stützte sich auf die Brust, sodass er eigentlich keinen Hals hatte. Ein Haarstreifen umrundete seine Glatze. Er musterte Martí aufmerksam mit seinen listigen und verschlagenen Äuglein. Martí fand nicht die passenden Worte für diesen Augenblick, den er mit solchem Unbehagen herbeigesehnt hatte. Er nahm dem Mann gegenüber Platz, nachdem sich dieser gesetzt hatte.
    »Nun gut, junger Mann, wenn Ihr auch nur die Hälfte der Vorzüge besitzt, die der Erzdiakon bei Euch vermutet, woran ich zweifle, werdet Ihr es in Barcelona sehr weit bringen.«
    Martí fand endlich etwas zu sagen.
    »Eudald Llobet war ein enger Freund meines Vaters, und er behandelt mich gewiss mit Wohlwollen.«
    »Ich kenne Euren Gönner gut. Er ist kein Mann, der grundlos mit Schmeicheleien um sich wirft. Aber lassen wir die Abschweifungen beiseite.
Die Zeit drängt, und ich kann Euch nur einen Augenblick widmen. Erläutert mir dieses Projekt näher, von dem Eudald gesprochen hat.«
    Martí suchte zögernd nach Worten. Sie klangen immer entschiedener, je weiter er in seinen Erklärungen vorankam. Schließlich war sein Ton nicht mehr der eines schüchternen jungen Mannes, sondern der eines Erwachsenen, der wusste, wovon er sprach. Bernat Montcusí hörte seinem Vortrag zu, wobei er die listigen Augen halb geschlossen hielt und den Kopf auf die Rückenlehne seines Sessels stützte.
    »... So würden wir erreichen, dass der Luxus in den Wohnhäusern unserer vornehmsten Bürger die Bewunderung unserer Besucher erregt und unserer Stadt zum Ruhm gereicht.«
    Nach einer Pause, die Martí ewig vorkam, ließ sich der Ratgeber vernehmen.
    »Ihr habt die Sache glänzend dargestellt, ganz sicher. Ich muss Euch sagen, dass Ihr mich überrascht: Ihr drückt Euch bemerkenswert klar und knapp aus. Pater Llobet, unser gemeinsamer Freund, hat nicht übertrieben, als er seine Hochachtung für Euch äußerte. Aber sagt einmal, wie soll ich mich rechtfertigen, falls ich Euch die entsprechenden Genehmigungen erteile? Denn ich habe gewiss eine ganze Flut von Beschwerden derjenigen zu erwarten, die sich auf den Märkten von Eurer Konkurrenz benachteiligt fühlen.«
    Martí lächelte, weil er diese Frage vorausgesehen hatte.
    »Ich würde vor allem die Ausländer benachteiligen. Ich meine, man dürfte einem Einheimischen nicht das Recht verweigern, mit dem zu handeln, was er für das Beste hält. Außerdem sind die Steuern, die ich bezahlen muss, damit ich vom städtischen Zollamt durchgelassen werde, ein Gewinn für die Stadtkasse.«
    »Bemerkenswert, junger Mann, bemerkenswert. Lasst mich darüber nachdenken, und in wenigen

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