Das Vermächtnis des Martí Barbany
für Euer Auftreten gedankt, und ich gebe zu,
dass ich meine Gemahlin niemals einer solchen Treulosigkeit für fähig gehalten hätte. Ich werde allmählich alt und allzu vertrauensselig, doch ich schwöre bei Gott, dass dieser Angriff auf meine Ehre das Paar teuer zu stehen kommt. Es geht um die besudelte Ehre von Toulouse.«
»Herr Graf, die beiden haben Euer Vertrauen missbraucht und wie Schurken gehandelt. Wenn Ihr an jenem Abendessen teilgenommen hättet, wäre Euch vielleicht aufgefallen, dass sich etwas zusammenbraute«, kommentierte Surignan.
»Jetzt ist es zu spät zum Wehklagen. Besser ist es, zu handeln, damit wir mit möglichst geringem Schaden aus dieser schlimmen Lage herauskommen. Wenn wir nicht rasch etwas tun, werde ich zum Gespött in ganz Septimanien. Abt, holt einen Schreiber. Ich will einen Brief an den Heiligen Vater diktieren, und ein Bote soll so schnell wie möglich zur Engelsburg aufbrechen.«
Die beiden Männer verließen den Raum. Der Graf blieb mit seinem Hofnarren allein, zu dem er großes Vertrauen hatte und dessen spöttische Kommentare ihn über alle Maßen amüsierten.
»Und du, Batiston, hast du in der Nacht damals nichts Sonderbares bemerkt? Hat dir der Narr der Gräfin nichts davon gesagt?«
»Delfín war vielleicht mein Freund, aber vor allem war er der treue Hund seiner Herrin: Nie hätte er sie verraten. Trotzdem, wenn Ihr gestattet, Herr, möchte ich Euch jetzt, da uns niemand hört, etwas sagen, was Euch als Trost dienen mag.«
»Ich höre dir zu, Kurzbein.«
»Herr, in meinem Heimatort gab es eine Redensart.«
»Lass die Vorreden und sprich endlich offen.«
»Nun, die Leute sagten: ›Der Hahnrei hat den Vorteil, dass der andere die Frau behält.‹ Ich glaube, Herr, der Graf von Barcelona hat den Ballast, den Ihr abgeworfen habt, an sich genommen.«
»Vielleicht hast du recht, Batiston, aber sollte es dir einfallen, das Sprichwort mit jemandem im Schloss zu kommentieren, zerschlage ich den Stock hier auf deinem Kopf.«
Bei diesen Worten schwang Pons von Toulouse den Stock, der ihm beim Aufstehen half, wenn ihn ein Gichtanfall gepackt hatte.
Der Brief, den Monsignore Bilardi, der päpstliche Kardinalkämmerling, einige Zeit später erhielt, hatte diesen Wortlaut:
Gegeben zu Toulouse, am 2. Februar 1053 Von Pons III. von Toulouse an Seine Heiligkeit Viktor II.
Heiligkeit!
Als treuer Diener der Kirche, dessen Ehre befleckt wurde, wende ich mich an Euch mit der Bitte um Gerechtigkeit.
Vor einiger Zeit beherbergte ich in meiner Burg Ramón Berenguer I., den Grafen von Barcelona, um meine Pflicht als guter Christ und als Gastgeber meiner Standesgenossen zu erfüllen. Ich weiß, dass Euch Abt Sant Genís über diese Angelegenheit unterrichtet hat, und ich will nicht Eure kostbare Zeit rauben, indem ich Euch die Ereignisse noch einmal erkläre. Dennoch muss ich hinzusetzen, dass das Paar, das aus dem Grafen und meiner ehebrecherischen Gemahlin besteht, in himmelschreiendem Konkubinat in Barcelona lebt. Darum wage ich es, Euer Eingreifen zu erbitten, um meine Ehe mit Almodis de la Marche aufzuheben, die ich in diesem Augenblick vor dem ganzen Adel der Christenheit verstoße, damit ihr Name entehrt und die Ehre meines Namens wiederhergestellt wird.
Ich bitte Euch inständig, dass Ihr geruht, Euch meines gerechten Antrags anzunehmen und ihm zuzustimmen.
Werft den Einfluss, den Toulouse ausübt, und die guten Beziehungen in die Waagschale, die meine Grafschaft stets mit dem Heiligen Stuhl unterhalten hat. In den letzten Monaten habe ich viele Möglichkeiten des Handelns erwogen, doch es gibt Maßnahmen, die sich verbieten, wenn man ein Land klug und gut regieren will, um einen Skandal nicht zu vergrößern, dessen Folgen sich auf andere christliche Reiche auswirken können. Aber ich bin nicht bereit, dass so etwas auf Kosten meiner Ehre geschieht; darum kann sich Toulouse als beleidigt ansehen, und wenn Ihr keine Abhilfe schafft, könnte dies zu unvorhersehbaren Schäden führen.
Euer demütiger Diener, der sich an Eure Heiligkeit in der Hoffnung wendet, dass Ihr seine gerechte und angstvolle Klage erhört.
PONS III., Graf von Toulouse
Nachdem Bilardi das Schreiben gelesen hatte, dachte er gründlich nach. Wenn man nicht umsichtig handelte, konnte diese unsinnige Geschichte die Kirche in ernste Schwierigkeiten bringen. Seine gute Nase und seine lange Erfahrung sagten ihm, dass die Zwietracht zwischen den Ländern
auf beiden Pyrenäenseiten
Weitere Kostenlose Bücher