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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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bemüht. Die letzte Bursprake am St. Peterstag hat ergeben, dass eine Erweiterung des Stadtrechts mittlerweile unabdingbar ist. Es fehlen eindeutige Bestimmungen zum Schiffsrecht. Die Bürger haben bemängelt, dass es keine einheitlichen Regeln über den Seehandel mit bestimmten Gebieten wie Flandern oder Norwegen gibt, und auch die Heuer der Seeleute und die Löhne der anderen Arbeiter sind ungeregelt. Ich bin dafür, dass wir das Ordeelbook entsprechend anpassen. Doch noch bin ich unsicher, wo wir das Schiffsrecht einfügen wollen. Welches der zwölf Stücke erscheint Euch geeignet, werte Herren?«
    Ein grauhaariger Ratsherr namens Hinric von Cosvelde warf seine Meinung als Erster ein: »Teile davon könnten in das achte Stück, welches vom Dienst handelt. Die Regelungen über Lohn und Heuer würden hier gut hineinpassen.«
    Reyner von Wunsdorp hingegen war skeptisch. »Das stimmt zwar, Hinric, aber was ist mit dem Rest? Der ähnelt weder den Stücken, die vom Erbzins handeln, noch denen von der Vormundschaft oder jenem, welches vom Zeugenbeweis handelt.«
    Die Männer machten nachdenkliche Gesichter, bis Godeke schließlich seine Stimme erhob. »Warum muss das Schiffsrecht auch in eines der zwölf Stücke passen? Wir sollten gar nicht erst versuchen, es dort hineinzupressen, sondern gleich einen eigenen Teil dafür schreiben und anfügen. Ein dreizehntes Stück!«
    Eine Weile lang hing jeder Ratsherr seinen Gedanken nach. Ein dreizehntes Stück! Darauf war bislang noch niemand gekommen.
    »Also ich halte das für eine gute Idee«, ließ der zweite Bürgermeister, Werner von Metzendorp, verlauten. »Somit ersparen wir es uns, Teile des Stadtrechts regelrecht auseinanderzureißen.«
    »Ja, auch ich bin für das Erstellen eines dreizehnten Stücks. Ein sehr guter Vorschlag, von Holdenstede. Wenn keine anderen Vorschläge mehr kommen, dann würde ich gerne abstimmen.«
    Ohne weitere Worte des Bürgermeisters begann der erste der Männer, rhythmisch auf den Tisch zu klopfen. Das Pochen wurde lauter und lauter, je mehr Fäuste sich hinzugesellten. Schnell war klar: Der Entschluss war gefallen.
    »Nun, Ratsnotar. Somit habt Ihr eine große Aufgabe im Namen des Rates, die Ihr gemeinsam mit Eurem neuen Schreiber erledigen könnt. Wir sind sicher, dass Ihr sie wie immer zur Zufriedenheit aller Hamburger lösen werdet. Bitte sucht Euch unter den Ratsherren und unter den Seeleuten die Erfahrensten heraus, und lasst Euch helfen. Bei der nächsten Sitzung hätte ich gerne erste Entwürfe Eures Vorgehens.«
    Johann Schinkel nickte dem Bürgermeister zu und richtete dann leise sein Wort an Thymmo. »Hast du das gehört? Kaum bist du als mein Schreiber im Amt, gibt es eine so wichtige Angelegenheit für dich.«
    »Wie ich schon sagte«, flüsterte der Fünfzehnjährige, »ich werde Euch nicht enttäuschen!«
    »Kommen wir nun zum nächsten Punkt«, beschloss Hartwic von Erteneborg und holte ein Schreiben aus dem Fach unter der Tischplatte seines Sitzplatzes hervor. »Ich bin wenig begeistert darüber, zum wiederholten Male das Gleiche zu verkünden, aber es ist meine Pflicht. Gestern hat mich erneut der Scholastikus unserer beiden Stadtschulen aufgesucht. Er kam, um mir mitzuteilen, dass die eingenommenen Schulgelder der Nikolaischule abermals nicht ausreichend seien, um die Kosten zu decken …«
    Der Bürgermeister hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da brach schon ein aufgeregtes Gemurmel unter den Herren aus. Die eben noch aufgeschlossenen Gesichter wurden zornig. Zu häufig hatten sie diese Worte schon vernommen.
    »Das kann doch gar nicht sein!«
    »Gerade kürzlich hat der Magister Scholarum doch Gelder erhalten, um die Rektoren zu bezahlen. Wofür will er denn nun schon wieder etwas haben?«, fragte Christian Godonis verständnislos.
    Egge von Hadeln, der ein Nikolait von ganzem Herzen war, hieb mit der Faust auf den Tisch. »Ich sage Euch, er will bloß die Nikolaischule schlechtmachen, indem er sie aussehen lässt wie einen münzenfressenden Dämon. Jedermann weiß doch, dass er im Herzen Marianer ist! Das geht zu weit …!«
    Der Bürgermeister hatte es bereits geahnt, die Geduld der Ratsherren war am Ende. Irgendwann musste es ja so kommen. »Bitte, meine Herren, lasst uns vernünftig darüber reden und nicht wieder in alte Streitigkeiten verfallen!«
    Die Männer beruhigten sich etwas. Jedem war klar, was der Bürgermeister damit gemeint hatte, denn in den letzten Jahren war endlich so etwas Ähnliches wie Frieden

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